Was ist die Ursache? - Plötzliche Gesichtslähmung
Ein Auge lässt sich nicht mehr schließen, der Mundwinkel hängt schlaff herab. Bei solchen Symptomen denken viele an einen Schlaganfall. Doch dafür kann es auch eine andere Ursache geben: die Lähmung des Gesichtsnervs.
Symptome der peripheren Fazialparese (Gesichtslähmung)
Der Nervus facialis hat viele Funktionen. Das merken Betroffene vor allem, wenn er nicht mehr richtig funktioniert. Die Lähmung tritt meist auf einer Gesichtshälfte auf: Stirnrunzeln, Naserümpfen und vor allem das Schließen des Augenlids ist dann nicht mehr möglich. Häufig wird vermehrt Speichel- oder Tränenflüssigkeit gebildet, das Geschmacksempfinden ist gestört und viele Betroffene sind auch lärmempfindlich. Diese Symptome treten vor allem bei der sogenannten peripheren Fazialparese (Gesichtslähmung) auf, der häufigsten Form. Dabei ist ein Teil des Nervens direkt betroffen, zum Beispiel durch eine Schwellung aufgrund einer Infektion.
Der Nervus facialis verläuft im Schädel durch den engen Kanal des Felsenbeins – einer der drei Knochen, aus denen das Schläfenbein besteht. Schwillt der Nerv etwa durch eine Infektion mit Bakterien oder Viren an, kann es sehr schnell zu Funktionsstörungen kommen.
Eine andere Form der Gesichtslähmung, die sogenannte zentrale Fazialisparese wird durch eine Verletzung im Gehirn hervorgerufen. Diese kann sowohl durch einen Schlaganfall, aber auch durch einen Tumor oder eine Entzündung des Gehirns verursacht sein. Die Beschwerden treten in der Regel innerhalb von wenigen Stunden auf und erreichen nach ein bis zwei Tagen ihren Höhepunkt. Durch die entstellte Mimik und die eingeschränkte Sinneswahrnehmung, ist die Gesichtslähmung für die Betroffenen psychisch sehr belastend.
Was ist die Ursache einer Fazialparese?
Das ist manchmal gar nicht so leicht festzustellen - vor allem, wenn es sich nicht um die zentrale Gesichtslähmung handelt, deren Ursachen direkt im Gehirn liegen. Das wird allerdings gleich zu Beginn mit Hilfe einer Magnetresonanz- (MRT) oder Computertomografie (CT) entweder bestätigt oder ausgeschlossen.
Liegt die Ursache nicht im Gehirn, wird Blut abgenommen oder auch eine Lumbalpunktion zur Gewinnung von Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit durchgeführt. Damit versucht man, möglichen Erregern auf die Spur zu kommen. Zu den möglichen Erregern zählen Herpes-Zoster Viren, Grippeviren oder Antikörper, die auf eine Borreliose, eine Infektion durch einen Zeckenbiss, hinweisen. Infektionen durch solche Erreger können dazu führen, dass der Gesichtsnerv anschwillt und es zu den genannten Funktionsstörungen kommt. Auch eine Mittelohrentzündung kann den Nervus facialis in Mitleidenschaft ziehen; ebenso wie Tumore, die in der Nähe des Gesichtsnervens liegen.
In seltenen Fällen verursachen auch bestimmte Erkrankungen wie das Sjögren-Syndrom (Funktionsstörung der Speichel- und Tränendrüsen) oder die Sarkoidose (Erkrankung des Bindegewebes) eine Entzündung des Nervus facialis. Ein bekannter Risikofaktor für die Entwicklung einer Gesichtslähmung ist Diabetes. Schlecht eingestellte Zuckerwerte schädigen generell die Nerven und können auch den Gesichtsnerv betreffen. Ein höheres Risiko haben auch Schwangere, wobei hier die Ursache unbekannt ist. Letztlich kann auch extremer Stress oder so etwas Banales wie Zugluft eine Entzündung des Gesichtsnervens auslösen. Die Erkrankung tritt meist im mittleren Lebensalter auf; Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen. Von 100.000 Personen erkranken pro Jahr etwa 20 bis 25 Menschen an einer Gesichtslähmung.
Welche Therapien helfen bei einer Gesichtslähmung?
Ist die Ursache der Gesichtslähmung bekannt, etwa eine Borreliose, wird die Grunderkrankung behandelt. Bei einer Borreliose wird zum Beispiel eine Antibiotikabehandlung durchgeführt. Bei einer Herpes Zoster Infektion wird ein antivirales Medikament gegeben, das die Ausbreitung der Viren verhindern soll. In vielen Fällen ist aber keine direkte Ursache der Fazialisparese bekannt. Dann wird meist für einen Zeitraum von 14 Tagen mit Kortison behandelt, welches generell Entzündungen im Körper bekämpft.
Mittels Infusionen werden manchmal auch durchblutungsfördernde Medikamente verabreicht. Da die meisten Patienten ein Auge nicht mehr richtig schließen können, muss das Auge besonders gepflegt werden, damit sich die Hornhaut nicht entzündet. Das geschieht mit künstlicher Tränenflüssigkeit und einer Augensalbe. Nachts tragen die Patienten einen sogenannten Uhrglasverband, der die Augenoberfläche vor Austrocknung schützen soll.
Eine Besserung der Lähmung soll auch ein Training der mimischen Gesichtsmuskulatur bewirken sowie Massagen und Lymphdrainagen. Bei etwa 80 Prozent der Betroffenen verschwinden die Symptome einer Gesichtslähmung nach wenigen Wochen wieder vollständig. In manchen Fällen bleiben Restsymptome wie unwillkürliche Zuckungen der mimischen Muskeln oder Mitbewegungen der Mimik. Etwa, wenn der Mund gespitzt wird, schließt sich auch das Augenlid. Solche "Synkinesien" kann man mit Botulinum-Toxin behandeln, welches in die entsprechenden Muskeln gespritzt wird, um die unwillkürlichen Bewegungen zu verhindern. Bei den wenigen Patienten, deren Gesichtslähmung dauerhaft ist und die zum Beispiel ihr Lid nicht mehr schließen können, gibt es die Möglichkeit rekonstruktiver, plastischer Operationen. Dabei wird zum Beispiel ein offenstehendes Unterlid mit einer besonderen Operationstechnik (Canthoplastik) behandelt. Wenn möglich, kann auch die Funktion des Gesichtsnervens durch eine Nervennaht wiederhergestellt werden (siehe Link).
Wie kann ich einer Lähmung vorbeugen?
Da viele Gesichtslähmungen buchstäblich aus heiterem Himmel auftreten, gibt es nicht allzu viele Tipps zur Vorbeugung. Grundsätzlich sollte man aber Erkrankungen wie Mittelohrentzündungen oder eine Borreliose ernst nehmen und ärztlich behandeln lassen. Das Tragen eines Helms beim Radfahren oder bei anderen risikoreichen Sportarten kann Schädelverletzungen verhindern, die ebenfalls Ursache einer Gesichtslähmung sein können. Interessanterweise treten Gesichtslähmungen statistisch häufiger nach Wetterumschwüngen auf. Eine Maßnahme kann es also einfach sein, seinen Kopf mit einer Mütze vor kalter Luft zu schützen.