Positive Psychologie: Mann hält sich Hände vor Gesicht (Bild: imago/Addictive Stock)
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Mit dem Mindest gesünder werden - Positive Psychologie: Wie man negative Gedanken überwindet

Positive Psychologie liefert wissenschaftliche Erkenntnisse & Methoden dazu, wie man resilienter gegen Stress wird, psychisch stärker und so gesünder.

Hierzulande haftete Positiver Psychologie lange ein esoterisches Image an, während z. B. in den USA, Großbritannien und Australien die Methoden dieser Wissenschaft längst zum Standard gehören.
 
Was diese Wissenschaft zu bieten hat sind Erkenntnisse und Methoden rund um die Frage, wie das Leben lebenswerter wird, wie sich in einer von Krisen geschüttelten Welt Sinn, erfüllte Beziehungen und Glück finden lässen - man also auch gegen Stress resilienter wird.
 
Judith Mangelsdorf weiß, wie das geht. Sie ist die erste Professorin für positive Psychologie in Deutschland und rbb Praxis hat sie gefragt, was Positive Psychologie kann und wie sie funktioniert.

Was passiert, wenn wir ängstlich oder traurig sind?

Schlecht drauf sein, fühlt sich nicht gut an. Was passiert eigentlich wenn wir ängstlich oder traurig sind?
 
Negative Emotionen bedeuten Stress und sind mit der Ausschüttung des Stresshormons Cortisol im Körper verbunden. Der Herzschlag verändert sich, Magen, Darm und andere Organe reagieren.
Die Anspannung verändert auch den Muskeltonus, das kann zu Rücken- und Nackenschmerzen führen. Hinzu kommt: Negative Emotionen setzen uns Scheuklappen auf. In einer Studie hat man Probanden zunächst in Fragebögen notieren lassen, wie es ihnen gerade geht. Manche hatten einen richtig guten Tag, andere waren eher unglücklich, wütend oder traurig. Dann hat man ihnen eine Zeitung in die Hand gedrückt und gesagt: "Finden Sie heraus, wie viele Bilder hier enthalten sind."
Diejenigen, die in einem positivem Mindset waren, entdeckten eine Meldung auf Seite 2: "Diese Zeitung enthält 42 Bilder". Die waren also gleich fertig. Die, die im Zustand negativer Emotionalität waren, übersahen das und suchten mühsam jede Seite nach Fotos ab, bis sie dann endlich auf das gleiche Ergebnis kamen.
 
Das zeigt also: Bei negativen Emotionen sind wir im Tunnelblick und nur noch eingeschränkt in der Lage mit der Komplexität unserer Welt umzugehen. Um davon wieder Abstand zu gewinnen brauchen wir positive Emotionen.

Wie bekommen wir gute Gefühle, wenn es uns nicht gut geht?

Das ist gar nicht so schwer, wie viele denken. Emotionen sind ja jenseits psychologischer Erkrankungen wie Depression nur Moment-Aufnahmen. Sie sind die Reaktion des Gehirns auf die Bewertung einer Situation, es kann aber auch ganz andere finden.
 
Deshalb können wir Emotionen einfacher als andere Zustände beeinflussen. Das wichtigste ist, erst einmal wahr zu nehmen, woher konkret die negativen Emotionen gerade rühren, und wie ich das verändern kann.
Also beispielsweise: Es beschert mir sofort negative Gefühle, wenn ich gleich morgens als erstes die Nachrichten schaue. Und sich dann überlegen: Was ist der bessere Zeitpunkt, diese Informationen zu verdauen und was mache ich gleich anschließend, damit es mir wieder besser geht?
Das kann alles sein, das mich glücklich macht, wie einen Cappuccino in der Sonne zu trinken. Egal was, Hauptsache es erfreut uns.
 
Was dann passiert, hat die Forscherin Barbara Fredrickson untersucht: Die Herzratenvariabilität bessert sich, und das gesamte Herz-Kreislauf-System wird entlastet, Stresshormone werden abgebaut und stattdessen Glückshormone wie Dopamin oder Oxytocin ausgeschüttet.
 
Hinzu kommt der sogenannten Undoing-Effekt: Langzeitwirkungen negativer Emotionen werden abgepuffert. Wir können uns schneller wieder emotional regulieren, Herz und Blutdruck wieder schneller ins Gleichgewicht bringen. Gerade in Zeiten von Krisen oder Kriegen ist das ein existenzieller Mechanismus, den wir brauchen, um die eigene Psyche gesund zu halten.

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Die positive Psychologie wurde ja lange Zeit belächelt. Warum?

Ein Großteil der Skepsis kam aus Unwissenheit. Man unterstellte der positiven Psychologie, den Menschen die rosarote Brille aufzusetzen und ihnen einzureden, sie müssten alles nur anders sehen, um glücklich zu sein.
 
Das ist natürlich Quatsch und hat mit der Forschung der Positiven Psychologie nichts zu tun. Es geht um ganz konkrete Fragen nach der Gestaltung eines erfüllenden Lebens, sinnvoller Arbeits- und gesellschaftspolitischer Gestaltung.
Ich selbst bin Forscherin für posttraumatisches Wachstum also die Frage, wie das Wissen der Positiven Psychologie bei Traumatisierung dazu beitragen kann, dass Menschen an traumatischen Erfahrungen wachsen können.
 
Dafür gibt es heute sehr konkrete Forschungswege und inzwischen ist klar: Die Positive Psychologie kann hier einen wichtigen Unterschied machen.

Was tun für mehr positive Gefühle?

Was würden Sie Menschen empfehlen, die mehr positive Emotionen in ihr Leben holen wollen?
 
Starten würde ich immer bei dem, was da ist. Also sich fragen: In welchen Situationen und bei welchen Menschen bin ich glücklich oder habe ich das Gefühl von Liebe und wie kann ich genau diese Situationen mehr herstellen?
 
Das zweite sind Interventionsformen wie beispielsweise die Metta-Meditationen, bei denen das Gefühl von Liebe in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt wird. Das unterstützt wissenschaftlich nachgewiesen die eigene Positivität.
 
Gut erforscht ist auch die Wirkung des sogenannten positiven Portfolios. Nehmen Sie sich Zeit und suchen Sie Gegenstände, Musik, Videoclips, Fotos und alles andere, was Sie mit dem Gefühl von Liebe verbinden heraus.
Das kann auf einem Tisch einen Platz finden oder in einem Computer. Verbringen Sie dann regelmäßig 15 Minuten Zeit damit, sich mit dem Portfolio auseinanderzusetzen, also die Lieblings-Musik zu hören, die Videos und Bilder anzuschauen. Auch das führt dazu, dass die Emotion Liebe in mir wächst.

Fokus auf das eigene Glück?

Geht es also darum, sich mehr auf das eigene Glück konzentrieren statt auf das, was andere von einem wollen?
 
Forschende der Universität Bochum haben gezeigt, dass Menschen, die ihr Leben immer darauf ausrichten glücklich zu sein, unglücklicher sind, als Menschen die das nicht tun. Das mag wie ein Paradox erscheinen.
 
Glück ist ein Zustand, den wir nicht immer haben können. Wir können nach Erfüllung streben, uns bemühen darum, ein erfülltes Leben zu gestalten und gut mit den schwierigen Situationen umzugehen.
Aber wir können nicht jeden Tag glücklich sein. Denn wenn ich danach strebe, jeden Tag und immer glücklich zu sein, dann kann ich vom Leben nur enttäuscht werden.
 
Was viel nachhaltiger ist: Die Beziehungen pflegen, in denen ich glücklich bin. Und mich zu fragen: Was erfüllt mein Leben mit Sinn und wie kann ich dem mehr entgegen streben? Denn Glück ist das, was folgt, wenn ich das richtige tue.
Unsere Emotionen sind also ein hervorragender Wegweiser.

Prof. Dr. Mangelsdorf, vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Angelika Wörthmüller

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