-
Es ist Krieg im Libanon, Krieg in Beirut. Für die meisten von uns sind die Bilder der Zerstörung schwer zu ertragen und kaum zu begreifen. Für den deutschen Regisseur Volker Schlöndorff kommt noch etwas anderes hinzu: er kennt die Stadt gut, hat sie immer wieder länger besucht. Anfang der 80er Jahre dreht er dort, mitten im Bürgerkrieg, seinen Film “die Fälschung”. Wie schaut er heute auf diese Stadt, die scheinbar niemals zu Ruhe kommt?
Volker Schlöndorff, Regisseur (1980)
"Wir befinden uns hier in der Innenstadt von Beirut, im ehemaligen Zentrum der Schweiz des Orients. Es ist uns gelungen, in dieses Gebiet vorzudringen, das heute eine Art Niemandsland zwischen den beiden Stadtteilen Ost- und West-Beirut ist. Um die Kriegsszenen unseres Films ‚Die Fälschung‘ nach dem Roman von Nicolas Born zu drehen."
Im Winter 1980 inszeniert der Regisseur Volker Schlöndorff einen Kinofilm vor der Kulisse des Bürgerkriegs im Libanon. Ein Balance-Akt zwischen Fiktion und Wirklichkeit.
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Ich glaube, so einen Film macht man nur einmal. Und im Nachhinein, sagt man sich, haben wir großes Glück gehabt.“
Die Bilder, die uns heute aus dem Libanon erreichen, rufen Erinnerungen an die vergangenen Kriege hervor. Wieder Zerstörung, wieder Tote auf den Straßen von Beirut.
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Na, das erste ist Empörung. Also gibt es eine innere Stimme, die sagt: Das darf doch nicht wahr sein, dass das jetzt wieder anfängt."
Seit Volker Schlöndorff seinen Film "Die Fälschung" im Libanon gedreht hat, fühlt er sich mit dem Land verbunden.
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Also ich habe schon immer gerne über diesen Film gesprochen, weil da so viel Wirklichkeit wieder drin ist wie in wenigen und aber gerade jetzt eben: Wann war ich das letzte Mal im Libanon? Gestern Abend vor den Nachrichten. Dann ist man sofort wieder drin."
Volker Schlöndorff verfilmt Ende der Siebziger Jahre den Roman "Die Blechtrommel" von Günter Grass und gewinnt damit den Oscar als erster deutscher Filmemacher in der Nachkriegszeit. Aber Schlöndorff zieht es nicht nach Hollywood, sondern zur deutschen Literatur: Ein Roman, der kurz vor dem Tod seines Autors Nicolas Born erschienen ist.
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Ich habe dieses Buch gelesen, "Die Fälschung", und habe sofort gesagt: Das ist doch das Thema, was man machen muss."
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Erzählt wird die Geschichte eines deutschen Journalisten, dargestellt von Bruno Ganz, der 1976 hierherkommt, um über den Bürgerkrieg zu berichten. Statt des erwarteten Todes findet er aber das Leben. Das heißt, er erlebt eine kurze, heftige Liebesgeschichte mit einer Frau, die seit zwölf Jahren hier ansässig ist."
Hanna Schygulla, Schauspielerin
"Müsste ich eigentlich fragen, was die Deutschen so machen, aber es interessiert mich irgendwie nicht, vergesse das Deutsche allmählich."
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Die Hauptperson ist ja ein deutscher Journalist. Damit hat man sofort die Verbindung. Beirut - Berlin, das ist einerseits die Dritte Welt und andererseits sind wir das doch. Das war mal meine erste Motivation. Die Frage war nur: Kann man da überhaupt drehen?"
1980 herrschen noch immer Kriegszustände in Beirut. Um eine Drehgenehmigung zu erhalten, trifft Schlöndorff sich mit dem Anführer der Palästinenser, Jassir Arafat.
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Sie haben gesagt: Ja, machen Sie nur. Drehen Sie los. Und so war es dann tatsächlich auch. Man konnte praktisch alles machen. Man musste sich nur jeweils in der Straße oder in dem Stadtteil, wo man war, mit der Miliz irgendwie einigen, die dort das Sagen hatte. Und die beste Art, deren Genehmigung zu bekommen, ist, sie anzuheuern als Komparsen und als Kämpfer."
Es sind makabre Drehbedingungen: Schlöndorff verhandelt einen "artistischen Waffenstillstand", tagsüber wird mit Platzpatronen geschossen, nachts schießen die Milizen wieder scharf. Der Filmemacher inszeniert die Wirklichkeit des Krieges nach, nicht anders als die Kriegsreporter und Fotografen im Roman.
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Der Journalist, in dem er berichtet, auch wenn er objektiv sein will, fälscht, ohne dass er Fake News jetzt macht, sondern sogar in dem Bemühen, ein richtiges Bild abzugeben von dem Konflikt, den er erlebt, unterläuft ihm die Fälschung."
Volker Schlöndorff (1980)
"Ein bisschen Rauch im Vordergrund. Und Action!“
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Es ist ja auch, wenn man einen Film macht, sehr sehr schwer, nicht zu fälschen."
Schlöndorffs Fälschung hinterfragt auf kluge und provokative Weise den deutschen Blick auf den Konflikt im Nahen Osten. Ein Film, der in Vergessenheit geraten ist, doch dessen Aktualität von der Nachrichtenlage wieder einmal eingeholt wird.
Volker Schlöndorff, Regisseur
"Wir alle haben immer das Gefühl gehabt: Das ist die Wirklichkeit. Wir wollen ja Filme machen über die Wirklichkeit. Bitte schön, hier isse. Also ist das richtig, das hier zu machen. Würde man es wieder machen? Also in meinem Alter nicht."
Autor: Max Burk