Leistenbruch: Mann hält sich schmerzenden Unterbauch (Bild: colourbox.de)
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- Leistenbruch (Leistenhernie): Wenn die Bauchwand nachgibt

Beim Leistenbruch ist die Bauchwand durchbrochen. Das verursacht erst kaum Beschwerden, kann aber zum Notfall werden. Wie erkenne ich Leistenhernie?

Drei Fakten in Kürze

•  27 Prozent der Männer und 3 Prozent der Frauen bekommen im Laufe ihres Lebens einen Leistenbruch, so die Deutsche Herniengesellschaft.
•  Das Risiko für einen Leistenbruch steigt mit dem Alter, da die Belastbarkeit des Bindegewebes im Bauchraum abnimmt.
•  Ein Leistenbruch heilt nicht von allein - Patientinnen und Patienten brauchen früher oder später eine Operation im Bereich der Bauchhöhle.

Der Leistenbruch ist kein Bruch, wie man ihn von einem Knochen kennt und geschieht unspektakulär: Meist bemerkt man ihn darum nur zufällig und nicht bedingt durch besonders schmerzhafte Beschwerden im Bauchraum.
 
Plötzlich ist da eine weiche Schwellung in der Leiste. Sie kann im Lauf der Zeit wachsen und sich zu einer Beule entwickeln. Was kann man gegen den Leistenbruch tun? Hilft ein Bruchband oder doch nur eine Operation? Und welche Verfahren werden bei einer OP heute eingesetzt?

Was ist ein Leistenbruch?

Ein Leistenbruch, auch Leistenhernie genannt, ist ein so genannter Eingeweidebruch im Bereich des Leistenkanals. Beim Leistenbruch kommt es also nicht wirklich zu einem "Bruch", wie bei einem Knochen, sondern es bildet sich ein Riss in der Bauchwand. "Hernie" bedeutet dementsprechend auch Eingeweidebruch.
 
Durch den Bruch beziehungsweise Riss drängen Teile der Bauchhöhle aus dem Bauchraum nach außen: das Bauchfell, Fettgewebe, beziehungsweise die Eingeweide. Da diese Ausstülpung wie ein kleiner Sack aussieht, nennt man sie auch Bruchsack. Ein Leistenbruch kann einseitig und auch doppelseitig passieren.
 
Bei einem angeborenen Leistenbruch (laterale Leistenhernie) ist bereits bei der Geburt von Patientin oder Patient eine Lücke vorhanden, die sogenannte Bruchpforte. Beim erworbenen Leistenbruch (mediale Leistenhernie) entwickelt sich diese Bruchpforte erst im Laufe des Lebens, häufig infolge von schwachem Bindegewebe, verbunden mit schwerem Heben und Tragen.
Ein Leistenbruch verursacht nicht immer solch klare Beschwerden wie Schmerzen und ist zu Beginn meist ungefährlich. Gerade wenn sich "nur" das Bauchfell vorwölbt - das ist eine Haut, die den Bauchraum von innen auskleidet. Es kann aber auch passieren, dass anfangs oder im Verlauf der Erkrankung ein Teil des Darms aus der Bruchpforte heraustritt. Dann wird der Leistenbruch zum medizinischen Notfall und bedarf dringend einer Operation.
 
Bauchwandbrüche (Hernien) können an verschiedenen Stellen der Bauchwand auftreten: als Bruch am Nabel (Nabelhernie), am Zwerchfell (Zwerchfellhernie) oder an Narben (Narbenhernie). Der häufigste Bauchwandbruch ist allerdings die Leistenhernie.

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Wie sieht ein Leistenbruch aus?

Wichtige Faktoren für das Erscheinungsbild einer Leistenhernie sind:
•  Ein Leistenbruch zeigt sich häufig durch eine weiche, verschiebbare Vorwölbung / Schwellung in der Leiste. Diese Schwellung verstärkt sich durch Druckerhöhung wie Husten, Niesen oder Pressen.
•  Ist die Schwellung prall und hart, kann das auf einen eingeklemmten Darm hindeuten.
•  Bei viel Fettgewebe ist ein Leistenbruch schwieriger zu erkennen.

Das sind Symptome für den Leistenbruch

Ein Leistenbruch kann mit oder ohne Schwellung in der Leiste einhergehen, mit oder ohne alarmierende Beschwerden wie Bauchschmerzen.
 
Schmerzen in der Leistengegend infolge eines Leistenbruchs werden als Ziehen oder als Druckgefühl beschrieben. Bei Männern können die Schmerzen bis in den Hodensack ausstrahlen, bei Frauen bis in die Schamlippen. Die Schmerzen verstärken sich beim Niesen, Husten, Heben schwerer Lasten oder beim Pressen während des Stuhlgangs.
 
Zu starken Schmerzen kommt es, wenn bei einem Leistenbruch eine Darmschlinge eingeklemmt ist. Außerdem können Fieber, Erbrechen oder Übelkeit auftreten. Eine lebensgefährliche Situation ist entstanden. Es droht ein Darmverschluss oder eine Bauchfellentzündung. Man sollte sofort die Rettung rufen oder in ein Krankenhaus fahren.

Ursachen: Wie entsteht ein Leistenbruch?

Als Leiste wird der Bereich zwischen Bauch und Oberschenkel bezeichnet. In der Leiste verläuft auf beiden Seiten der Leistenkanal. Durch diese vier bis fünf Zentimeter lange Röhre ziehen Nerven, Blutgefäße und Lymphbahnen. Beim Mann verlaufen außerdem der Samenstrang vom Inneren nach außen durch den Leistenkanal und bei der Frau das Mutterband, das die Gebärmutter fixiert.
 
Der Leistenkanal verläuft durch die Bauchwand hindurch. Er stellt daher eine natürliche Schwachstelle der Bauchwand dar - entsteht der Leistenbruch hier, sprechen Ärztinnen und Ärzte vom indirekten Leistenbruch (laterale Leistenhernie). Manchmal wirkt sich das sofort aus: Bei vielen Frühgeborenen (Frühchen) hat sich die natürliche Lücke in der Bauchwand nicht vollständig geschlossen. Man spricht dann von einem angeborenen indirekten Leistenbruch.
Bei Männern ist der Leistenkanal von Natur aus weiter als bei Frauen. Männer sind daher häufiger vom Leistenbruch betroffen als Frauen. 
Aber auch während einer Schwangerschaft kann ein Leistenbruch wegen des hohen Drucks auf den Bauchraum der Frau entstehen.
 
Im Gegensatz zum indirekten Leistenbruch, bei dem die Vorwölbung des Bauchfells (auch als Bruchsack bezeichnet) durch den besagten Leistenkanal zieht, sprechen Ärztinnen und Ärzte von einem "direkten Leistenbruch" (mediale Leistenhernie), wenn die Bauchwand tatsächlich direkt durchbrochen wird. Diese Unterscheidung bezieht sich auf den Beginn des Leistenbruchs - später kann auch der Bruchsack / die Vorwölbung einer direkten Leistenhernie sozusagen Anschluss an den Leistenkanal finden.
Die anatomischen Hintergründe bedingen noch einen wichtigen Unterschied: Der direkte Leistenbruch ist immer erworben und nicht angeboren. Die mediale Leistenhernie entsteht also im Laufe des Lebens. Beim indirekten Leistenbruch (eben über den Leistenkanal) gibt es beide Möglichkeiten - erworben oder angeboren.
 
Generell wird die Leistenregion stark beansprucht und ist viel Druck ausgesetzt, etwa beim Tragen schwerer Lasten oder beim Husten und Niesen. Das kann das Risiko für einen Leistenbruch erhöhen.

Risikofaktoren für einen Leistenbruch

Früher sagte man, man könne sich "einen Bruch heben". Heute sehen das viele Ärztinnen und Ärzte differenzierter: Belastung gilt demnach nur als einer von vielen Risikofaktoren für den Leistenbruch.
Das Risiko für einen Leistenbruch steigt meist langsam über einen langen Zeitraum - über Jahre und sogar Jahrzehnte. Bei Männern ist es anatomisch bedingt grundsätzlich höher als bei Frauen.
 
Weitere Risikofaktoren für den Leistenbruch sind beispielsweise:
•  angeborene Bindegewebsschwäche
•  Übergewicht oder gar Adipositas,
•  die Schwangerschaft
•  erhöhter Druck im Bauchraum und auf die Bauchwand, beispielsweise durch chronische Verstopfung und Pressen beim Stuhlgang oder starken, chronischen Husten,
•  Vernarbungen nach Operationen im Bauchbereich.

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Diagnose: Wie stellt man einen Leistenbruch fest?

Bei Verdacht auf einen Leistenbruch sollte man sich zügig an die Hausärztin oder den Hausarzt wenden. Sie beziehungsweise er wird den Leistenbereich im Stehen und im Liegen abtasten und bitten, zu husten oder zu pressen. So kann die Bruchstelle in der Leiste meist eindeutig ertastet werden.
Bei unklarer Diagnose erfolgt eine Ultraschalluntersuchung oder eine Magnetresonanztomografie (MRT).

Behandlung: Ein Leistenbruch verschwindet nicht von allein

Ein Leistenbruch bildet sich nicht von selbst zurück. Die Bruchlücke kann im Lauf der Zeit sogar größer werden. Es besteht das Risiko der Einklemmung von Eingeweideteilen (Inkarzeration). Das kann manchmal sehr schnell gehen.
 
Um eine Notoperation zu vermeiden, sollte man die Behandlung des Leistenbruchs nicht allzu lange aufschieben. Männer können meist einige Wochen bis Monate warten - bei Frauen ist das anders.

Leistenbruch bei Frauen sollte schneller behandelt werden

Frauen wird schneller zur Operation geraten, da bei ihnen eher Komplikationen wie eine Einklemmung des Darms entstehen können. Außerdem verbirgt sich bei Patientinnen hinter einem Leistenbruch häufig ein Schenkelbruch. Dabei bildet sich die Bruchpforte zwischen Leistenband und Beckenwand. Der Schenkelbruch trifft Frauen in höherem Alter und kann oft erst während einer Operation des Leistenbruchs erkannt werden.

Hilfe für den Darm

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Behandlungsmethoden beim Leistenbruch: Muss es die OP sein?

Früher empfahl man Patientinnen und Patienten bei Leistenbruch ein Bruchband oder einen Leistenbruchgürtel. Doch damit wird der Bruchsack lediglich zurückgedrängt, der Riss in der Bauchwand wird nicht behoben. Durch den Druck des Bruchbandes kann es zu Entzündungen kommen, der Bruchsack kann sich sogar vergrößern.
 
Das einzige echte Verfahren für eine Therapie bei Hernie der Leiste ist die Operation: offen oder minimalinvasiv. Ziel: Die Hernie mit Hilfe eines Kunststoffnetzes abdichten. Standard ist heute die minimalinvasive Operation (endoskopisches Verfahren), bei der Patientin oder Patient unter Vollnarkose eine Kamera und die Instrumente durch kleinste Schnitte der Bauchdecke in die Bauchhöhle eingeführt werden. Im Detail bedeutet das, dass immer ein Netz aus Kunststoff zwischen Bauchdecke und Bauchfell eingefügt wird - dieses Netz stabilisiert den Leistenbereich dann. Man nennt das TAPP-Verfahren.
 
Die Operation kann auch offen stattfinden, über einen Bauchschnitt. Bei der so genannten Lichtenstein-Methode wird ebenfalls ein Kunststoffnetz über den Bruch beziehungsweise die Bruchpforte gelegt und fixiert. Die offene OP-Methode nach Shouldice verzichtet auf das Kunststoffnetz, stattdessen wird der Bruch vernäht.
Welche Methode gewählt wird, hängt von individuellen Voraussetzungen bei Patientin beziehungsweise Patient ab, sowie der Lage und dem Umfang der Hernie.

Wie kann man einem Leistenbruch vorbeugen?

Einem Leistenbruch kann man bis zu einem gewissen Grad vorbeugen. Man sollte:
• Übergewicht vermeiden, um die Bauchwand zu entlasten,
• Bauchmuskeln gut trainieren,
• Heben schwerer Lasten vermeiden, vor allem bei Bindegewebsschwäche,
• möglichst Verstopfung und damit Pressen meiden, indem man viel trinkt und sich ballaststoffreich ernährt,
• chronischem Husten durch Rauchen vorbeugen, indem man das Rauchen aufgibt.

Beitrag von Autorin Carola Welt

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