Frau hält sich den Hals / Schilddrüse (Quelle: imago/Panthermedia)
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Über- und Unterfunktion der Schilddrüse - Welche Krankheiten kommen von der Schilddrüse?

Schlapp oder aufgedreht, abgemagert oder übergewichtig, erhöhter Blutdruck oder Kältegefühl: Wenn wir uns körperlich nicht hundertprozentig fit fühlen, spielt häufig ein kleines schmetterlingsförmiges Organ verrückt: die Schilddrüse.

Die Schilddrüse liegt im Hals unterhalb des Kehlkopfes, in normaler Größe bleibt sie äußeren Blicken verborgen. Die 20 Gramm schwere Drüse produziert unter Einwirkung von Jod die beiden lebenswichtigen Hormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4). Sie steuern zahlreiche Stoffwechselvorgänge wie
• Wachstum,
• Knochenbildung,
• die Entwicklung des Gehirns und
• den Energiestoffwechsel.
 
Schilddrüsenerkrankungen sind häufig und können während des gesamten Lebens auftreten. Etwa jeder dritte Erwachsene hat im Laufe seines Lebens Probleme mit der Hormondrüse. Die Anzahl der Betroffenen steigt mit dem Alter.
 
Frauen erkranken wesentlich häufiger. Im Schnitt muss sich jede fünfte Frau im Laufe ihres Lebens einmal ärztlich wegen Schilddrüsenproblemen behandeln lassen. Offenbar beeinflussen sich weibliche Sexual- und Schilddrüsenhormone gegenseitig.
 
Häufig erkennen Betroffene nicht, dass sie ein Schilddrüsenproblem haben – viele Anzeichen von Über- oder Unterfunktion passen auch zu anderen Krankheiten. Wer die weiter unten genannten Beschwerden bei sich beobachtet und nicht weiß, woher sie kommen, sollte seinen Hausarzt um einen Schilddrüsen-Check bitten.

Welche Schilddrüsenerkrankungen gibt es?

Hormonexperten unterscheiden zwischen Fehlfunktionen der Schilddrüse wie einer Überfunktion oder einer Unterfunktion. Zudem können sich Größe und Beschaffenheit der Drüse verändern und Vergrößerungen, Knoten, Tumore auftreten. Die Größe der Schilddrüse sagt dabei nichts über die Funktion des Organs aus: Patienten mit einer normal großen, knotenfreien Schilddrüse können sowohl an einer Schilddrüsenüber- oder auch an einer Schilddrüsenunterfunktion leiden. Und Patienten mit sehr großen Schilddrüsenknoten oder gar einem bösartigen Tumor können völlig normale Schilddrüsenwerte im Blut aufweisen.
 
Was ist eine Schilddrüsenunterfunktion?
Schätzungsweise bis zu zehn Prozent der Deutschen haben eine Schilddrüsenunterfunktion; ihr Körper verfügt über zu wenig Schilddrüsenhormone. Die Unterfunktion geht mit vielen unspezifischen Symptomen einher:
• Antriebsarmut,
• depressive Verstimmung,
• Gewichtszunahme,
• Müdigkeit,
• Kältegefühl,
• schuppige Haut und Haare,
• langsamer Herzschlag.
Der Hormonmangel bleibt wegen der diffusen Beschwerden oft monate- oder gar jahrelang unbemerkt.
 
Was ist eine Hashimoto-Thyreoiditis?
Die häufigste Ursache für eine Unterfunktion ist die Hashimoto-Thyreoiditis, die zu einer chronischen Entzündung der Schilddrüse führt: Das körpereigene Immunsystems greift dabei Schilddrüsengewebe an und zerstört es, sodass die Hormonproduktion der Drüse vermindert oder ganz gestoppt ist. Betroffen sind meist Frauen zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Auch genetische Faktoren, Hormonstörungen und Umwelteinflüsse können dazu führen, dass die Schilddrüse zu wenig Hormone bildet.

Was ist ein kalter Knoten der Schilddrüse?
Wenn einzelne Bereiche in der Schilddrüse keine oder nur wenige Hormone produzieren, bezeichnen Ärzte das Gewebe als "kalten Knoten". Die Knoten können in sehr seltenen Fällen bösartig werden. Das Risiko für eine Entartung steigt auf bis zu 10 Prozent, wenn der kalte Knoten wächst. Daher muss das Wachstum des Knotens regelmäßig kontrolliert werden.
 
Das Alter des Patienten und Zusatzerkrankungen entscheiden darüber, ob ein kalter Knoten entfernt werden sollen: Jüngere Patienten werden eher operiert, da hier die Gefahr der Entartung über die Lebensdauer größer ist. Grundsätzlich wächst Schilddrüsenkrebs eher langsam, so dass man bei älteren Patienten nicht um jeden Preis operieren muss. Letztlich treffen Arzt und Patient die Entscheidung gemeinsam: Während der Eine große Ängste vor einer Operation hat und diese lieber hinauszögern will, wünschen sich andere Patienten größtmögliche Sicherheit und bitten um Entfernung des verdächtigen Gewebes.
 
Was ist eine Schilddrüsenüberfunktion?
Eine Überfunktion der Schilddrüse geht mit zahlreichen unspezifischen Symptomen einher wie
• Gewichtsabnahme,
• Haarausfall,
• Schwitzen sowie
• Nervosität.
Häufigster Grund für eine Überfunktion ist Jodmangel. Dem Organismus fehlt Jod und damit Schilddrüsenhormone. Die Drüse versucht den Mangel auszugleichen, indem sie wächst. Es entsteht ein so genannter Kropf oder eine Jodmangelstruma. Neben Jodmangel kann eine genetische Veranlagung der Grund für das Wachstum sein.
 
Was ist die Basedow-Krankheit?
Die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenüberfunktion ist die Basedow-Krankheit – eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem den eigenen Körper angreift. Ursächlich scheinen eine genetische Veranlagung, Virusinfektionen und Umwelteinflüsse zu sein.
Es bilden sich Antikörper, die sich gegen die Schilddrüse richten und die Hormonproduktion aktivieren. Depressionen, Durchfall, Herzrasen und eine deutliche Hyperaktivität sind typische Anzeichen für eine Basedow-Erkrankung. Der Morbus Basedow heilt in der Regel nicht von alleine aus, sondern bedeutet eine ständige Belastung für den Körper, die zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen kann. Bleibt sie länger unbehandelt, kann die Krankheit zu hervortretenden Augen und geschwollenen Lidern führen.
 
Was ist ein heißer Knoten?
Vor allem ältere Menschen mit großen Schilddrüsen haben so genannte "autonome" Bezirke, die vermehrt Schilddrüsenhormone produzieren. Sie entstehen entweder einzeln als "heiße Knoten" oder sind diffus über das gesamte Schilddrüsengewebe verteilt. Diese Knoten sind nie bösartig. Sie führen allerdings durch die vermehrte Abgabe von Schilddrüsenhormonen zu einer Schilddrüsenüberfunktion mit entsprechenden Beschwerden. Sie erhöhen beispielsweise die Herzfrequenz und den Blutdruck und können zu Herzrhythmusstörungen führen.

Wie erkennt man eine Schilddrüsenerkrankung?

Der erste Schritt bei der Abklärung der Schilddrüsenfunktion ist eine Laboruntersuchung. Hier wird das TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon, kurz Thyreotropin) gemessen. Der Botenstoff aus dem Gehirn reguliert die Funktion der Schilddrüse. Zudem werden der freie T3- und T4-Spiegel gemessen. Die Konstellation der Werte erlaubt eine erste Aussage darüber, ob eine Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse vorliegt. Im Blut lassen sich auch Schilddrüsenautoantikörper (TRAK, Tg-AK, TPO-AK) bestimmen. Sie treten bei Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse auf, beispielsweise bei einer Hashimoto-Thyreoiditis oder einem Morbus Basedow.
 
Der nächste Schritt ist eine Ultraschall-Untersuchung der Schilddrüse, bei welcher der Untersucher die Größe bestimmt und die Struktur der Schilddrüse beurteilen kann. Zur weiteren Abklärung bei Knoten und Funktionsstörungen wird die Szintigrafie genutzt.
Für spezielle Fragestellungen wenden Ärzte die Computertomografie und Kernspintomografie an. Eine Feinnadelpunktion der Schilddrüse dient zur Gewinnung von Proben für die Zytologie, eine Biopsie für Proben zur histologischen Untersuchung.

Wie läuft eine Szintigraphie der Schilddrüse ab?

Mit Hilfe der Szintigraphie lässt sich feststellen, ob ein Schilddrüsentumor hormonell aktiv ist. Dafür spritzt der Arzt dem Patienten eine Flüssigkeit in die Vene, die mit radioaktiv markiertem Jod angereichert ist. Je nachdem, wie sich diese radioaktiv markierten Teilchen in der Schilddrüse verteilen, lassen sich Rückschlüsse auf die Funktion und Hinweise auf verschiedene Erkrankungen der Schilddrüse ziehen.
 
Areale, die kein oder sehr wenig Jod aufnehmen, nennt man "kalt". Areale mit überproportionaler Aufnahme von Jod werden als "warm" bezeichnet, bei sehr starker Speicherung als "heiß". Die Begriffe "kalt", "warm" und "heiß" beziehen sich schlicht auf die Farbgebung im Szintigramm, die in den 1950er Jahren allgemeingültig vereinbart und bis heute beibehalten wurden. Aktives Gewebe wird in warmen Farben (in Rot und Gelb) dargestellt. Knoten oder Schilddrüsengewebe mit reduzierter Aktivität werden im Szintigramm in kühleren (kalten) Farben wie Blau oder Violett dargestellt.

Wie werden Schilddrüsenerkrankungen therapiert?

Die Therapie der Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) besteht üblicherweise aus Hormontabletten, die eine zu niedrige Produktion der Schilddrüse ausgleichen.
 
Die Behandlung der Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) erfolgt durch sogenannte Thyreostatika, welche die übermäßige Produktion der Hormone blockieren, das Wachstum der Drüsenzellen stoppen und das Organ wieder auf seine normale Größe bringen.
Reicht eine medikamentöse Behandlung nicht aus, bieten sich weitere Therapieoptionen an:
• Operation,
• Radiojodtherapie,
• Kortison-Präparate oder
• Bestrahlung.
Operationen an der Schilddrüse versucht man heute wegen möglicher Nebenwirkungen in der Regel zu vermeiden. Bei der OP kommt es in ein bis zwei Prozent der Fälle zu Verletzungen des Stimmbandnerven, die mit Heiserkeit eingehen. Oder der Operateur entfernt versehentlich die sehr kleinen Nebenschilddrüsen, die den Kalziumstoffwechsel regulieren.
 
Dank moderner Therapien lässt sich eine kranke Schilddrüse heute oft auch ohne Narben am Hals verkleinern. Zu den möglichen Verfahren gehören:
• Thermoablation mit Hitze
• Radiofrequenzablation (RFA)
• Mikrowellenablation (MWA)
• Hochintensiver fokussierter Ultraschall (HIFU)

Wie lässt sich Schilddrüsenerkrankungen vorbeugen?

Deutschland gilt als Jodmangelgebiet. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. empfiehlt für Erwachsene eine tägliche Jodaufnahme von 180 bis 200 Mikrogramm (µg). Um sich ausreichend mit Jod zu versorgen, sollte man daher konsequent Jodsalz verwenden. Häufig reicht das jedoch nicht aus. Experten empfehlen deshalb, mindestens einmal die Woche Seefisch zu essen. Reichlich Jod enthalten auch Brot, Milch und Milchprodukte sowie Meeresfrüchte. Während der Schwangerschaft erhöht sich der Jod-Bedarf auf 230 Mikrogramm. Für stillende Mütter wird die Aufnahme von 260 Mikrogramm Jod am Tag empfohlen, da der Bedarf des Säuglings höher ist als der des Fötus im Mutterleib. Schwangere und Stillende sollten Jodtabletten schlucken, um den Mehrbedarf zu decken.
 
Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse sind in 70 bis 80 Prozent der Fälle durch erbliche Faktoren bedingt. Diese sind unveränderlich und lassen sich nicht beeinflussen. Die verbleibenden 20 bis 30 Prozent des Erkrankungsrisikos scheinen vor allem durch Umweltfaktoren bedingt zu sein. Möglicherweise lässt sich der Ausbruch einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse verhindern oder verzögern, indem man solche Risikofaktoren meidet. Dazu gehören
• Stress
• übermäßige Aufnahme von Jod
• Rauchen
• bestimmte Medikamente (z.B. Amiodaron)
• Unterversorgung mit Selen
• Röntgenstrahlen
• Umweltgifte

Infotext: Constanze Löffler

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