Frau verschränkt Hände vor der Brust und trägt Brustkrebsschleife (Quelle: Colourbox)
Bild: Colourbox

Leben nach dem Krebs - Diagnose Brustkrebs: Kein Aus für den Kinderwunsch

Einige Therapien bei Brustkrebs können die Fruchtbarkeit massiv verringern. Ein Aus für Kinderwunsch und Familienplanung ist die Krebsdiagnose aber nicht.

Die Diagnose trifft etwa 69.000 Frauen pro Jahr: Brustkrebs. Im Gegensatz zu vielen anderen Krebsarten erhalten auch viele verhältnismäßig junge Frauen diese Diagnose: etwa ein Drittel ist unter 55 Jahren und knapp 7.000 von ihnen sind bei der Diagnose unter 45 und damit auch noch in einem Abschnitt ihres Lebens, in dem das Thema Familienplanung eine große Bedeutung hat.
 
Allerdings können bestimmte Krebstherapien die Fruchtbarkeit langfristig beeinflussen oder sogar einschränken. Gerade Chemotherapien und Bestrahlungen können sich negativ auf die Fortpflanzungsfähigkeit auswirken. Gerade für Frauen, die sich die Möglichkeit der Mutterschaft erhalten wollen, ohne die eigene Gesundheit zu gefährden ist deshalb die Abstimmung der Therapie mit den Ärzten auf den Kinderwunsch hin besonders wichtig - und sie ist möglich.

Individuelle Faktoren im Fokus

Besonders wichtig ist die individuelle Beratung der Betroffenen, denn je nach genauer Art des Krebses, Alter und Lebenssituation sind ihre Heilungschancen, aber auch die optimalen Therapien sehr verschieden - und damit auch die Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit (Fertilität) während und nach der Therapie. Schon die Ursachen für Brustkrebs sind verschieden: Risikofaktoren können im Bereich der Genetik, also erblicher Vorbelastung, aber auch im Hormonhaushalt der Frau und im Lebensstil zu finden sein (z.B. Rauchen, Übergewicht, Diabetes, Alkoholkonsum). Dementsprechend unterschiedlich sind auch die Therapien.  

Einfluss wichtiger Therapien auf die Fruchtbarkeit

Für den Erhalt der Fruchtbarkeit spielen all diese Faktoren eine wichtige Rolle. Beispiel Chemotherapie: Die dabei eingesetzten Zytostatika, also natürliche oder synthetische Substanzen, beeinflussen die Zellteilung. Das soll natürlich die Tumorzellen treffen, wirkt sich jedoch auch auf Zellen in anderen Geweben aus. Vor allem auf solche, die ebenfalls tendenziell ein schnelles Wachstum haben, wie die Zellen der Gebärmutterschleimhaut. Auch auf das Reifen der Eizellen in den Eierstöcken kann sich eine Chemotherapie auswirken. Besonders hoch ist das Risiko dafür bei alkylierenden Substanzen wie Cyclophosphamid, Platinverbindungen wie z.B. dem oft eingesetzten Carboplatin und einigen häufig genutzten Kombinations-Chemotherapien.
 
Auch einige Antihormontherapien können sich nicht nur auf die Hormonrezeptoren im Brustgewebe auswirken, sondern greifen in vielerlei Hinsicht in den gesamten Stoffwechsel der Geschlechtshormone ein. Es gibt zwar auch Substanzen, die eine Schwangerschaft während der Antihormontherapie ermöglichen sollen, allerdings raten Hersteller und Experten davon ab, da dies die Sicherheit des Kindes gefährden kann. Wie gut sich die Fruchtbarkeit der Patientinnen nach einer Antihormontherapie wieder „erholt“ hängt dann wiederum stark vom Alter ab: Studien zeigen, dass ab dem 30. Lebensjahr die Wahrscheinlichkeit für früher einsetzende Wechseljahre ansteigt, wenn die Patientin eine mehrjährige Antihormontherapie hatte. All diese Faktoren müssen für einen erfüllbaren Kinderwunsch schon bei der Wahl der Therapie einbezogen werden.

Kann man Fruchtbarkeit konservieren?

In Abstimmung mit der Therapie stellt sich dann die Frage, wie die Fruchtbarkeit am besten erhalten werden kann - und das ist genauso individuell wie der konkrete Fall der Patienten. In manchen Fällen kann das Einfrieren von Eierstockgewebe (Kryokonservierung) sinnvoll sein. Rund 400 Mal wird das pro Jahr im Schnitt gemacht, so die Zahlen des Zusammenschlusses von Fertilitätszentren von Deutschland, Österreich und der Schweiz: FertiPROTEKT.

 
Eine andere Möglichkeit kann laut Experten der Einsatz eines Gonadotropin-Releasing-Hormon-Agonisten (GnRHa) vor der Krebstherapie sein. Diese Medikamente verringern die Zahl der Sexualhormone im Körper; manche sprechen auch von "künstlichen Wechseljahren". So kommen weniger Eizellen zur Reife und könnten weniger Schaden durch eine Chemothreapie nehmen. Unbedingt wichtig ist in jedem Fall eine ausführliche Beratung bei Experten, zum Beispiel in so genannten Kinderwunschzentren und bei zertifizierten Brustkrebszentren.

Mehr zum Thema Krebs

RSS-Feed
Keine besondere Gefahr für die werdende Mutter?

Je jünger die Frau zum Zeitpunkt der Brustkrebsdisgnose ist, desto höher ist statistisch auch ihre Chance schwanger werden zu können. Denn die Zahl der Eizellen, die durch unterstützende Chemotherapien z.B. stark vermindert wird, ist gerade bei jungen Frauen noch auf deutlich höherem Niveau. Experten raten nach Anschluss von Chemo- und/oder Strahlentherapie allerdings dazu, möglichst nicht mehr lange mit der Erfüllung des Kinderwunsches zu warten.

 
Viele Frauen haben allerdings die Sorge, dass gerade bei Tumoren mit Rezeptoren für das Hormon Östrogen (ER-positiv) die Gefahr eines erneuten Wachstums vielleicht verbliebener Krebszellen besonders groß sei. Grund ist der erhöhte Anstieg des Hormonhaushaltes in der Schwangerschaft. Vergleichende Studien zum Beispiel aus Brüssel, aber auch Australien legen nahe, dass dies nicht der Fall ist: demnach entsprach das Sterberisiko von Frauen mit ER-positivem Krebs bei einer Schwangerschaft nach der Brustkrebstherapie dem von Patientinnen, die nicht mehr schwanger wurden. Als entscheidenderer Faktor wurde über viele Studien hinweg hingegen das Alter festgestellt: denn hier ist es im Gegensatz zur Schwangerschaftschance umgekehrt - je jünger die Frauen sind, desto risikoreicher ist die Krebserkrankung im Hinblick auf die Überlebensprognose.

Schwangerschaft kann sogar positive Effekte haben

Ein Kind zu bekommen kann sich sogar positiv auf die nachhaltige Wirkung der Krebstherapie auswirken, wie die Forscher der Universität von Western Australia in Crawley vor einigen Jahren zeigten: Ihren und auch zurückliegenden Untersuchungen zufolge hatten Frauen, die nach der Therapie schwanger wurden ein geringeres Risiko für ein Rezidiv hatten, also das Wiederauftreten des Tumors nach einer erfolgreichen Behandlung. Die Wissenschaftler aus Crawley konnten sogar eine "protektive" also schützende Wirkung der Schwangerschaft in Bezug auf die Überlebenschance erkennen.  

Wenn die Diagnose in der Schwangerschaft kommt

Brustkrebs  ist eine der furchtbarsten Nachrichten, die eine schwangere Frau bekommen kann. Früher bedeutete die Diagnose oft, dass das eigene Leben in Abwägung zum Leben des ungeborenen Kindes gestellt werden musste und zur Abtreibung geraten wurde. Heute können Patientinnen ihr Kind meist bekommen - wenn die Krebstherapie auf die Schwangerschaft abgestimmt ist.
 
Kanadische Forscher vom Women’s College Hospital der Universität Toronto haben in einer Studie 2017 außerdem nachgewiesen: Durch die auf die Schwangerschaft anderen oder anders zeitlich angeordneten Therapien haben Frauen, die die Diagnose vor oder während der Schwangerschaft erhielten kein höheres Sterberisiko, als andere Betroffene. Dafür analysierten die Forscher Daten von über 7.500, die zwischen 2003 und 2014 an Brustkrebs erkrankten und zu diesem Zeitpunkt zwischen 20 und 45 Jahren alt waren.

Schwangere brauchen abgestimmte Therapie

Für Frauen, die die Krebsdiagnose während der Schwangerschaft erhalten, muss die Therapie jedoch angepasst werden: So zeigen Studien, dass zum Beispiel die Chemotherapie im ersten Drittel der Schwangerschaft das Risiko für Fehlbildungen des Kindes erhöht - das ist nicht mehr der Fall, wenn diese Therapieform im zweiten oder dritten Teil der Schwangerschaft erfolgt. Eine OP ist heute in der Regel ohne erhöhte Gefahr für das Kind möglich. Eine Strahlentherapie sollte um des Kindes willen unbedingt erst nach der Geburt erfolgen.

Beitrag von Lucia Hennerici

Weitere Beiträge

Behandlung mit High Intensity Focused Ultrasound (Quelle: imago/UIG)
imago/UIG

Interview l Ultraschalltherapie - Wenn den Tumoren heiß wird

Den "Ultraschall" kennen die meisten vor allem aus der bildgebenden Diagnostik. Aber die Technologie hat sich auch in der Therapie etabliert. Nach erfolgreichem Einsatz bei Gallen- und Nierensteinen nutzt man die Ultraschallenergie inzwischen auch, um gut- und bösartige Tumoren zu schrumpfen. Die rbb Praxis hat mit dem Radiologen und Ultraschallexperten Prof. Holger Strunk von der Uni Bonn gesprochen.

Lachs im Ganzen ohne Kopf mit Zitronenscheiben und Dill (Bild: imago/fotoimedia)
imago/fotoimedia

Wie gesund ist Fisch? - Her mit dem fetten Fisch!

Bei vielen kommt freitags Fisch auf den Tisch - aus Tradition. Und die ist gesund, nicht nur weil Fischfette denen aus dem Fleisch überlegen sind. Was in den Wasserbewohnern steckt hilft nachweislich Herz, Kreislauf und Hirn. Dabei sind einige Inhaltsstoffe des Fisches schwer ersetzbar. Welche das sind, was sie uns Gutes tun und worauf es bei der Wassertierwahl ankommt - die rbb Praxis informiert.