Medikamente richtig nutzen & lagern - Medikamente in Tropfen: Das sollten Sie wissen
Ob gegen Husten, Schmerzen oder für die Herzgesundheit: Medikamente in Tropfenform sind hochwirksame Konzentrate, die helfen können und haben entscheidende Vorteile gegenüber Pillen. Beispielsweise sind sie extrem individuell dosierbar. Aber die wirksamen Tropfen haben auch einige Tücken, die Nutzende kennen sollten. rbb Praxis hat Infos hier für Sie zusammengetragen.
Flüssige Arzneimittel können verschiedene Wirkstoffe enthalten: Drin stecken können sowohl Pflanzenöle, wie auch chemische Arzneistoffe, wie bei den Blutdrucksenkern Nifedipin oder zum Beispiel dem Schmerzmittel Tramadol. Auch Herztropfen können das Kreislaufsystem wesentlich beeinflussen und beispielsweise Herzleistung und die Durchblutung beeinflussen.
Kurz gesagt: Nur weil ein Medikament in flüssiger Form verabreicht wird, bedeutet das keineswegs, dass es weniger stark oder wirksam ist, als Tabletten und Pillen. Genau deshalb ist es wichtig über die Dosierung und Wirkmechanismen Bescheid zu wissen.
Vorteile und Tücken flüssiger Medikamente zur Einnahme
Flüssige Medikamente können in der Regel sehr individuell dosiert werden - ein großer Vorteil, der gerade bei kleinen Patientinnen und Patienten genutzt wird. Außerdem können auch Menschen mit Schluckbeschwerden diese Form der Arzneien oft besser und sicher einnehmen.
Und weil die Wirkstoffe in flüssiger Form eingenommen werden, können sie auch schneller verdaut und in den Blutkreislauf aufgenommen werden - das wirkt sich beschleunigend auf die Wirkung aus.
Tropfen sind nicht gleich Tropfen
In der Regel gibt es zwei verschiedene Systeme bei den Aufsätzen der Arzneiflaschen, mittels derer getropft wird:
Zentraltropfer: Sie haben eine Austrittsöffnung in der Mitte und meist eine Öffnung als Lufteintrittskanal. Die Fläschchen müssen für die präzise Dosierung gerade nach unten gehalten werden, sonst werden die Tropfen zu klein. "Diese Senkrecht- oder Zentraltropfer sollten auch nicht geschüttelt werden, weil sich dann die Tropfgeschwindigkeit und die Größe der Tropfen verändern kann. Und man sollte Zentraltropfer auch nicht schräg halten, weil dann auch wieder die Tropfengröße verändert wird und das letztendlich zu einer Fehldosierung kommen kann", sagt Dr. Kerstin Kemmritz, Apothekerin aus Berlin-Weißensee und Präsidentin der Berliner Apothekerkammer.
Randtropfer: Sie haben nur eine simple Öffnung ohne Lufteintrittskanal und sollten schräg - im Winkel von 45 Grad - zum Tropfen gehalten werden. Oft erkennt man sie an einer Abtropfhilfe - einem erweiterten Rand um die Tropföffnung.
Beide Tropfsysteme können bei falscher Anwendung ihre Tücken haben, allerdings sind die Hersteller in der Regel darauf eingestellt. Dr. Kerstin Kemmritz: "Darum werden solche Tropfsysteme eigentlich nur noch bei Arzneimitteln verwendet, wo es nicht ganz so wichtig ist, wenn es mal ein oder zwei Tropfen mehr oder weniger sind. Arzneimittel, die eine sogenannte geringere therapeutische Breite haben oder hochwirksame Arzneistoffe enthalten, werden entweder mit Pipetten über Milliliter oder über Hub-Systeme dosiert. Damit man sicher sein kann, dass man nicht auf die eine oder andere Art zu viel oder zu wenig Arzneimittel einnimmt."
Übrigens: Oft ist die Art des "Tropfers" auf der Verpackung von außen schwer oder gar nicht zu erkennen. Es lohnt sich bei bestimmten Vorlieben also auf jeden Fall bei Apothekerin oder Apotheker nachzufragen.
Hilfen gegen Tücken beim Tropfen
"Vor allen Dingen Personen mit Sehschwäche haben ihre Schwierigkeiten, die fallenden Tropfen richtig zu beobachten und damit auch richtig durchzuzählen. Man kann den Trick versuchen in einem leeren Plastikbecher Tropfen akustisch zu zählen, also durch das leichte Geräusch mitzubekommen, wie viele Tropfen man dosiert hat", sagt die Präsidentin der Berliner Apothekerkammer.
Weil der Bechertrick aber vor allem bei älteren Patientinnen und Patienten mit Hörbeschwerden oft nur mäßig funktioniert, gibt es inzwischen weitere Hilfssysteme, so Dr. Kemmritz: "Die Tropfen werden dann gar nicht mehr gezählt, sondern z.B. nach Millilitern in einem ganz kleinen Becher abgemessen oder mit einer Pipette aus der Flasche entnommen. Oder, noch besser und moderner, mit entsprechenden Dosierpumpen, auf die man - ähnlich wie bei einem Seifenspender - einfach drauf drückt und dann eine entsprechende Menge an Tropfen aus der Flasche heraus hebt."
Lösungs- und Konservierungsstoffe
Bei flüssigen Arzneimitteln sind die Wirkstoffe bzw. Pflanzenöle meist in Hilfstoffen gelöst. Das können Lösungshelfer wie Alkohol sein - z. B. Ethanol. Außerdem stecken nicht selten Verdickungsmittel wie Zellulose, Farbstoffe, Süßungs- und Konservierungsmittel in der Flüssigkeit, oft ergänzt durch Geschmacksstoffe.
Gerade das Thema Alkohol ist für viele Patientinnen und Patienten wichtig - für abstinente Alkoholiker und Alkoholikerinnen natürlich besonders. Dr. Kerstin Kemmritz: "Allerdings muss man auch sagen, dass Alkohol wirklich ein hervorragendes Lösungsmittel gerade für Pflanzenextrakte ist. Und er ist auch ein sehr gutes Konservierungsmittel. Die Alkoholmenge, die man beim anwenden von 10 oder 20 Tropfen zu sich nimmt - diese Dosis kommt oft vor - entspricht noch nicht einmal dem, was man beim Essen einer gut gereiften Banane oder auch eines Vollkornbrotes an Alkohol zu sich nehmen würde."
Die Aufbewahrung
Ist die Flasche erst einmal zum Einsatz gekommen, kann es auch auf die richtige Aufbewahrung ankommen, um die Wirksamkeit des Medikamentes zu erhalten, so Dr. Kerstin Kemmritz: "Hat man eine Packung mit Tropfen angefangen, kann es sein, dass die Haltbarkeit dieser geöffneten Packung reduziert ist - das ist dann jeweils auf der Verpackung oder im Beipackzettel vermerkt. Viele der Tropfen enthalten jedoch Alkohol als Lösungs- und Konservierungsmittel und sind auch nach Anbruch genauso lange haltbar, als wenn sie noch nicht geöffnet wären. Also da lohnt sich auf jeden Fall der Blick auf die Verpackung. Kühl gelagert werden müssen die meisten Tropfen nicht. Falls doch, ist auch das dann auf der Packung vermerkt, beziehungsweise die Apotheke gibt beim Kauf der Arzneimittel auch den entsprechenden Hinweis."
Vorsicht beim Arzneimittelwechsel
Wenn auf Rat des Arztes oder durch Rabattverträge der Krankenkassen ein neues oder anderes wirkungsgleiches Medikament (Generikum) verwendet wird, kann das neue Fläschchen auch eine andere Konzentration oder ein anderes Tropfsystem bereithalten. Patientinnen und Patienten sollten auf Folgendes achten, rät Apothekerin Dr. Kemmritz: "Auf jeden Fall lohnt eine Rückfrage in der Apotheke. Gerade wenn zwischen verschiedenen Firmen gewechselt wird, ist es besser, wenn die Dosierung nicht in Tropfenzahlen angegeben ist - weil 20 Tropfen mit einem Senkrechttropfer andere Arzneimittelmengen enthalten können, als 20 Tropfen eines Randtropfers. Besser ist es, die Arzneimittelmengen [z. B. durch den Arzt] in Milligramm angeben zu lassen und jeweils umzurechnen, wie viele Tropfen man von dem einen und wie viele von dem anderen System anwenden müsste.
Dennoch muss im Normalfall niemand Sorge haben, wenn er einen Tropfen mehr oder weniger zu sich nimmt. Denn Tropfen werden eben nur dann eingesetzt, wenn es sich um sichere Arzneimittel mit einer großen therapeutischen Breite handelt, wo der Unterschied zwischen ein oder zwei Tropfen zu vernachlässigen ist."
Arzneimittel, bei denen die Dosierung besonders kritisch sein kann, seien beispielsweise Schilddrüsenhormone, einige wenige Herz-Arzneimittel oder auch Psychopharmaka. Bei denen würden dann aber inzwischen meist auch andere Darreichungsformen und -systeme verwendet.
Die Einnahme
Doch wie nimmt man die Tropfen dann auch richtig ein? Gerade kleine Mengen von wenigen Tropfen sind schwer allein zu schlucken - sie können auf einen Löffel oder in einen Becher Wasser gegeben werden, den man dann vollständig leert.
Schmecken die Tropfen bitter, kann das Tropfen auf ein Zuckerstück helfen. Aber: Ein Tropfen in den Kaffee oder Tee beispielsweise empfiehlt sich nicht, so Dr. Kemmritz: "Das empfiehlt sich nicht nur wegen der Temperatur nicht, sondern es gibt einige Tropfen, deren Bestandteile mit Tee oder Koffein Komplexe ausbilden könnten, sodass möglicherweise die Wirkung leicht verändert sein kann." Auch bei Fruchtsäften kann eine Wechselwirkung entstehen - Wasser zur Einnahme ist daher die erste Wahl.