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In den 1970er und 1980er Jahren baute sich die Charité in Berlin-Steglitz eine Tierversuchsanstalt. Diese etwas gruselige Funktion übersetzten die Architekten in eine Art Betonpyramide, mit kleinen Fenstern und außenliegenden Belüftungsrohren, die wie Kanonen aussehen. Ein Musterbeispiel für den sogenannten Brutalismus. 2019 wurde der Bau wegen Unwirtschaftlichkeit und Asbestbelastung stillgelegt. Seitdem wird über seine Zukunft gestritten, den geplanten Abriss verhinderten Bürgerinitiativen. Seit letztem Jahr steht der "Mäusebunker" unter Denkmalschutz, das Innere ist gesperrt. Ein Kunst Festival soll jetzt auf die ungelösten Fragen rund um den Beton-Riegel aufmerksam machen.
Laura Awad, Kuratorin
"Genau hier geht's rein auf unserem Festival für urbanes Wohlergehen. Und direkt am Eingang finden alle Menschen, die hier ankommen, erst einmal den Süssmaus-Kiosk. Das ist sozusagen unser Dreh und Angelpunkt für das ganze Festival. Hier kann man sich Infos holen, einchecken, zu welchem Programmpunkt man vielleicht dazustoßen möchte. Gibt einen Workshop heute oder so."
Laura Awad, Kuratorin
"Man kann ja viel machen, Werke selber bauen. Es wird ja so Minigolfmäuse Golf zum Selberbauen geben aus Schrott, der hier rumliegt. Also das ist sehr partizipativ gedacht. Aber ist das auch so, dass man auch einfach nur vorbeikommen kann und sich ein bisschen Musik anhören kann."
Laura Awad ist Stadtforscherin und hat das Programm des Festivals mitgeplant. Diese Sauna zeigt, was ihr dabei wichtig ist.
Laura Awad, Kuratorin
"Die Idee ist, genau solche Orte einfach zugänglich zu machen, Den Menschen in der Stadt die Möglichkeit zu geben, überhaupt aufs Gelände zu kommen. In der Zeit, wo wir hier aufbauen, merken, wie viele Leute einfach interessiert daran sind, überhaupt mal rauszugehen aufs Gelände. Die wohnen hier seit 30 Jahren nebenan und durften halt nie rauf, so, sich das einfach mal anzuschauen."
Bislang ist der Mäusebunker für die Stadtgesellschaft unzugänglich. Für das Festival ist jetzt zumindest das umliegende Gelände begehbar. Der brutalistische Bau zieht Architekturinteressierte und Künstler an, wie Georg Reinhardt.
Georg Reinhardt, Künstlerkollektiv "Club Real"
"Also es gibt ja so im Berliner, in der Berliner Sprache gibt es ja so eine Tendenz, schwierige Orte mit einem witzigen Namen zu versehen, also aus einem Laboratorium dann den Mäusebunker zu machen ist ja sehr kreativ und witzig erst mal und deswegen glaube ich, vielleicht ist man auch in gewisser Weise stolz auf diesen Ort."
Georg Reinhardt interessiert sich vor allem für die Perspektive der Tiere im ehemaligen Laboratorium. Für ihn erzählt der Bau aber auch eine berlintypische Geschichte des Scheiterns.
Georg Reinhardt, Künstlerkollektiv "Club Real"
"Die Baukosten sind explodiert. Während der Bauzeit gab es schon einen 4-jährigen Stillstand, Also man wusste nicht, ob das überhaupt fertig wird. Als es dann fertig war, war es schon veraltet vom Konzept mit diesen großen Räumen und Tierstationen. Und dann wurde auch während der Nutzungszeit schon eine ganze Etage gesperrt. Es gab einen Anschlag von Tierversuchsgegnern."
Ganz in Berliner Tradition steigen die Baukosten von vier auf fast 200 Millionen Mark. Tageslicht gibt es so gut wie keines. Die Tiere im Inneren fristeten in zu kleinen Käfigen ihr Dasein für die Forschung. Vor wenigen Jahren wurde das Gebäude dann leergeräumt, weil es auch für Menschen unzumutbar war: In den siebziger Jahren wurde noch Asbest verbaut; Luft mußte von außen angesogen werden. Die Charité will es abreißen, doch dagegen formt sich Widerstand.
Gunnar Klack, Architekt
"Wenn das Gebäude in der Berliner Innenstadt stehen würde, das wäre sofort eine Attraktion, da käme niemand auf die Idee das abzureißen."
Eine Bürgerinitiative von Gunnar Klack erreicht schließlich, dass der Mäusebunker unter Denkmalschutz gestellt wird. Doch Pläne für die Zukunft gibt es keine. Für Georg Reinhardt braucht es die auch gar nicht.
Georg Reinhardt, Künstlerkollektiv "Club Real"
"Denkmalschutz eigentlich extrem schwierig, aber in dem Fall ein Glücksfall. Weil ich glaube, die Qualität dieses Gebäudes ist weniger darin zu sehen, dass es ein gutes Laboratorium war, sondern es war von Anfang an ein Denkmal, ein Denkmal für eine bestimmte Haltung zur Welt. Und als dieses Denkmal bleibt es auch übrig. Also die Labore sind schon längst weitergezogen, aber es erzählt immer noch seine Geschichte."
Laura Awad will an diesem einst gruseligen und grausamen Ort eine Vision für eine gemeinwohlorientierte Stadt entwickeln, für "urbanes Wohlergehen".
Laura Awad, Kuratorin
"Diagnose. Dieses Gebilde ist irgendwie krank, fällt auch krank aus und der Platz hier drum herum ist einfach nicht belebt. Er wirkt wie tot. Das heißt, wir brauchen hier Dinge, die hier passieren können, um das wieder zu beleben."
Mit dem "Festival für urbanes Wohlergehen" wird dieses Ziel zumindest vorübergehen erreicht. Mit Kunst und Kultur für alle.
Laura Awad, Kuratorin
"Ich glaube, dass die Kunst genau dieses Aufbrechen, dieses Harter, dieses Abstoßende aufbrechen kann. Also jetzt hier an so einem Ort erst mal Musik und Kunst zu zeigen, das lockt natürlich an und das zeigt, wofür so eine Art auch wieder da sein kann."
Autor: Max Burk