Schmerzgel auf Haut (Bild: imago/Medicimage)
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Arzneimittel zum Schmieren - Hilfe gegen Schmerzen: Wie wirken Salbe & Schmerzgel?

Schmerzgel mit Wirkstoffen wie Diclofenac (Voltaren, Diclo, etc.), Ibuprofen & Co. soll bei Schmerz durch Entzündung, Zerrung oder Prellung helfen. Wirkt es?

Die Summe ist hoch: Etwa 375 Millionen Euro geben die Deutschen jedes Jahr für Schmerzgel aus der Apotheke aus, zum Beispiel gegen Schmerzen durch Unfallverletzungen, wie Prellungen, Verstauchungen oder Zerrungen.
 
Doch welche Arzneimittel in Form von Schmerzgels gibt es? Wie klappt die Anwendung? Wie helfen sie und wann sollte man bei Schmerzen an Muskeln und Gelenken lieber nicht zu den Arzneimitteln greifen, um Nebenwirkungen zu vermeiden?
 
Sportmediziner Dr. Alexander Beier erklärt, wie wirksam Schmerzsalbe und Schmerzgel wirklich sind.

Was bewirkt Schmerzgel?

Herr Dr. Beier, was bringen Schmerzgel und Schmerzsalbe aus der Apotheke?
 
Da muss man unterscheiden zwischen Kühlgels und Salben, die eher wärmend wirken. Entscheidend sind hierbei die Inhaltsstoffe und die Anwendung: Gels müssen lediglich auf die Haut aufgetragen werden. Bei Salben reicht das nicht aus. Diese wirken nur, wenn man sie in die Haut einreibt.

Haben Sie zum Beispiel eine Schwellung - wie bei einem umgeknickten Fuß - dann würde ich zu einem Kühlgel raten. Bei chronischen Schmerzzuständen sind Salben, die durch prostaglandinhemmende Inhaltsstoffe eher entzündungshemmend wirken, das Mittel der Wahl.
 
Wirkstoffe wie Diclofenac, Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen hemmen Prostaglandine und unterdrücken den lokalen Entzündungsreiz, zum Beispiel bei Muskelschmerzen, aber auch bei Arthrose bedingten Beschwerden. Diese Schmerzsalben oder Schmerzgels sind für akute, leichte oder mittelstarke Schmerzen geeignet.

Anwendung: Wie effektiv ist Schmerzgel wirklich?

Es gibt immer wieder Studien, die sagen, dass einige Schmerzgels nahezu wirkungslos sind. Bringen sie also keine Linderung und kann ich die Anwendung dieser Arzneimittel darum gleich lassen?
 
Nein, dem würde ich nur bedingt zustimmen. Auch wenn man nicht immer eine wissenschaftliche Evidenz nachweisen kann, gibt es viele Patienten, die von Schmerzsalben und Schmerzgels profitieren. Sicher spielt da auch ein psychologischer Effekt eine Rolle. Zumindest berichten viele Patienten, dass es ihnen was bringt.
Gerade bei Patienten mit starken Arthrosen der Gelenke muss man sich aber fragen, ob es nun wirklich die Salbe oder das Gel ist, die durch Inhaltsstoffe wirken oder das Einreiben. Da würde ich mich jetzt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen wollen.

Die Strecke, die der Wirkstoff von der Haut zum Gelenk zurücklegen muss, ist doch oft recht weit. Aber wenn Sie eine Salbe verwenden, die zu einer stärkeren lokalen Durchblutung und Prostaglandinhemmung führen und so eine angenehme Wärme produzieren, dann bringt das schon etwas.
Früher wurden die Menschen am Rücken mit Franzbranntwein abgeklatscht, das hat auch die lokale Durchblutung gesteigert und so auch ein angenehmes Gefühl erreicht.
 
Ein bisschen schwerer tue ich mich wirklich bei einer Salbe gegen Arthrose. Ich halte es für relativ unwahrscheinlich, dass die Salbe bis zum Ort der Schmerzentwicklung vordringt und da frage ich mich manchmal: Ist es der Einreibeprozess oder die Salbe, die etwas bringen?

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Wirkung: Wann wird Schmerzgel angewendet und wie wirkt es?

Oft greift man ja nach Unfallverletzungen zu Arzneimitteln wie Schmerzgel & Co., z. B. bei Prellungen, Zerrungen oder Verstauchungen. Aber bei welcher Art von Beschwerden hilft die Anwendung von Schmerzsalbe oder Schmerzgel aus der Apotheke überhaupt?
 
Salben helfen bei Beschwerden, die relativ dicht unter der Haut sind, also Muskelzerrungen, -entzündungen und Verspannungen. Bei Schwellungen würde ich eher an Kühlgels denken, die über längere Zeit angewendet werden. Generell denke ich nicht, dass Salben oder Gels bei Beschwerden helfen, deren Ursache in den Gelenken selbst liegt.

Salbe und Schmerzgel: Können diese Arzneimittel auch bei chronischen Schmerzen Linderung bringen?
 
Ja, das machen Patienten mit chronischen Schmerzen häufig und sie berichten, dass es ihnen hilft. Und wenn es ein angenehmes Gefühl macht, ist es doch gut. Wie sagte schon Hippokrates so schön: Wer heilt, hat Recht.

Kurz erklärt

  • So wirken Schmerzgel & Schmerzsalbe

  • Anwendungsbereiche

Welches Schmerzgel gibt es? Was kann was?

Worauf muss ich bei der Anwendung achten, wenn ich ein Schmerzgel benutze? Welche Nebenwirkungen kann es bei den Arzneimitteln geben?
 
Bei entzündlichen Prozessen, zum Beispiel bei Zerrungen von Muskeln oder Überlastungen von Sehnen, sollte man darauf achten, dass in Gel oder Salbe ein entzündungshemmender Wirkstoff wie z.B. Diclofenac [Anm. d. Red.: zum Beispiel in Voltaren Gels und Salben], Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen enthalten ist.
 
Bei Entzündungen darf keine Wärmesalbe angewendet werden, denn diese würde die Entzündung verstärken. Liegt die Ursache der Muskelschmerzen also in einer Entzündung, muss kühlende Schmerzsalbe oder -gel ausgewählt werden.
 
Und wie ist das z. B. bei Prellungen, Zerrungen oder Verstauchungen?
 
Bei Schwellungen, zum Beispiel wenn man umgeknickt ist, sollte eine Kühlkomponente enthalten sein.

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Warum braucht man doch eine Schmerztablette, wenn es schlimmer ist?
 
Die Schmerztablette bringt ihren Wirkstoff über die Blutbahn in den Körper und damit wird der Wirkstoff überall hin verteilt. Schmerzgels und -salben entfalten nur eine lokale Wirkung und je tiefer sie einziehen müssen, damit sie ihre Wirkung entfalten, umso weniger werden sie wirken.
 
Kurz: Mit einer Tablette hat man eine systemische Wirkung, mit Schmerzgels und -salben eine lokale Wirkung von außen. Deswegen kann man Gels gut verwenden, wenn man z.B. an einer Tablettenunverträglichkeit leidet.
 
Wenn man Schmerztabletten nicht einnehmen kann und trotzdem etwas gegen die Beschwerden tun möchte, ist Einreiben gut - dann hat es wenigstens ein bisschen Wirkung. Klar ist aber, dass weder Salbe noch Tablette die Ursachen der Beschwerden behandeln. Sind die Ursachen der Schmerzen unklar, sollte in jedem Fall ein Arzt konsultiert werden.

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Wann sollte man Schmerzgel nicht anwenden?

Gibt es Menschen, die auf diese Arzneimittel und die Anwendung von Schmerzgels ganz verzichten sollten? Und welche Nebenwirkungen können Schmerzgels und -salben haben?
 
Nein, aus meiner Sicht nicht. Manchmal gibt es Unverträglichkeitsreaktionen an der Haut. Das liegt aber in der Regel nicht an den Wirkstoffen, sondern meistens an den Inhaltsstoffen der Salbe. Es kann also sein, dass es eine allergische Reaktion gibt und die Haut des Patienten die Salbe nicht verträgt.
 
Es werden unzählige Schmerzgels mit vielen verschiedenen Wirkstoffen angeboten - von Voltaren über Diclo, Diclox, ThemaCare oder Proff bis hin zu doc oder SOS. Worauf muss ich beim Kauf achten?
 
Ich sollte mir überlegen wofür die Salbe oder das Schmerzgel verwendet werden soll. Letztendlich kommt es auf den Inhaltsstoff an:
 
Salben, die Diclofenac, Acetylsalicylsäure (ASS) oder Ibuprofen beinhalten, werden hauptsächlich bei Muskelschmerzen eingesetzt.
 
Sind eine schlechte Durchblutung oder Verspannungen der Muskeln die Schmerzursache, eignen sich durchblutungsfördernde Schmerzsalben. In diesen Salben sind Capsaicin, Nicoboxil oder Benzylnicotinat enthalten, die bei Anwendung die Hautgefäße erweitern und damit die Durchblutung steigern. Die Wärme lockert Muskelverspannungen, woraufhin die Muskelschmerzen nachlassen.

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Viele Menschen haben ja Bedenken vor Nebenwirkungen von Arzneimitteln. Gibt es Hausmittel, die Schmerzsalbe oder Schmerzgel aus der Apotheke ersetzen können?
 
Viele meiner Patienten haben sehr gute Erfahrungen mit Quarkwickeln gemacht. Etwas Einfacheres gibt es nicht. Oder auch Kohlblätter sollen bei Schwellungen sehr angenehm sein. Das empfehle ich meinen Patienten zum Beispiel dann, wenn sie Schwellungen nach Operationen haben.

Nochmal Thema Nebenwirkungen von Arzneimitteln - wann heißt es: Finger weg von Schmerzgel & Co.?
 
Wenn die Ursachen der Schwellung und Schmerzen nicht bekannt sind. Dann rate ich vor Anwendung bei unklaren Schmerzen und Schwellungen unbedingt zunächst mit dem behandelnden Arzt die Schmerzursachen abzuklären.

Herr Dr. Beier, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Laura Will; ursprünglicher Beitrag: 30.07.2019

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