"Unterwerfung" - Matthias Brandt spielt Robert Rediger
Der neue Präsident der islamischen Universität Paris Sorbonne geistert von Anfang an durch diese Geschichte, so dass er recht vertraut wirkt, als er gegen Ende des Films auftaucht. Ganz elitärer Intellektueller residiert er in dem historischen Stadtpalais im 5. Arrondissement, in dem Dominique Aury "Geschichte der O" verfasst hat. Und dieses berühmte Buch über die Unterwerfung einer Frau unter ihren Mann steht Pate bei der Herleitung des grandiosen und zugleich einfachen Gedankens, dass der Gipfel des menschlichen Glücks in der absoluten Unterwerfung bestehe. Kein Zweifel, Robert Rediger gelingt es, François zu umgarnen, doch es bleibt der Phantasie des Zuschauers überlassen, ob seine Versuche, den von Selbstmitleid geschwächten Literaturprofessor zur Konversion zu verführen, am Ende reiner Konjunktiv bleiben.
Matthias Brandt im Interview
Was macht die Figur des Rediger aus, wie würden Sie ihn beschreiben (für jemanden, der weder Buch noch Theaterstück kennt)?
Ich denke, man kann ihn als jemanden beschreiben, der sich dieser fiktiven neuen französischen Gesellschaftsform sehr schnell anpasst und versucht, für sich den größtmöglichen persönlichen Nutzen daraus zu ziehen. Moralische oder ethische Skrupel scheint er nicht zu haben, deshalb klappt das auch gut. Dieser Typus war ja bei uns in der Nazizeit unter Künstlern und Wissenschaftlern auch recht verbreitet.
Es scheint so einfach zu sein: Man lässt der intellektuellen Elite ihren Alkohol, erlaubt ihr Polygamie und Sex mit Minderjährigen und dafür mischt sie sich nicht mehr in die Regierungsführung des Landes ein. Wie faszinierend war die Figur des Rediger für Sie? War es schwer, sich in ihn, eine Art diabolischen Verführer, einzufühlen?
In eine solche Figur fühle ich mich nicht ein, da gehe ich sehr handwerklich ran, wirkungsorientiert. Deshalb ist für mich auch die Frage, ob mich diese Figur fasziniert, gar nicht relevant. Sie hat in der Geschichte einfach eine sehr klar erkennbare Funktion und der habe ich versucht, möglichst interessant gerecht zu werden.
Wie kommt es, dass nur noch Menschen für etwas sind, die etwas mehr oder weniger stark einschränken wollen, während der große Rest eine seltsame Teilnahmslosigkeit an den Tag legt? Wieviel Freude macht es, eben diese Figuren zu spielen?
Ist das wirklich so? Darüber müsste ich tatsächlich erstmal etwas länger nachdenken, bevor ich es beantworte.
Vielleicht mag ich daran aber auch einfach nicht so rigoros glauben. Am Spielen ist interessant, dass diese Figur sich recht geschmeidig in einem sehr stabilen eigenen System bewegt. Das ist für einen Schauspieler reizvoll, weil man herausfinden möchte, wie die Mechanik dieses Systems funktioniert. Ich glaube, dass es sich hier weniger um jemanden handelt, der von etwas überzeugt ist, sondern um jemanden, der die neuen Regeln schneller und besser verstanden hat als die meisten anderen und der diesen Vorsprung in jeglicher Hinsicht ausnutzt.
Eine Biografie von Matthias Brandt lesen Sie unter
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