Epilepsie: Grafik zeigt ein Gehirn mit EEG Auswertung (Quelle: imago/Science Photo Library)
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Hintergrund - Epilepsie: Symptome, Ursachen, Diagnose & Behandlung

Epilepsie führt zu mitunter gefährlichen Krampfanfällen. Wir klären auf über Symptome, Ursachen, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten bei Epilepsie.

Epilepsie ist ein Sammelbegriff für Störungen, bei denen es zu plötzlichen Krampfanfällen kommt. Die Symptome der Erkrankung ähneln sich bei Kindern und Erwachsenen.
 
Prinzipiell kann eine Epilepsie in jedem Lebensalter auftreten – tatsächlich tauchen die ersten Epilepsie Symptome bei Kindern auf: Vier bis zehn Prozent aller Kinder und Jugendlichen erleiden irgendwann einen epileptischen Anfall. Jede zweite Epilepsie beginnt vor dem zehnten Lebensjahr, zwei von drei beginnen vor dem 20. Lebensjahr.
 
Etwas seltener werden die Symptome der Epilepsie bei Erwachsenen im mittleren Alter. Erst ab 60 werden Neuerkrankungen wieder häufiger. Ziel der Therapie ist es, durch Medikamente, sogenannte Antiepileptika, eine Anfallsfreiheit für die Patientin oder den Patienten zu erreichen.

Wie sehen Epilepsie Symptome bei Kindern und Erwachsenen aus?

Epilepsie Symptome unterscheiden sich nicht abhängig davon, ob sie bei Kindern oder Erwachsenen auftreten. Sie hängen vielmehr vom betroffenen Bereich ab:
 
• Zuckungen und Krämpfe signalisieren zum Beispiel einen motorischen Anfall.
• Eine Gefühls- / Empfindungsstörung steht für einen sensorischen Anfall.
• Eine Veränderung des Sehens spricht für einen visuellen Anfall.
• Schwindel, Angstzustände oder Halluzinationen können auftreten, man nennt sie Aura.
• Das Bewusstsein kann eingetrübt sein.
• Schmatzen, Grimassieren, Stammeln, ziellos umherlaufen - dies alles kann eine  fokale Epilepsie anzeigen.

Erste Hilfe leisten beim Epilepsie-Anfall

Sind Sie in der Nähe, wenn ein Mensch einen epileptischen Anfall hat oder krampft, sind folgende Maßnahmen hilfreich:
• Ruhe bewahren!
• Nahe Gegenstände, Möbel oder andere Dinge entfernen, an denen sich der Betroffene verletzen könnte.
• Einen Mantel oder eine Decke um die krampfende Person legen, um sie zu schützen.
• Den Rettungsdienst 112 rufen.
• Die betroffene Person während des Anfalls nicht festhalten.
• Droht die Person zu stürzen, dabei helfen, die Person auf den Boden zu legen.
• Der krampfenden Person keine Gegenstände in den Mund stecken (z.B. als Beißschutz).
• Warten, bis der Anfall vorüber ist. Die meisten Anfälle sind auf zwei Minuten begrenzt.
• Betroffene nicht allein lassen!

Beeinflusst Epilepsie die Lebenserwartung?

Eine Epilepsie Erkrankung beeinflusst die eigene Lebenserwartung nicht direkt. Sie mindert aber die Lebensqualität der Betroffenen immens. So meiden in ständiger Angst vor einem erneuten Anfall und dem Kontrollverlust viele Epileptikerinnen und Epileptiker soziale Ereignisse oder Sportarten wie Schwimmen. Berufe wie Pilotin oder Taxifahrer sind tabu, weil Betroffene hier auch andere Menschen durch einen Anfall direkt in Gefahr bringen können.

Hat eine Epilepsie seelische Ursachen?

Epilepsie hat keine seelischen Ursachen, sie bedeutet aber vielmehr für viele Betroffene eine starke seelische Belastung. Weil sie nie wissen, wann und wo es wieder losgeht, erleben die Betroffenen die Krankheit als starke psychische Belastung. Zwischen den Anfällen zeigen sich meist keine körperlichen Beschwerden. Allerdings begleitet viele Patienten und Patientinnen die Sorge, dass es zu einem erneuten Anfall kommt. Zu Recht: Einer Metaanalyse zufolge besteht ein Rezidivrisiko von etwa 42 Prozent innerhalb von zwei Jahren nach dem ersten Anfall. Mehr als die Hälfte der erneuten Anfälle ereignen sich bei den Patienten innerhalb von sechs Monaten nach dem Erstanfall.

Was sind die Ursachen für eine Epilepsie?

Die Epilepsie ist keine einheitliche Erkrankung mit einer einheitlichen Epilepsie Ursache. Vielmehr fasst der Begriff verschiedene Störungen zusammen, bei denen mit höherer Wahrscheinlichkeit ein Krampfanfall auftritt. Zu den Ursachen für einen möglichen Krampfanfall gehören:
 
• Hirnfehlbildungen
• Sauerstoffmangel im Gehirn
• Durchblutungsstörungen im Gehirn
• Hirnblutungen
• Gefäßmissbildungen
• Gehirnentzündungen (Meningitis, Enzephalitis)
• Gehirntumoren
• Hirnverletzungen durch Unfälle
• Stoffwechselstörungen
 
Ausgelöst werden die plötzlichen Anfälle, wenn die Nervenzellen im Gehirn in weiten Bereichen synchron, also im gleichen Rhythmus, feuern. Folge: Die physiologische Informationsverarbeitung ist gestört, die Betroffenen sind ihren ungesteuerten Bewegungen hilflos ausgeliefert.

Typische Auslöser, die einen epileptischen Anfall triggern können, sind:

• Stress (28 Prozent)
• Übermüdung (11 Prozent),
• Fernsehen oder Flickerlicht (8 Prozent; fotosensible Epilepsie)
• Menstruation (7 Prozent)
 
Übrigens ist ein epileptischer Anfall noch keine Epilepsie. Erst bei mehrfach auftretenden epileptischen Anfällen ohne ersichtlichen Auslöser sprechen Expertinnen und Experten wirklich von Epilepsie. Statistisch gesehen ist 0,5 - 1 Prozent der Bevölkerung betroffen. Das wären in Deutschland etwa 400.000 bis 800.000 Menschen. Zehn von 100 Menschen haben im Laufe ihres Lebens mindestens einen epileptischen Anfall.

Wo im Gehirn entsteht die Epilepsie?

Ärzte und Ärztinnen unterscheiden zwei Arten von Anfällen und damit auch von Epilepsieformen:

Epilepsieformen: Grafik zeigt generalisierte Form und fokale Form der Epilepsie (Quelle: imago/Science Photo Library)imago/)

Fokale Anfälle
Fokale Anfälle entwickeln sich zunächst in einem bestimmten Bereich des Gehirns, zum Beispiel im Hippocampus. 60 bis 80 Prozent der Epileptiker leiden unter diesen so genannten fokalen Epilepsien.
 
Die fokalen Anfälle können sich auf das gesamte Gehirn des Patienten ausbreiten und zu einem generalisierten Anfall werden.

Generalisierte Anfälle
Bei der generalisierten Epilepsie feuern die Nervenzellen in allen Bereichen des Zentralen Nervensystems. Generalisierte Anfälle erfassen das gesamte Gehirn. Sie sind nicht unbedingt schwerer als Anfälle einzelner Hirnbereiche, führen aber häufiger zu Bewusstlosigkeit und Krämpfen im ganzen Körper. Ein generalisierter Anfall zeigt sich so:
 
• Krämpfe und Steifheit in den Gliedmaßen: Der Anfall geht schnell vorbei, das Bewusstsein ist nicht immer eingetrübt.
• Nachlassende einseitige Muskelspannung: Die Folge sind zum Beispiel einknickende Beine, ein kurzer Bewusstseinsverlust, Stürze.
• Große Muskelgruppen zucken in langsamem Rhythmus, etwa an den Armen oder Beinen, begleitet von Bewusstseinsverlust.
• Einzelne Muskelgruppen zucken rasch. Das Bewusstsein ist in der Regel nicht beeinträchtigt.
• Der gesamte Körper krampft und zuckt und man wird bewusstlos.
Stille Epilepsie Symptome heißen übrigens Absencen: Diese milde Anfallsform äußert sich durch plötzliche, kurze Bewusstseinspausen.

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Colourbox

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Diagnose: Wer stellt die Epilepsie wie fest?

Die verschiedenen Epilepsieformen werden von Arzt oder Ärztin diagnostisch mit verschiedenen Verfahren erfasst. Dazu gehören:
• Elektrophysiologische Verfahren (Überprüfung der Hirnaktivität)
• Elektroenzephalographie (EEG)
• Magnetenzephalographie (MEG)
• Magnetresonanztomographie (MRT) und funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT)
• Positronenemissionstomographie (PET)
• Single-Photon-Emissions-Computertomographie (SPECT)
• Neuropsychologische Verfahren (Untersuchung der Hirnfunktion)

Welche Behandlung hilft bei Epilepsie?

Zuerst versuchen Ärzte die Epilepsie möglichst exakt einem speziellen Epilepsiesyndrom zuzuordnen. Dadurch kann der Arzt oder die Ärztin den zu erwartende Verlauf und die notwendige Behandlung klären. Zur medikamentösen Therapie stehen verschiedene sogenannte Antiepileptika (Antikonvulsiva), also Anfallshemmer, zur Verfügung. Gängige Wirkstoffe der Medikamente sind: Carbamazepin, Oxcarbazepin, Eslicarbazepinacetat, ValproinsäurePhenytoin, Lamotrigin, Levetiracetam und viele andere.

Zwei von drei Betroffenen mit epileptischen Anfällen haben gute Chancen, mit den Medikamenten dauerhaft anfallsfrei zu sein. Etwa jeder dritte Patient entwickelt trotz Medikamente mit verschiedenen Wirkstoffen weiterhin Anfälle. Für einige dieser Betroffenen kann eine  Operation hilfreich sein, um eine Anfallsfreiheit zu erlangen.

Autorin: Beate Wagner

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