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Aus der Heldensaga im Nibelungenlied hat der österreichische Dramatiker Ferdinand Schmalz eine "Hildensaga" gemacht. Für ihn ist es ein feministischer Stoff: Die Königinnen Brünhild und Kriemhild - gegen ihren Willen verheirateten und betrogenen – wehren sich gegen Väter, Brüder und Ehemänner. Unterstützt werden sie von Ulrich Matthes, der gleich drei Schicksalsgöttinnen spielt.
Brünhild
"Die Zeit der Helden ist Geschichte. Packt eure Heldentaten und bindet sie wem andren auf."
Helden-Dämmerung am Deutschen Theater: Brünhild will Rache. Verschleppt und vergewaltigt hat man sie, die Königin von Island.
Svenja Liesau, Schauspielerin
"Die will zurück zu ihrem Thron, in diese Welt, in die sie gehört, die sie geschaffen hat und die anders ist als Burgund, wo die Männer das Sagen haben und die Frauen werden in Türme gesperrt und weggeheiratet."
Doch wie ankommen gegen einen Hof voller Männer? Wo die Schwachstelle finden von Siegfried und seinen Mittätern? Es braucht das Wissen und die Hilfe einer anderen Frau: Kriemhild kennt das Geheimnis ihres Ehemanns Siegfried.
Theaterszene
Kriemhild
"Ich weiß, wo er verwundbar ist, kenn eine stelle, groß wie ein Lindenblatt."
Ulrich Matthes, Schauspieler
"Es geht im Grunde um eine Art von Selbstermächtigung dieser beiden Frauen gegen dieses Patriarchat - ohne Holzhammer und "Jetzt sind wir aber im Jahr 2024". Ich halte dieses Stück für geradezu weltliteraturhaft. Es ist wie moderner Shakespeare."
Bei den Proben zur "Hildensaga" schwärmt Theater- und Fernseh-Star Ulrich Matthes für das Stück. Regisseur Markus Bothe lässt ihn die "Nornen" spielen: Göttinnen, die an den Fäden des Schicksals ziehen.
Theaterszene
Nornen
"Nun müssen wir hier eingreifen, hier in die Fäden reingreifen, das Schicksal nochmal wenden, bevor es endgültig zu spät."
Ulrich Matthes, Schauspieler
"Es ist ja eher ungewöhnlich, wenn ein Mann drei weibliche Göttinnen spielt. Wesen, die sozusagen schon immer da waren und immer da sein werden. Ich fand das so reizvoll und irgendwie sexy geradezu, dass ich dachte, Mensch, das will ich jetzt spielen."
Die Nornen unterstützen die Frauen. Anders als man es aus Wagners Nibelungen-Opern kennt, gibt es zwischen den Königinnen keinen Streit - sie werden Schwestern im Geiste.
Julischka Eichel, Schauspielerin
"Diese Schwester hat Freiheit in petto, und sie kommt aber eingeschnürt als Präsent und obwohl die Männer versuchen, diese Frau zu bändigen, schreit alles aus dieser Frau heraus: Freiheit! Und das ist etwas, was Kriemhild nicht kennt, nur ahnt und plötzlich wird es real in dieser anderen Frau."
In der Pause - Umbau hinter der Bühne: Das Skelett des Drachen erscheint, den Siegfried einst getötet hat. Ein Vorbote auf den mörderischen Höhepunkt des Stücks. Für die Jagd im Wald wechseln die Königinnen Kostüme.
Julischka Eichel & Svenja Liesau, Schauspielerinnen
Julischka Eichel
"Wir müssen raus aus diesen Brautkleidern. Also meins ist sechs Kilo schwer und hat überall Perlen und verletzt andere Menschen, wenn die einen berühren."
Svenja Liesau
"Es ist total fest und eng und man kann nicht alle Armbewegungen machen, also ich kann nicht so machen..."
Julischka Eichel
"Also ein superpraktischer Gedanke, wenn wir jagen gehen wollen, dass der Scheiß wegmuss."
Das Brautkleid ablegen - sich frei machen von den Zwängen der Ehe. Dafür kommt Unterstützung von den Nornen.
Ulrich Matthes, Schauspieler
"Irgendwie macht mir das auch Spaß, dass ich mich als Mann komplett - geradezu feministisch - auf die Seite dieser beiden Ladys schlagen kann: gegen dieses Patriarchat, gegen diese Männertruppe."
Auf die Seite von Julischka Eichel und Svenja Liesau. Die beiden sind erst seit dieser Spielzeit im Ensemble des Deutschen Theaters - aber schon alte Bekannte.
Julischka Eichel & Svenja Liesau, Schauspielerinnen
Julischka Eichel
"Wir kennen uns schon ganz lang."
Svenja Liesau
"Seit über 10 Jahren."
Julischka Eichel
"Wir haben auch mal ganz viel zusammen gespielt in Stuttgart und dann ganz lang nicht mehr. Und jetzt wieder."
Svenja Liesau
"Darf man im rbb Stuttgart sagen? Oder schalten dann alle ab?"
Bitte nicht! Ulrich Matthes hat noch was zu sagen.
Ulrich Matthes, Schauspieler
"Am besten wäre es, wenn die Männer auch sozusagen Feministen würden. Das wäre, glaube ich, gut, wenn die Männer Männer blieben, aber sagen: Wir verstehen euch, wir stehen an Eurer Seite."
Eine Einsicht, die Siegfried und seine Getreuen vielleicht hätte bewahren können - vor dem Blutbad, das ihnen am Ende des Stückes droht.
Premiere hat die "Hildensaga" nächsten Donnerstag.
Autorin: Anne Kohlick