- Binge-Eating-Störung: Symptome, Ursachen & Behandlung
Essen ohne Kontrolle ist ein Symptom der Binge-Eating-Störung. Wir haben Informationen zu Ursachen, zur Diagnose und Behandlung der Essstörung.
Essen ohne Kontrolle, bis das Völlegefühl irgendwann doch zu mächtig wird. So beschreiben Menschen mit einer Binge-Eating-Störung häufig, den Kontrollverlust, den sie während einer Essattacke erleben.
Das Problem: Alleine kommen Betroffene häufig nicht mehr aus diesem Verhaltensmuster heraus. Doch Hilfe holen fällt den meisten schwer, denn das Schamgefühl ist häufig zu groß. Die rbb-Praxis erklärt die Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten einer Binge-Eating-Störung.
Was sind Anzeichen für Binge-Eating?
Menschen mit einer Binge-Eating-Störung, nehmen in kurzer Zeit enorme Mengen an Nahrung auf. Daher hat die Störung auch ihren Namen: Binge bedeutet auf englisch "schlingen". Kennzeichnend ist dabei, dass das Essen unkontrolliert verläuft. Betroffene erleben diese Essanfälle als massiven Kontrollverlust und können nicht mehr sagen, wann sie mit dem Essen begonnen haben und wie viel sie tatsächlich zu sich genommen haben. Im Vergleich zu anderen Essstörungen, wie beispielsweise der Bulimie (Bulimia nervosa), wird beim Binge-Eating nicht versucht, nach einem Essanfall die enormen Nahrungsmengen und damit aufgenommen Kalorien zu erbrechen, auszugleichen oder abzubauen. Das gilt als zentrales Merkmal zur Abgrenzung von Bulimie oder Magersucht. Die Folge ist starkes Übergewicht bis hin zur Adipositas, unter dem die Betroffenen leiden.
Generell gilt: Menschen mit einer Binge-Eating-Störung essen nicht mit Genuss. Viel mehr dient ein Fressanfall oft als Ventil, negative Emotionen zu regulieren. Häufig werden die Essenanfälle mit negativen Gefühlen, sowie Scham, Schuld und Ekelgefühlen begleitet. Viele Betroffene versuchen, ihr Essverhalten vor anderen zu verheimlichen.
Von Binge-Eating sind übrigens Männer und Frauen gleich häufig betroffen. Meistens beginnt die Erkrankung in der späten Jugend und bei jungen Erwachsenen. Da das Schamgefühl bei dieser Form der Essstörung sehr hoch ist, holen sich viele Menschen häufig keine Hilfe. Daher ist es schwer, Angaben darüber zu machen, wie viele Menschen tatsächlich betroffen sind und es wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen. Schätzungsweise sind 3 bis 5 Prozent mit einer Binge-Eating Störung in Kontakt gekommen.
Was sind Ursachen für Binge-Eating?
Binge-Eating ist eine Erkrankung, für die es nicht nur eine Ursache gibt. Meistens kommen unterschiedliche Faktoren zusammen, die sich gegenseitig beeinflussen können. Dazu zählen unter anderem biologische Faktoren, wie zum Beispiel ein erhöhtes Gewicht, das meist mit häufigen Diäten zusammenläuft. Auf der persönlichen und psychischen Ebene kommen bestimmte Merkmale wie ein niedriges Selbstwertgefühl bis hin zum Selbsthass als Einflussfaktoren hinzu. Familiäre Einflüsse, die eine Essstörung begünstigen, können unter anderem wenig soziale Unterstützung, invalidierendes Verhalten (hierbei werden die Gefühle der Betroffenen nicht ernst genommen, missachtet oder verdreht) aber auch ein problematisches Essverhalten anderer Familienmitglieder sein.
Was macht Binge-Eating mit dem Körper?
Bei der Frage, was Binge-Eating mit dem Körper macht, ist es wichtig, zwei Ebenen zu unterscheiden. Auf der körperlichen Ebene kommt es aufgrund der massiven Kalorienaufnahme durch die Nahrungsmenge zu einem stark erhöhten Körpergewicht, bis hin zur Adipositas. Von Adipositas spricht man ab einem Bodymass Index von 30. Starkes Übergewicht begünstigt wiederum Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes Typ 2 und bestimmte Krebsarten, wie Dick- und Enddarmkrebs. Zudem haben Betroffene häufig Gelenkprobleme, da diese durch das zum Teil hohe Gewicht belastet werden.
Auf der mentalen Ebene leiden Betroffene häufig unter einem negativen Selbstwertgefühl und Körperbild und isolieren sich sozial. Über die Hälfte der Betroffenen war in der Vergangenheit bereits depressiv.
Wie wird Binge-Eating diagnostiziert?
Für die Diagnose kann zunächst der Hausarzt oder die Hausärztin aufgesucht werden. Zu Beginn steht eine ausführliche Anamnese, also ein Gespräch über die Krankheitsgeschichte, um beispielsweise andere Essstörungen wie Bulimie auszuschließen. Weiterhin prüft der Arzt oder die Ärztin, ob andere Erkrankungen, wie beispielsweise Diabetes die Ursache für die Gewichtszunahme sein können. Wichtig ist auch, bereits eingetretene Folgeschäden einer Binge-Eating Störung festzustellen. Der Arzt oder die Ärztin untersuchen dafür die Blutwerte u.a. nach Blutfett- und Blutzuckerwerten und mittels EKG, ob eine Herz-Kreislauf-Erkrankung vorliegt.
Wenn der Verdacht einer Binge-Eating-Störung vorliegt, übernehmen Psychotherapeuten oder Psychotherapeutinnen die weitere Diagnostik.
Eigentlich werden medizinische Diagnosen mit bestimmten Ziffern verschlüsselt. Diese Verschlüsselungen mit den entsprechenden Diagnosekriterien finden sich in der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, auch kurz ICD-10 genannt. Die binge-eating-Störung wird hier unter den "nicht näher bezeichneten Essstörungen" mit der F50.9 codiert und hat keine eigene Ziffer. Dennoch sind die Diagnosekriterien im aktuellen Diagnosesystem DSM-IV-T der American Psychiatric Association (APA) beschrieben.
Zu den Kriterien zählen unter anderem, dass die Essanfälle im Durchschnitt an mindestens zwei Tagen in der Woche über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten auftreten müssen, das Essen mit einem Kontrollverlust und keinen ausgleichenden Maßnahmen einhergehen, also zum Beispiel Fasten oder Sport treiben.
Wie behandelt man Binge-Eating?
Binge-Eating-Störungen sollten psychotherapeutisch behandelt werden. Wirksam ist hier vor allem die Verhaltenstherapie. Betroffene lernen, dass Essverhalten zu normalisieren in dem sie Zusammenhänge erkennen, wann die Essanfälle auftreten. Die Betroffenen erlernen Strategien, Emotionen ohne Essanfälle zu regulieren. Ebenso ist ein Teil der Therapie, Bewegung in den Alltag zu integrieren. Auch eine Ernährungsberatung kann unterstützend sein, auch u.a. Gewicht zu reduzieren. Wichtig ist ebenso eine Steigerung des eigenen Selbstwertgefühls der Patienten und Patientinnen durch Psychotherapie, damit sie sich in ihrem Körper wieder wohl fühlen. Begleitend werden bereits eingetretene körperliche Folgeerkrankungen behandelt.
Autorin: Laura Will