3D Grafik eines weiblichen Rückens (Bild: Colourbox)
Bild: Colourbox

Hilfe für den Rücken - Tragende Rolle: Wie die Tiefenmuskulatur uns stützt

Die Tiefenmuskulatur stärkt Wirbelsäule und Nacken, hilft beim Gleichgewicht - wichtige auch gegen Rückenschmerzen. Aber: Wie kann man sie trainieren?

Die Tiefenmuskulatur stärkt die Wirbelsäule und den Nacken, gleicht Unebenheiten im Boden aus und hilft uns damit das Gleichgewicht zu halten - alles Fähigkeiten, die es in jeder Lebensphase dringend braucht, gerade in einer Welt der Rückenschmerzen. Das kleine Problem: Diese Tiefenmuskeln lassen sich nicht einfach wie ein Bizeps anspannen und trainieren. Wie hält man sie also stark und fit? Die rbb Praxis hat Infos und Tipps für Sie zusammengefasst.

Was ist die Tiefenmuskulatur?

Die Feinarbeit, die sie in unserem Körper leisten, ist von außen kaum zu sehen und an einem Strand posen kann man mit dieser speziellen Muskelgruppe auch nicht - und doch stützen die sogenannten Tiefenmuskeln im wahrsten Sinne des Wortes unser Rückgrad, den sie stabilisiert in Millisekunden unseren Körper.
 
Die Tiefenmuskulatur besteht aus vielen kleinsten Muskeln, die zur autochthonen Muskulatur gehören, und verbindet unter anderem Wirbelkörper miteinander. So stabilisiert die Tiefenmuskulatur Wirbelkörper untereinander und schützt und stützt damit schon bei kleinsten Bewegungen. Es gibt sie sowohl in der Hals- wie auch in der Lendenwirbelsäule, auch in der Brustwirbelsäule wirken Tiefenmuskeln, sind aber weniger essentiell, wenn es um Rückenschmerzen geht - eine der häufigsten Erkrankungen in Deutschland.

Mehr zum Thema

RSS-Feed
Ursachen: Schmerz aus der Tiefe des Rückens

Deutsche sitzen im Mittel siebeneinhalb Stunden pro Tag - junge Erwachsene sogar neun Stunden und die Zahl der Büroarbeitsplätze, bei denen besonders viel gesessen wird, steigt seit Jahren. Doch im Sitzen verharrt unser Muskelapparat oft über Stunden in ähnlicher Position. Wenig zu tun - und das heißt wenig Training - für die gesamte Rückenmuskulatur. Das sorgt für Verhärtungen und Verkümmerung der Muskeln.
 
Wo gerade die Tiefenmuskulatur ihren Aufgaben nicht mehr gewachsen ist, sorgt das oft für schmerzhafte Probleme, sagt die Physiotherapeutin Bettina Naumann aus Berlin-Schmargendorf: "Zum einen verändert sich die Haltung dadurch und das kann immer dazu führen, dass die Gelenke überlastet werden, dass Nerven gedrückt und gequetscht werden, dass Gefäße nicht mehr richtig funktionieren und Blut weiterleiten können und das kann alles eine Schmerzsymptomatik mit sich bringen. Man kann beispielsweise im Nackenbereich Kopfschmerzen bekommen, im Lendenwirbelsäulenbereich sind es dann klassisch die Rückenschmerzen, weil die Muskulatur einfach nicht abfängt und ausfedert sozusagen."

Tricksen für starke Muskeln im Untergrund

Während die großen oberflächlichen Muskeln vor allem die Aufgabe haben, unsere Gelenke zu bewegen, sind die kleineren Muskeln in der Tiefe für die Feinarbeit der Bewegungskoordination und die Stabilisierung vor allem des Rückens zuständig. Laufen wir beispielsweise auf unstetem Untergrund, wie im Sand, haben sie besonders viel zu tun und gleichen minimalste Unebenheiten wieder aus. Dieser Effekt kommt zum Beispiel auch beim Barfußlaufen auf verschiedenen Untergründen gut zum Tragen, aber auch beim Balancieren auf einem Bein oder beim Training auf einem Trampolin.
 
Zur Tiefenmuskulatur gehören klassicherweise die weit unter der Hautoberfläche liegenden Anteile der Rücken-, Bauch- und Beckenbogenmuskulatur. Ihr Training wirft allerdings ein besonderes Problem auf: Sie lassen sich nicht willentlich direkt ansteuern, wie z.B. ein Bizepsmuskel, sagt Bettina Naumann: "Autochthone Muskulatur nennt man das auch auf schlau: Das heißt, ich kann diese Muskeln nicht willkürlich anspannen und trainieren und muss ein bisschen Tricksen. Und es gibt immer Synergismen im Körper, das heißt: Ich kann andere Muskeln nehmen, die ich willkürlich anspannen kann und dann springt automatisch diese unwillkürliche Muskulatur mit an und so kann ich da ein Training erzielen."

So hat kleines Training große Effekte

EMS-Training, also elektrische Muskelstimulation, ist in Fitnessstudios ein großer Trend zum ganzheitlichen Workouts, das auch die Tiefenmuskeln trainiert, ebenso, wie z.B. Yoga. Aber es muss nicht immer ins teure Fitnessstudio gehen, um die Tiefenmuskulatur anzusprechen. Der Lendenwirbelsäule hilft es z.B. tatsächlich auch einfach mal den Bauch einzuziehn, so die Physiotherapeutin Naumann: "Das geht einmal über den querverlaufenden Bauchmuskel, das ist der Transversus Abdominis - der macht auch eine schöne Taille. Das heißt, wenn man den fleißig trainiert, dann tut man seiner Figur auch was Gutes. Dann sollte man den querverlaufenden Bauchmuskel anspannen, das kann man machen, indem man entweder versucht den Bauchnabel einzuziehen oder sich vorstellt - das ist für manche einfacher - man zieht den Unterbauch an und das ist dieses Gefühl: Ich hole meine Sommerjeans vom letzten Jahr raus und passe da nicht mehr richtig rein, dann ziehe ich den Unterbauch ein, um den Knopf noch richtig zu zu kriegen. Und wenn ich dazu noch den Beckenboden anspanne, dann springen automatisch meine Tiefenmuskeln mit an und werden dementsprechend trainiert."

Training durch schwankenden Boden

Weil die Tiefenmuskulatur im Rücken aber eben auch dann trainiert wird, wenn sie sozusagen unwegsamen Untergrund ausgleichen muss, lässt sich damit auch "wirkungsvoll tricksen": So trainieren z.B. auch Balancierbretter oder -kissen, Stand Up-Paddling oder Trampolinfitness diese Muskelgruppe. Bei den Trampolinen sind es allerdings die kleinen, tief in die Sprungfläche gearbeiteten Sprünge oder einfach Balanceübungen, die helfen. Das große Hüpfen für den Spaß auf dem Gartentrampolin belastet dagegen eher Gelenke.  
 
Anfänger können - ganz ohne Trainingsgerät - erst einmal auf einem Bein mit dem Training starten: Einfach drei Mal jeweils für zehn Sekunden auf einem Bein balancieren. Wahlweise können die Arme dabei ausgestreckt sein oder z.B. für einen verstärkten Effekt auf und ab bewegt werden oder kreisen. Wenn das schon klappt, kann das Bein in der Luft nach vorn und/oder hinten gestreckt oder zwischen beidem gewechselt werden. Auch das Drehen des Oberkörpers nach links oder rechts kann das Training verstärken.

Tipps: Training bis in die Tiefe der Muskeln

  • Schwingstab

  • Trampolin

  • Wasserröhre

  • Gymnastikball

  • Balancepad

  • Slackline

Hilfe auch für den Nacken

Die Tiefenmuskulatur stärkt und stützt übrigens nicht nur unseren Rücken, sondern diese kleineren Muskeln gibt es auch im Nacken. Im Büroalltag ist diese Musklulatur durch ständiges Starren auf Bildschirme unterhalb der Augenhöhe besonders gefährdet zu verkümmern, während die großen Muskeln unter Dauerstress leiden. Im Fall von Smartphone, Tablet oder Laptop liegt dieser Bildschirm in der Regel auch noch weit unter der Sichthöhe. Folge: Der Kopf wird gebeugt. Dabei wirken enorme Kräfte: bei einem Winkel von 45 Grad Kopfneigung drücken 24 Kilo auf die sieben Halswirbel. Die Folge: Muskeln verkürzen sich, verhärten in der Anspannung und blockieren. Das führt zu Schmerz. 
 
Wichtigstes Prinzip lautet deshalb auch hier: Die Tiefenmuskulatur im Alltag ihren Job machen lassen und so fit halten, beispielsweise indem man immer wieder bewusst den Kopf hoch nimmt und nach vorn schaut, Büromöbel anpasst und dem Nacken durch langsames drehen und vor- und zurückbeugen des Kopfes Abwechslung bei der Bewegung verschafft.

Auch kleine Trainingsschritte zählen

Wer seinem Rücken Gutes tun will, muss nicht zum Supersportler werden: Laut Experten und z.B. auch dem Verein Aktion gesunder Rücken e.V. reicht schon eine halbe Stunde in der Woche für spürbar positive Effekte aus. Entscheidend ist die Regelmäßigkeit des Trainings, sagt auch Bettina Naumann: "Das Wichtigste ist, dass man fleißig ist und nicht in dem Moment aufhört, wo es dem Rücken besser geht - dann baut die Muskulatur automatisch wieder ab. Wir sagen immer: Die Funktion erhält das Gewebe - wenn ich einen Muskel nicht bewege und nicht regelmäßig trainiere, dann ist der Körper sehr faul und ökonomisch und baut Masse, die er nicht braucht wieder ab, um sie nicht versorgen zu müssen."

Beitrag von Lucia Hennerici

Zum Weiterlesen

Seniorenpaar liegt sich lächelnd im Arm (Bild: imago/Westend61)
imago/Westend61

"Silver Sex" - Das Liebesleben hat kein Ablaufdatum

Falten, Wechseljahre, Krankheit, aber auch Gelassenheit und Erfahrung: Mit den Jahren verändern sich Psyche und Körper – und mit ihnen oft auch die Bedürfnisse im Bett. Das muss nicht dazu führen, dass man keinen Sex mehr hat. rbb Praxis erklärt, warum Sexualität sich im Alter wandelt – und wie man trotzdem ein erfülltes Liebesleben haben kann.