Hand eines älteren Mannes liegt auf Sessellehne (Bild: imago images/epd)
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Anpacken gegen die Verbreitung - COVID-19: Schutz & Hilfe für Gefährdete

60 bis 70 Prozent der Deutschen könnten sich mit dem neuen Erreger SARS-CoV-2 anstecken. Um Krankhauskapazitäten zu schonen, muss die Epidemie möglichst entzerrt werden. Und um Tote zu vermeiden, braucht es den besonderen Schutz Gefährdeter. Z.B. unter #Nachbarschaftshilfe, aber auch durch Zettel im Hausflur vernetzen sich Menschen, um vor allem älteren Menschen im Alltag unter die Arme zu greifen.

Immer klarer zeigt sich: Ältere und vorerkrankte Menschen haben das größte Risiko, schwer an COVID-19 zu erkranken. Gerade ihnen scheint das noch nicht immer bewusst zu sein: der 80. Geburtstag, die goldene Hochzeit, die Chorprobe – absagen? Bloß nicht!

Sollte sich das nicht ändern, zeichnen Experten wie der Berliner Virologe Christian Drosten von der Charité zeichnen ein düsteres Bild. Der Experte prognostiziert unter den über 80-jährigen Sterberaten bis zu 25 Prozent, sprich, eine von vier Personen wird die Infektion nicht überleben – wenn wir unser Verhalten nicht ändern:
 
- Bei den 70- bis 80-Jährigen liege die Sterblichkeit im Bereich von sieben bis acht Prozent,
- bei den 60- bis 70-Jährigen bei drei Prozent,
- bei den 50- bis 60-Jährigen liege sie noch bei eins bis 1,5 Prozent.
 
"0,2 Prozent in allen restlichen Altersgruppen, die unter 50-Jährigen sind es 0,4 Prozen", sagt Drosten gegenüber NDR info. Dem Virologen zufolge könnten sich bei Überlastung der Krankenhäuser Behandlungen demnächst vor allem auf Senioren und Menschen mit Grunderkrankungen beschränken.

Vorsicht und Händehygiene

Damit es gar nicht erst soweit kommt, rief das RKI bei seinem täglichen Update am Mittwoch dazu auf, auf Risikogruppen wie ältere Menschen - speziell Hochbetagte - und Menschen mit Grunderkrankungen besonders zu achten. Dazu zählen insbesondere Alten- und Pflegeheime.
Mitarbeiter und Besucher, die Symptome zeigen, dürften solche Einrichtungen nicht betreten. Heimbewohner mit Symptomen müssten isoliert und auf Influenza und SARS-CoV-2 getestet werden, so RKI-Vizepräsident Lars Schaade.
 
Zu den Grunderkrankungen, die Menschen gefährden, zählen vor allem:
- kardiovaskulären Erkrankungen,
- Diabetes mellitus,
- Lungenerkrankungen,
- Krebs und
- ein unterdrücktes Immunsystem.
 
Alle Menschen, egal, ob jung oder alt, müssten jetzt "besonders auf die Hygieneregeln achten, sich viel die Hände waschen, Abstand zu Kranken, speziell Menschen mit Atemwegsinfektionen, halten und ihre Kontakte so weit wie möglich reduzieren, beispielsweise nicht mehr auf Veranstaltungen gehen", betonte Schaade.

Verzicht: Social distancing & Co.

Wie könnte ein solcher Schutz der Älteren und Gefährdeten aussehen? Neben Social distancing (Suchbegriff auch #socialdistancing oder #flattenthecurve), also dem Einhalten eines Sicherheitsabstandes von ein bis zwei Metern, legt Virologe Drosten Eltern ans Herz, ihre Kinder für die nächsten Monate nicht mehr von den Großeltern betreuen zu lassen. Den älteren Menschen empfiehlt er, auf soziale Kontakte zu verzichten – und zwar konsequent. "Wir müssen unseren Alltag ändern, nicht allmählich, sondern jetzt", erklärte auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch. "Unsere Selbstbeschränkung heute wird morgen Leben retten."

Dass Einschnitte im gesellschaftlichen Leben wirklich helfen können, die Epidemie zurückzudrängen, zeigen derzeit zwei Studien. Sie werten Daten aus der chinesischen Stadt Wuhan aus: Nach der Isolierung und den Reisebeschränkungen sank die Übertragungsrate pro infizierter Person auf eins, die Epidemie klang ab – zumindest vorerst.
Solange es weder Medikamente noch Impfungen gibt, müssen wir uns also selbst helfen: durch häusliche Quarantäne, durch das Absagen von Massenveranstaltungen, durch Schließungen von Einrichtungen, in denen Infektionen auftraten.

Ganz praktisch: Nachbarschaftshilfe

Es sind aber auch die kleinen, persönlichen Schritte des Einzelnen, die helfen: Unter #Nachbarschaftschallenge rufen z.B. Twitter-Nutzer dazu auf, Nachbarn zu unterstützen und vor allem älteren Menschen im Alltag unter die Arme zu greifen: Indem man einkauft, Besorgungen übernimmt oder den Gang zur Apotheke übernimmt. Entsprechende reale "Flurzettel" werden im Netz verbreitet und sollen dazu anregen, auch für die eigenen Nachbarn im Haus per Aushang Unterstützung anzubieten.
 
Die Aufrufe zur Solidarität aus der häuslichen Isolation kamen ursprünglich von Natascha Strobl, eine österreichische Politikwissenschaftlerin. Was es dazu braucht? Einfach einen Zettel im Hausflur oder an der Wohnung aufhängen und Angebot machen. Denn: Nachbarschaftshilfe und Solidarität sind in Pandemiezeiten der Schlüssel zum Gemeinwohl. "Ein Einkaufszettel kann die Verbindung von Mensch zu Mensch sein", sagt Eugen Brysch, der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, gegenüber Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Beitrag von Constanze Löffler

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