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Über 30 Jahre lag er in einem Nachwende-Dornröschenschlaf: Der "Platz der Jugend" im "Wohnkomplex 5" in Eisenhüttenstadt. Eine Initiative versucht jetzt, diesem Platz wieder neues Leben einzuhauchen. Es begann damit, dass die Bürger der Stadt den zugewachsenen Platz zunächst herrichteten und jetzt beschäftigen sich zwei Ausstellungen mit Eisenhüttenstadt - jener sozialistischen Reißbrettstadt, die für die Arbeiterinnen und Arbeiter im "Eisenüttenkombinat Ost", kurz EKO genannt, gebaut wurde.
Der Lost Place von Eisenhüttenstadt, der Platz der Jugend – Ein verwaister, heruntergekommener Ort mit 60er Jahre Bauten.
Martin Maleschka - Architekt und Eisenhüttenstädter will ihn wieder in Gedächtnis der Leute holen mit Fotos und Aktionen. Er ist hier so was wie der Platzwart, den er sogar unter Denkmalschutz hat stellen lassen.
Martin Maleschka, Kurator und Projektleiter
"Du hast n riesengroßen Platz, der autofrei ist. Das ist ne absolute Qualität, man hörts ja, Vögelzwitschern, riesengroße Rasenflächen, Rosenbeete waren hier gewesen. Die Kaufhalle Kaufhalle, der Klub am Anger. Da war auch die Schulspeisung vormiitags. Am Nachmittag war das Clubgaststätte, Tanzfläche, Restaurant. Das ist heute alles wieder verbrettert, war damals natürlich transparent und die Scheiben haben auch nochmal gespiegelt. Also das war die Kaufhalle. Kaufhalle HOL FIX, also Kaufhalle, Lebensmittel, schnell - fix. Und der Platz ist seit 15 Jahren total verwaist."
Dabei fing alles groß an, voller Utopien. 1950 beginnt der Bau der ersten sozialistischen Planstadt - Stahlwerk und Wohngebäude entstehen.
Der ganze Stolz der eben gegründeten DDR.
Bald umbenannt in Eisenhüttenstadt, wächst sie auf 50 000 Menschen an... Wohnkomplexe werden gebaut - immer nach den neuesten architektonischen Maßgaben. Am Horizont das Stahlwerk, unweit davon auch das Viertel aus den 1960er Jahren.
Martin Maleschka, Kurator und Projektleiter
"Wir sind hier ja 1961, Weltraumflug Juri Gagarin, deswegen Juri-Gagarin-Oberschule. Du warst eigentlich noch in dieser Aufbruchstimmung. Das zeigt ja auch die letzte Bildtafel. Also von dem jungen Kind, die junge Generation greift nach den Sternen oder nach dem Kosmos. So endet es ja eigentlich: Frieden, Kommunismus hat gesiegt."
Bis zu 1000 Kinder lernen hier nach neuen Prinzipien, ohne Frontalunterricht mit offenen Klassenräumen und der Schulhof ein Gemeinschaftsort für alle... Rund um den Platz der Jugend wohnen bald über 6.000 Menschen.
Kerstin Klau, Eisenhüttenstädterin
"In der Rosenstraße bin ich aufgewachsen. Wir haben hier Appell gehabt, hier in dem Viereck, hier zur Schule gegangen, dann Einweihung Juri- Gagarin -Oberschule, in den Diehlower Bergen Juri-Gagarin-Gedenklauf gemacht. Habe ich gehasst."
Maleschkas Ausstellung weckt Erinnerungen: zum Beispiel an die Club-Gaststätte.
Peter Heinze, Eisenhüttenstädter
"Wir haben viel gegessen, weil erstmal war das Essen billig, und na wir haben hier Betriebsfeiern gefeiert. Meine Frau war Krippenleiterin und die hat mit ihren Kleinen hier auch gefeiert. Es ist ganz toll gewesen und ist immer noch toll."
Eine Gaststätte mit einladener Terrasse, daneben eine Telefonzelle und sogar schon Automaten mit Waren des täglichen Bedarfs – kurzum das neueste in den 60er Jahren.
Jetzt wachsen hier Bäume aus dem Dach. Mit ungeahntem Enthusiasmus hatten erst kürzlich rund 200 Einwohner in einem Arbeitseinsatz den Platz der Jugend zunächst mal aufgeräumt. Für die Zukunft aber geht es wieder mal um eine Utopie. Martin Maleschka will den Platz zusammen mit den Eisenhüttenstädtern zum Begegnungsraum machen.
Auch die Schwimmhalle soll wiederbelebt werden aber auf neue Weise: Parties und Konzerte soll´s hier geben.
Martin Maleschka, Kurator und Projektleiter
"Voila, und hat doch was... die Kinder schwimmen dann natürlich harmonisch im Oder Spree Kanal mit den Fischen vor der Stahlwerkskulisse, also die sollten sich ja bewusst sein, in was für einer Stadt sie aufwachsen sind."
Eine Stadt, die sich inzwischen sehr gewandelt hat. Häuser wurden abgerissen, weil viele weg sind, aber Maleschka lebt jetzt und findet das dieser Ort viel Platz für Aktionen, Lesungen, Festival, Kunst und Musik hat. Vielleicht zieht ja dann auch das ein oder andere Gewerbe wieder ein.
Martin Maleschka, Kurator und Projektleiter
"Also das, was ich mit dem Projekt erreichen will, ist dem Namen `Platz der Jugend´ wieder gerecht werden. Also ein Platz für die Jugend schaffen, verschiedene Lesungen, Workshops, Gesprächsreihen für die Jugend. Das soll´s wieder werden."
Es braucht viel Phantasie, um sich vorzustellen das hier wieder Leben reinkommt, aber... Martin Maleschka hat sie. Ein Programm gibt es schon, zumindest für dieses Kulturjahr.
Autorin: Theresa Majerowitsch