Krank in Herbst & Winter - Symptome: Ist es Corona oder ein anderer Infekt?
Husten, Kopfschmerzen, Nase dicht - das könnte eine Erkältung sein. Aber genauso auch Grippe oder gar Corona? Im Herbst & Winter, der "Jahreszeit der Infekte", sind Symptome mitunter schwer zu unterscheiden. Zudem sind mit Erforschung von SARS-CoV-2 auch inzwischen andere Symptome in den Fokus gerückt, als zu Anfang vermutet. Die rbb Praxis liefert einen Überblick.
Hunderttausende erkranken im Schnitt in einer Herbst-/Wintersaison an der Influenza, ganz zu schweigen von Erkältungen. In der Grippesaison 2018/19 gab es allein rund vier Millionen Arztbesuche in Deutschland auf Grund der Grippe. Kurz: Viren und Bakterien haben die beste Zeit des Jahres in Sachen Verbreitung und wandern per Schmierinfektion von einem Wirt/einer Wirtin zum/zur anderen.
Doch 2020 ist alles anders: SARS-CoV-2 hat sich in Deutschland ausgebreitet und auch wenn einige Symptome ähnlich denen von Erkältung oder Grippe sind, kann COVID-19 andere - schwerere - Verläufe und Folgen haben: von Therapien mit Beatmung auf der Intensivstation, bis zu bleibenden z.B. neurologischen Schäden bei Menschen mit Long-COVID-Syndrom.
Eben weil COVID-19 gefährlicher ist als eine Influenzaerkrankung und schnelles Reagieren erfordert, sollte man seine Symptome erkennen lernen - doch genau das ist bisweilen für Laien und medizinisches Personal schwierig. Neuere Studien und verfestigte ältere Erkenntnisse helfen beim Überblick.
Corona Symptome
Zu den häufigsten erfassten Symptomen gehören laut RKI-Steckbrief (Stand 13.11.2020) Husten, Fieber, Schnupfen, sowie Geruchs- und Geschmacksverlust - in dieser Reihenfolge. Husten wurde in 41 Prozent der Meldedaten erfasst, Fieber in 31 Prozent, Schnupfen in 24 Prozent und Geruchs-/Geschmacksstörungen in 21 Prozent der Fälle. Weitere Symptome können laut RKI auch sein: Halsschmerzen, Atemnot, Kopf- und Gliederschmerzen, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Übelkeit, Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall, Konjunktivitis, Hautausschlag, Lymphknotenschwellung, Apathie, Somnolenz.
Starkes Symptom: Geruchs-/Geschmacksverlust?
Eine neue Studie von Forscher*innen des University College London kommt zu einer etwas anderen Gewichtung: Für die Studie wurden zwischen dem 23. April und dem 14. Mai 2020, der ersten Pandemiehochphase, fast 570 Proband*innen rekrutiert, nach ihren Symptomen befragt und auf Antikörper getestet. Ergebnis: Von den erfassten Personen mit Geruchs- und/oder Geschmacksverlust hatten 78 Prozent der SARS-CoV-2-Antikörper - sie hatten die Erkrankung also durchgemacht. Und von dieser Gruppe gaben etwa 40 Prozent an, keinen Husten oder Fieber gehabt zu haben.
Als zweites sehr häufiges Symptom in der Studie wurden Kopfschmerzen angegeben (64,3 Prozent). Die Leiterin der Studie, Prof. Rachel Batterham, riet Menschen mit auftretendem Verlust der Fähigkeit starke Alltagsgerüche wie Kaffee oder Knoblauch zu riechen dazu, sich selbst vorsichtshalber zu isolieren und, wenn möglich, einen Test auf COVID-19 zu machen.
Anosmie - der Verlust des Geruchssinnes
Wer seine Fähigkeit zu riechen verliert, muss nicht zwingend auf SARS-CoV-2 getroffen sein: Jährlich tritt bei schätzungsweise 50.000 Menschen in Deutschland ein Geschmacks- und/oder Geruchsverlust auf und auch andere Viren, beispielsweise Grippeviren, können bei einem schweren Verlauf Ursache sein. Auch von Parkinson- oder Demenzpatient*innen ist das Symptom bekannt - diese neurodegenerativen Erkrankungen beeinträchtigen die Nerven, die für die Übermittlung der Sinnesreize zuständig sind.
Es gibt aber auch "mechanische" Ursachen, die Geruchseinschränkungen bedingen können, dazu zählen z.B. Nasennebenhöhlenentzündungen oder Polypen. Auch geschwollene Schleimhäute können den Geruchssinn einschränken, ohne dass direkt ein neurologisches Problem vorliegt - das ist zum Beispiel auch bei einer Allergie häufig der Fall.
Ein vollständiger Geruchsverlust wird Anosmie genannt, ein teilweiser Hyposmie. Und Folge des eingeschränkten oder verlorenen Geruchssinnes ist dann auch wiederum oft der Geschmackssinn, denn der lecker Bissen im Mund wird tatsächlich sozusagen durch die Sinneszellen in der Nase "olfaktorisch ausgewertet".
Neurologische Symptome durch COVID-19
COVID-19 ist besonders als Atemwegserkrankung bekannt geworden. Tatsächlich zeigen aber inzwischen diverse Studien, dass es in einigen Fällen - besonders nach schweren Verläufen - auch zu neurologischen Beeinträchtigungen durch die SARS-CoV-2-Infektion kommen kann. Das RKI zählt z.B. Kopfschmerzen, Schwindel, neuropsychiatrische Symptome (z.B. Konzentrationsschwierigkeiten) und auch Schädigungen von Hirnnerven dazu.
Ebenso in den Fokus der Forschung und der Öffentlichkeit ist die Schädigung von Sinnesnerven gerückt, so beklagen viele Patient*innen, die COVID-19 überstanden haben, auch noch Wochen und Monate später den Verlust von Geruchs- oder Geschmackssinn (siehe Abschnitt: Starkes Symptom: Geruchs-/Geschmacksverlust?).
Für eine neue Studie aus dem US-amerikanischen Chicago wurden Krankheitsverläufe von insgesamt 509 Patient*innen aus zehn Kliniken der Stadt im Hinblick auf neurologische Symptome untersucht, um etwas mehr über die Häufigkeit bei COVID-19 zu erfahren. Ergebnis: Schon zu Beginn der Erkrankung wiesen 42,2 Prozent solche Symptome auf - im Verlauf der Erkrankung stieg der Anteil auf über 80 Prozent. Alle Proband*innen der Studie hatten schwere Verläufe, waren im Krankenhaus behandelt worden, 134 hatten beatmet werden müssen.
Der größte Teil der Patient*innen litt unter Muskel- und Kopfschmerzen (44,8 und 37,7 Prozent), bei rund einem Drittel der Proband*innen wurden Enzephalopathien diagnostiziert, also Hirnschädigungen. Auch wenn dies nur eine Studie von vielen ist, liefert sie doch einen deutlichen Hinweis darauf, dass gerade bei COVID-Betroffenen mit schwereren Verläufen auch die neurologischen Symptome auf dem Schirm und im Fokus der Behandelnden stehen sollten.