-
Zum Tag der Deutschen Einheit hat der rbb ein einzigartiges Filmprojekt aufgelegt. Ein Jahr lang lebte die Potsdamer Filmemacherin Anne Münch in dem kleinen Ort Lenzen im Norden Brandenburgs und filmt ihre Erlebnisse. Dabei entstand ein filmisches Tagebuch über eine ostdeutsche Kleinstadt, deren Bewohner zwischen Aufbruch und Tradition ihren Alltag meistern müssen. Ein Film, der die großen Themen der Zeit in kleinen Geschichten erzählt.
"Besten Dank, schönes Wochehende!"
- "Grüss´ deine Ex-Verlobte."
"Hier, ihr seht so unterernährt aus... Links das ist mein Urgroßvater 1875, das ist alles hier 112 Jahre alt auch die Glocke..."
- "Auch da gibt’s bei Norma nicht..."
Alltag in Lenzen.
"Langweilig."
- "Ja, langweilig."
Ein Jahr lang tauchte die Filmemacherin Anne Münch aus Potsdam in den Kosmos von Lenzen ein, sei will wissen, wie der Osten tickt. Lenzen liegt im äußersten Norden von Brandenburg, an der Elbe. Ein Ort, der es nicht gewohnt ist, im Mittelpunkt zu stehen.
Mit "East! Mein jahr in Lenzen" ändert sich das. Diese Woche: große Premiere im Lenzener Schützenhaus – Die Dreharbeiten waren für alle etwas ganz Neues.
"Gestaunt haben wir schon aber wir fanden es auch sehr gut. Naja ansonsten passiert hier bei uns nicht viel."
- "Eine ungewohnte Situation, weil man hat ja sowas im Leben noch nie gemacht, aber es war letztendlich richtig cool und schön."
"Weil es eigentlich ´n Begegnen von menschen war, das war eigentlich das schöne."
Die ganze Stadt will den Film sehen, den Anne Münch hier gemacht hat.
"Lenzen du bist schon ´ne spannende Angelegenheit."
Zum Beispiel der See - Ein Drama für die Lenzener.
"Der See hat ´ne schlechte Wasserqualität. Er ist chemisch und ökologisch, der Zustand schlecht. Es gab Fischsterben, Badeverbot..."
Und der örtliche Campingplatz muss weg.
"Was ist denn passiert?"
"Gar nichts. Wir haben die Kündigung gekriegt und das wars."
"33 Jahre wären wir dann nächstes Jahr hier gewesen."
"Und wieso müsst ihr jetzt alle weg?"
"Na weil die Stadt bescheuert ist."
Je länger Anne Münch da ist, desto tiefer steigt sie ein, auch in die Probleme der Lenzener. Das war ein Anliegen des Films, sagt die Regisseurin.
Britt Beyer, Regisseurin
"Wir haben nicht diese Bilderbuchorte gesucht, wie den Spreewald oder Wernigerode, sondern Orte, wo es Konfliktpotential gibt und man Lösungen finden muss. Früher war es hier Grenzgebiet. Die Menschen waren immer eingeschränkt, wo können sie hingehen. Jetzt Naturschutz, Biosphäre. Jetzt haben sie sich wieder eingeschränkt gefühlt. Ja sie sagen, jetzt dürfen wir noch nicht mal mehr hier mit unsren Hunden spazieren gehen, weil da die Vögel nisten. Also das sind Dinge die permanent verhandelt werden müssen."
Es ist ein Ort zwischen Tradition und Aufbruch: Der Bund für Umwelt und Naturschutz hat den alten Turm gekauft und saniert. Außerdem ist ein veganes Restaurant eingezogen...es prallen Welten aufeinander.
"Du bist neugierig Norbert?"
- "Nein!"
"warum nicht?"
- "Fleisch ist mein Gemüse."
Britt Beyer, Regisseurin
"Also, wenn man kommt mit Zeit und das wirklich ernst meint, dass die Leute das mögen und vielleicht sogar brauchen. Also die Aufmerksamkeit. Also man kommt nicht nur, man berichtet und dann kommt es anders raus als sie es eigentlich gesagt haben. Da ist ja sehr viel Frust auch bei Leuten in ländlichen Regionen und jetzt haben sie sich so gefühlt als Teil von etwas."
"Auf den gelungenen Abtrieb, Auftrieb, danke."
"Wenn mans will, dann wird man hier mit allen verheiratet, dann wird man von allen beerdigt."
Anne Münch, Regisseurin
"Was ich hier wahrnehme ist, dass viele Menschen den Wunsch nach Veränderung haben und gleichzeitig aber auch Angst davor. Ich finde aber auch es darf und muss vielleicht auch solche Orte geben wie Lenzen, die sich nicht so einfach verbiegen, verkaufen, entwickeln und ausbauen lassen, wie andere Städte vielleicht, die sich nicht so einfach hergeben und dadurch die Abgeschiedenheit und Ruhe auch bieten kann."
Es sind gerade die kleinen Beobachtungen und Begegnungen, die diesen Film so besonders machen. Das kommt auch bei den Lenzenern gut an.
"Das kann man so stehen lassen, definitiv, das passt auf ´n Punkt."
"Das was man so gesehen hat und gefühlt hat und dabei empfunden hat, das war ok. Das war authentisch."
"East! Mein Jahr in Lenzen" erzählt den Osten von innen. Ohne Urteil und Vorurteil.
Autorin: Theresa Majerowitsch