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Im Norden Brandenburgs, eingebettet in die idyllische Landschaft des Oberhavellands, liegt die Havelstadt Zehdenick. Mit rund 13.000 Einwohnern und einer reichen Geschichte hat der Ort einiges zu erzählen. Einst war Zehdenick weltberühmt für seine Ziegelproduktion: Anfang des 20. Jahrhunderts wurde bei Schienenbauarbeiten ein reichhaltiges Tonvorkommen entdeckt, das die Stadt zu einer der größten Ziegelproduktionsstätten Europas machte. Über 200 Millionen Ziegel und Kalksteine wurden jährlich nach Berlin geliefert. Doch 1991 endete die Ära der Ziegelproduktion. Heute schlägt die Stadt eine Brücke zwischen Tradition und Moderne – und wir waren mittendrin.
Andreas Schwarm ist der letzte Schuhmacher von Zehdenick und bei seinen Kunden sehr geschätzt. Der gebürtige Berliner kam der Liebe wegen in die Havelstadt und hat sich mit seiner Werkstatt fest etabliert. „Ich erfahre hier so viel Wertschätzung für meine Arbeit, das ist ein schönes Gefühl,“ erzählt er.
Mit 66 Jahren sehnt er sich nach mehr Zeit für Hobbys wie Motorradfahren oder Singen. Seine Werkstatt ist nur noch zwei halbe Tage in der Woche geöffnet, doch die Kunden kommen weiterhin in Scharen. Besonders junge Menschen mit einem Nachhaltigkeitsbewusstsein schätzen sein Können: „Wenn Sneaker 200 Euro kosten, schaut man lieber, ob der Schuhmacher noch was retten kann,“ lacht Schwarm. Ob jemand das Handwerk weiterführt, bleibt offen.
Während Schwarm die Tradition bewahrt, zeigt das Projekt Slube die innovative Seite der Stadt. Im Dezember eröffnet an der Marina der fünfte Standort des digitalen Tiny-Hotel-Konzepts. Die Idee: Übernachtungen in Tiny Houses aus Kanalröhren, mit 11 Quadratmetern Platz für zwei Personen. Kein Frühstück, keine Rezeption – alles läuft digital.
„Zu uns kommen Aktivurlauber oder Menschen, die etwas Neues ausprobieren wollen,“ erklärt Tobias Tress, Standortmanager. Die Häuser entstehen aus recycelten Materialien, und alles wird maßgefertigt – von der Matratze bis zur Sitzecke. Die Preise liegen zwischen 69 und 110 Euro pro Nacht.
Zehdenick vereint Tradition und Innovation: Vom Handwerk des letzten Schuhmachers bis hin zu den modernen Tiny Houses zeigt sich, wie hier Vergangenheit und Zukunft verschmelzen. Ein Besuch lohnt sich – ob bei Andreas Schwarm oder im kleinsten Hotel Deutschlands.
3 Dinge über Zehdenick
Nummer Eins
Eines der Wahrzeichen von Zehdenick ist die "Hastbrücke", die sich über die Havel Erstreckt. Diese Doppelzugklappbrücke lässt sich elegant nach Zwei Seiten hin öffnen.
Nummer Zwei
Als gegen Ende des 19 Jahrhunderts große Tonvorkommen rund um Zehdenick entdeckt wurden, entstand dort schon ein paar Jahre später das größte Ziegelrevier Europas.
Nummer Drei
In Zehdenick steckt ein Hauch Rheinland. Die Oberhavelländer haben nämlich eine Städtepartnerschaft mit Castrop-Rauxel.