Therapie - Rheuma Behandlung: Von Medikamenten bis Ernährung
Bei Rheuma gibt es viele wirksame Therapien. Infos zu Medikamenten, Biologika, Naturheilkundlichen Therapieverfahren und zur Ernährung stehen hier.
Der Begriff "Rheuma" umfasst mindestens 100 verschiedene Erkrankungen. Manche sind häufig, andere seltener. Das Erkrankungsprinzip ist jedoch immer das gleiche: Eine fehlgesteuerte Abwehrreaktion löst die Erkrankungen aus, die körpereigenes Gewebe, allen voran des Bewegungsapparates, zerstört. Neben den Gelenkentzündungen können auch andere Organe und Organsysteme in Mitleidenschaft gezogen werden: Muskeln und Sehnen, Augen und Speicheldrüse, Wirbelsäule und sogar Herz und Lungen.
Die Folge bei entzündeten Gelenken (rheumatoide Arthritis) sind Fehlstellungen und Versteifungen des Bewegungsapparates, Schmerzen und Funktionsverluste. Unbehandelt zerstören Rheumaschübe auf Dauer die Gelenke und die beteiligten Organe. Die beste Aussicht, dass eine rheumatische Erkrankung nicht chronisch wird, haben Betroffene, wenn sie innerhalb von wenigen Monaten nach Auftreten der ersten Symptome die richtige Diagnose bekommen und die Therapie beginnen kann.
Welche rheumatischen Krankheiten gibt es?
Die bekannteste und häufigste rheumatische Krankheit ist die rheumatoide Arthritis. Sie wird auch Gelenkrheuma genannt. Bei der rheumatoiden Arthritis leiden die Patienten und Patientinnen unter chronischen Entzündungen der Gelenke. Weitere rheumatische Krankheiten, bei denen verschiedenste Organe betroffen sind: Fibromyalgie, Schuppenflechte Arthritis (Psoriasis Arthritis), Sklerodermie, Lupus erythematodes, Morbus Bechterew, Sjögren-Syndrom.
Ist Rheuma heilbar?
Rheuma ist nicht heilbar. Rheumatische Erkrankungen lassen sich aber mit modernen Therapien gut kontrollieren. Ziel der Therapie ist es, die chronische Entzündung in Gelenken, Knochen und anderen Organen frühzeitig zu mindern und damit einen einen schweren Verlauf der Krankheit zu verhindern. Ein früher Therapiebeginn ist wichtig, um bleibenden Schäden vorzubeugen.
Verschiedene Behandlungsmöglichkeiten bei Rheuma
Für die Behandlung von Rheuma stehen Rheumatologen verschiedene Therapie Bausteine zur Verfügung:
• Medikamente
• Schmerztherapie
• Bewegung als Therapie
• Ernährung als Therapie
• Naturheilkundliche Therapieverfahren
• Physiotherapie, zur Mobilisation der Gelenke (wichtig bei rheumatoider Arthritis)
• Ergotherapie, um gelenkschonende Bewegungen in den Alltag zu integrieren (wichtig bei rheumatoider Arthritis)
• Psychotherapie, zur Stärkung der Psyche und Verhinderung einer Depression
Welches ist das beste Mittel gegen Rheuma?
Eine rasche und zielgerichtete Behandlung ist der Schlüssel zum Erfolg im Kampf gegen rheumatische Erkrankungen. Ärztinnen und Ärzte können aus einer Reihe verschieden wirkender Medikamente wählen. Oft nehmen Betroffene mehrere Mittel gleichzeitig ein, die sich in ihrer Wirkung ergänzen und/oder verstärken. Rheumatologen können die eingesetzten Medikamente im Laufe der Erkrankung immer wieder ändern. Zur Behandlung von Rheuma wählen Rheumatologen aus diesen Gruppen von Medikamenten:
• DMARDs (Disease Modifying Antirheumatic Drugs, krankheitsmodifizierende Medikamente) wie Methotrexat (MTX), Chloroquin, Cyclosporin A und Sulfasalazin, die eine krankhafte Überaktivität des Immunsystems unterdrücken. Diese Präparate werden auch als Basismedikamente bezeichnet. Zu Beginn der Therapie wird häufig zunächst MTX verschrieben, ehe auf eine Kombinationstherapie mit weiteren Präparaten als Basismedikamente umgestiegen wird.
• Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen, Indometacin und Naproxen
• Glukokortikoide, Steroidhormone aus der Nebennierenrinde, die künstlich hergestellt werden und stark entzündungshemmend wirken. Wegen ihrer Nebenwirkungen dürfen sie nicht langfristig eingenommen werden.
• Seit 2015 sind Biologika auf dem Markt. Diese biotechnologisch hergestellten Eiweißsubstanzen richten sich gegen bestimmte entzündungsfördernde Botenstoffe des Körpers oder direkt gegen Immunzellen.
• Die JAK-Inhibitoren sind die neuesten Mittel in der Behandlung rheumatischer Erkrankungen. Sie wirken wie Biologika, werden aber geschluckt und nicht als Spritze verabreicht. JAK-Inhibitoren sind seit 2017 in Deutschland zugelassen.
Welche Biologika gibt es für die Behandlung von Rheuma?
Biologika werden vorrangig dann eingesetzt, wenn Mittel der Basistmedikamente und andere herkömmliche Medikamente nicht ausreichend wirken. Der Hintergrund: Die Entzündungsvorgänge bei Rheuma werden durch bestimmte Immunzellen und Botenstoffe vermittelt. Biologika sind eine heterogene Gruppe von Wirkstoffen, die sich gegen diese Botenstoffe richten oder Rezeptoren der Immunzellen blockieren. Sie greifen damit gezielt in das fehlgesteuerte Immunsystem ein und hemmen es.
Angriffsziele der neuen Medikamente sind etwa Botenstoffe wie TNF-alpha, welche das Immunsystem befeuern. Beispiel rheumatoide Arthritis: Die körpereigene Substanz TNF-alpha bindet sich bei Gelenkrheuma an die Zellen im Gelenkgewebe und lockt jene Immunzellen an, die fälschlicherweise das körpereigene Gewebe attackieren und die Entzündung provozieren. TNF-alpha-Blocker neutralisieren diese Substanz, indem sie diese blockieren und verhindern, dass sie sich an den Rezeptor der Zelle anheften. Dadurch stoppen sie die Entzündung und ermöglichen so vielen Rheuma-Betroffenen ein weitgehend normales Leben.
Andere Biologika richten sich gegen Botenstoffe wie Interleukin-1, Interleukin-12 oder Interleukin-23. Andere verhindern, dass Immunzellen aktiviert werden oder verringern die Anzahl der Immunzellen. Biotherapeutika sind Eiweißstoffe und müssen zwingend als Infusion oder Spritze verabreicht werden. Die Passage durch Magen und Darm würde sie zerstören.
Größter Nachteil der schnell wirksamen und verträglichen Medikamente: Sie sind sehr teuer und haben teilweise spezifische Nebenwirkungen, weil sie direkt in die Abläufe der körpereigenen Abwehr eingreifen. Seit 2015 sind die ersten Nachahmerprodukte von Biologika auf dem Markt, sogenannte Biosimilars. Apotheker sollen, so sieht es ein Gesetzesentwurf vor, ab August 2023 verpflichtend auf die preisgünstigeren Alternativen ausweichen müssen.
Bewegung - wichtige Behandlung bei Rheuma
Wesentlicher Bestandteil einer umfassenden Therapie sind Bewegung und körperliche Aktivität. Bewegung kann die krankheitstypische Steifigkeit des Bewegungsapparates und die Schmerzen nachweislich bessern. Körperliche Aktivität beeinflusst den Verlauf rheumatischer Erkrankungen positiv, indem sie
• die Entzündungsprozesse bei rheumatischen Erkrankungen günstig beeinflusst,
• den Spiegel an Entzündungsfaktoren wie TNF-alpha und RANKL senkt,
• Schmerzen durch die Produktion körpereigener Wirkstoffe reduziert,
• die rheumatischen Erkrankungen verbessert und Folgekrankheiten vorbeugt.
Bei einigen rheumatischen Erkrankungen ist es erwiesen, dass die Patientinnen und Patienten durch eine intensivierte Bewegungstherapie ihre Rheumamedikamente reduzieren können.
Rheuma-Betroffene können sich in Deutschland 12.000 Bewegungsgruppen anschließen. Empfohlen werden insbesondere:
• gezieltes Gerätetraining,
• Ausdauersportarten oder
• "weiche" Bewegungsübungen wie im Yoga, Tai-Chi, Qi Gong und Feldenkrais.
Allerdings bewegen sich Menschen mit Rheuma hierzulande zu selten, beispielsweise trainieren nur 20 Prozent der Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis regelmäßig. Viele haben Angst vor Schmerzen oder dass die entzündeten Gelenke Schaden nehmen könnten. Dabei ist genau das Gegenteil der Fall: Je mehr die Muskulatur arbeitet, desto unwahrscheinlicher ist es, dass das Rheuma "durchbricht". Denn: Bei Bewegung produzieren die Muskelzellen unter anderem Myokine, spezielle Botenstoffe, die antientzündlich wirken. Durch Bewegung wird zudem die Bildung von Gelenkschmiere angeregt, so dass der Knorpel besser versorgt wird.
Die klare Empfehlung lautet deshalb: Menschen mit rheumatischen Beschwerden sollten sich viel bewegen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt pro Woche 75 Minuten Bewegung bei höherer Intensität oder 150 Minuten Bewegung bei mittlerer Intensität. Empfehlenswert sind zusätzlich zwei bis drei Einheiten Krafttraining an Geräten oder mit dem Gewicht des eigenen Körpers.
Wie Rheuma natürlich heilen: mit Kältekammer und Schröpfen
Es gibt viele Hinweise, dass naturheilkundliche Verfahren rheumatische Beschwerden lindern können. Sie aktivieren die Selbstheilungskräfte und stärken die Menschen im Umgang mit ihrer chronischen Erkrankung. Zwei wichtige naturheilkundliche Therapieverfahren sind die Kältekammer und das Schröpfen.
Eine Therapiemöglichkeit ist ein "Bad" in der Kältekammer. Minus 10, minus 60, minus 110 Grad Celsius – die heftige Kälte in der Kältekammer hat verschiedene Effekte. Zum einen ist der Körper so mit der Kälte beschäftigt, dass er vergisst, Schmerzsignale ans Gehirn weiterzuleiten. Zusätzlich schüttet der Organismus schmerzdämpfende Stresshormone wie Adrenalin und Kortison aus, die auch noch zwei bis drei Stunden nachwirken. Nach etwa zehn Kälte-Behandlungen soll sich ein nachhaltiger, schmerzlindernder Effekt aufbauen, der auch noch Monate und Jahre anhalten kann.
Auch die Jahrtausende alte Methode des Schröpfens gehört zu den traditionellen Heilverfahren, die die Naturheilkunde bei Menschen mit rheumatischen Erkrankungen einsetzt. Dafür setzt die Therapeutin oder der Therapeut Schröpfgläser im Abstand von wenigen Zentimetern auf die Haut. Sie saugen sich durch Unterdruck fest, der durch einen kleinen Gummiball oder einen brennenden Wattebausch im Glas erreicht wird. Der Unterdruck steigert Durchblutung und Lymphabfluss, der Stoffwechsel im behandelten Hautareal verbessert sich, die Schmerzen lassen nach.
Rheuma mit der richtigen Ernährung behandeln
Bei rheumatischen Erkrankungen spielt die Ernährung eine wichtige Rolle. So begünstigen Fettsäuren aus rotem Fleisch entzündliche Prozesse in den Gelenken. Vor allem Arachidonsäure spielt eine Schlüsselrolle: Der Körper baut sie zu entzündungsfördernden Stoffen ab. Auch Zucker, Getreide und Süßigkeiten erhöhen den Säuregehalt in Blut und Gewebe und verstärken die Schmerzen.
Rheuma-Patienten wird deshalb eine sogenannte laktovegetabile Diät empfohlen, die aus viel Gemüse und Milchprodukten in kleinen Mengen besteht. Empfehlenswert sind auch Nahrungsmittel mit einem hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren. Die gesunden Fettsäuren verhindern, dass der Organismus entzündliche Botenstoffe bildet. Neben Leinöl und Leinsamen enthalten Salzwasserfische wie Wildlachs, Hering und Makrele reichlich Omega-3-Fettsäuren. Bei vielen Patienten wirkt die fleischlose Kost ähnlich gut wie eine Schmerztherapie mit Medikamenten wie Ibuprofen oder Diclofenac.
Viele naturheilkundlich orientierte Kliniken empfehlen Patientinnen und Patienten für eine gewisse Zeit sogar ganz auf Nahrung zu verzichten. Während des Fastens passt sich der Körper an die veränderte Stoffwechselsituation an und schüttet Hormone und Botenstoffe aus, die entzündungshemmend und schmerzlindernd wirken. Auch die Selbstreinigung der Zelle, die sogenannte Autophagie, wird gesteigert. Eine Fastenwoche kann den Einstieg in eine dauerhafte Änderung des Lebensstils erleichtern. Die positive Wirksamkeit des Nahrungsverzichts auf die Gesundheit ist wissenschaftlich belegt: Bei entzündlichem Gelenkrheuma kann Heilfasten mit anschließender vegetarischer Ernährung Schmerzen dauerhaft verhindern.
Rheuma mit psychologischer Unterstützung behandeln
Menschen mit Rheuma sind oft in einem Teufelskreis gefangen. Die ständigen Schmerzen sind eine immense psychische Belastung, dazu kommt die ständige Sorge um die eigene Gesundheit und eine mögliche Invalidität. Verzweiflung, Ängste und Depressionen können die Folge sein. Doch: Eine gedrückte, angespannte Stimmung verstärkt Schmerzen und Rheumabeschwerden. Eben: ein Teufelskreis. Psychologische Unterstützung kann dabei helfen, sich selbst zu stabilisieren, wieder Zuversicht und Zutrauen in die eigenen Kräfte zu bekommen und einen Umgang mit der chronischen Erkrankung zu finden.
Text: Constanze Löffler