-
Ofir Raul Graizer hat zwei große Leidenschaften: Das Kochen und das Kino. Der gebürtige Israeli lebt schon lange in Berlin, hat ein Kochbuch mit israelisch-palästinensischen Familienrezepten geschrieben und gibt Kochkurse. Als Regisseur macht er Filme, in denen Kochen und Backen eine zentrale Rolle spielen. In seinem neuen Film "America" reist ein amerikanischer Schwimmtrainer zurück in sein Heimatland Israel, wo er in eine tragische Beziehungsgeschichte hineingerät.
Die aktuellen Geschehnisse verfolgt Ofir Raul Graizer von der Uckermark aus. Darüber sprechen will er nicht. Lieber spricht er über seinen neuen Film: "America" beginnt ganz in Blau-Weiß, den Farben Israels. Dort hat "Eli" eine Kindheit voller Gewalt hinter sich. Jetzt lebt er in Amerika, den Kontakt zum Vater hat er abgebrochen. Als Schwimmlehrer nimmt er Kindern die Angst vor dem Wasser.
"…and slowly fall back!"
Ofir Raul Graizer hat selbst vor 14 Jahren Israel verlassen - wegen des Nahostkonflikts - der Religion. Zu viele Probleme für einen jungen, schwulen Mann aus einer religiösen Familie. Jetzt lebt er in Berlin und in der Uckermark. Der Nahostkonflikt spaltet die Gesellschaft, auch hier, sagt er – und hält sich inzwischen lieber raus.
Ofir Raul Graizer, Filmemacher
"Es gibt gerade eine starke, große Dunkelheit. Es gibt diese Politik über Identität: Du musst genau auf meiner Seite stehen und genau das Gefühl haben, das ich habe. Genau das gleiche. Wenn du einen Zentimeter entfernt liegst, bist du schon der Feind, Verräter!"
Was heißt das schon: pro-palästinensisch? Pro-israelisch? Die Realität ist zu komplex für simple Parolen. Ofir ist einfach pro Mensch, sagt er! Das muss reichen.
Ofir Raul Graizer, Filmemacher
"Ich stehe hier in meiner Küche in der Uckermark und koche und wir reden über Israel und Palästina! Ich habe keine Lust darüber zu reden, sage ich jetzt ganz ehrlich."
Lieber macht er einen erfrischenden Kräutersalat. Die Küche des Nahen Ostens ist seine zweite Leidenschaft; in seinem Kochbuch verrät er Lieblingsrezepte.
Auch in seinen Filmen geht es oft ums Essen: sein letzter - über einen Bäcker – wurde von Israel sogar für den Oskar nominiert. Sein Verhältnis zur Heimat aber bleibt zwiespältig, auch wenn er sich mit seiner Familie versöhnt hat.
Ofir Raul Graizer, Filmemacher
"Ich bin jetzt in sehr gutem Kontakt mit meinem Vater. Aber es war nicht einfach, als ich jung war, Teenager, schwul zu sein in eine sehr Ultra-Machoschule und auch Stadt. Die Stadt, in der ich aufgewachsen bin, war so besonderes patriotisch."
In "America" kommt Schwimmlehrer Eli nach dem Tod des Vaters zurück nach Israel. Im Elternhaus: Überall Waffen und Auszeichnungen, die sein Vater als Kriegsheld und Polizeichef bekommen hat. Der Vater hat Elis Mutter verprügelt, in den Selbstmord getrieben. Dank seiner Position wurde er nie verurteilt. Den Sohn hat er weiter verprügelt.
Ofir Raul Graizer, Filmemacher
"In Filmen, auch israelischen Filmen, gibt es immer diese Machomänner, die sind so cool, Soldat und so! Ich will genau dagegen laufen. Weil der Vater von Eli war ein Kriegs-Held, er war obere Polizist aber er war auch ein Monster. Ich denke, das ist die die große Krankheit von einer eine Gesellschaft, dass es wird durch Macht und durch Machoismus gebildet."
So bitter der neue Filmstoff ist – so üppig und farbenfroh wollte Ofir davon erzählen. Das Auge isst schließlich mit. Eli besucht seinen Jugendfreund – der ist verlobt – und kocht gern.
Ofir Raul Graizer, Filmemacher
"Essen ist immer ein Teil meiner Filme. Für mich das Essen ist ein ganz wichtiger Teil des Lebens, der Kultur, der Personalität."
Endlich scheint Eli "zuhause" zu sein, in Sicherheit bei guten Freunden. Ofir hat sich in der Uckermark ein grünes Paradies eingerichtet, er hat einen Sinn für Schönheit und Pflanzen.
Im Film betreibt Iris, die Verlobte von Elis Freund, einen wunderschönen Blumenladen. Sie stammt aus einer religiösen Familie und ist mit 15 Jahren abgehauen.
Ofir Raul Graizer, Filmemacher
"Sie hat keine Wurzeln mehr. Sie hat ihre eigene Welt gebaut in diesem Blumenladen. Diese Welt von Schönheit. Es gibt in deren Leben eigentlich keinen Platz für Soldaten, für Polizisten, für Krieg."
Es sind sehr sanfte, gefühlvolle junge Männer, deren Schicksal Ofir Raul Graizer erzählt. So viel sei verraten: das Leben spielt ihnen im Verlauf des Films übel mit. Es geht um Freundschaft – und darum, ob sie Bestand haben kann, in sehr schlimmen Zeiten. Eine wichtige Frage, in diesen Tagen.
Autorin: Petra Dorrmann