Finanzpaket über 500 Milliarden Euro geplant - Bundestag stimmt für Lockerung der Schuldenbremse

Di 18.03.25 | 16:49 Uhr
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Abstimmung im Deutschen Bundestag - Hauptthema dieser zweiten Sondersitzung des alten Bundestages nach der vorgezogenen Bundestagswahl ist die Reform der Schuldenbremse als Voraussetzung für das geplante milliardenschwere Finanzpaket der zukünftigen Bundesregierung für Verteidigung, Infrastruktur, und Klimaschutzmaßnahmen. (Quelle: dpa/Noroozi)
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Video: rbb24 Abendschau | 18.03.2025 | B. Hermel, F. Meyer und T. Schmutzler | Bild: dpa/Noroozi

Die Entscheidung hat historische Dimensionen: Der Bundestag hat am Dienstag ein milliardenschweres Finanzpaket abgesegnet. Die Schuldenbremse soll gelockert werden. Die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit kam zustande.

  • Bundestag billigt Milliarden-Finanzpaket von Union und SPD
  • Schuldenbremse soll gelockert werden
  • Zweidrittelmehrheit klar erreicht
  • Bundesrat muss noch zustimmen
  • Woidke lässt Abstimmungsverhalten offen, Wegner fordert Tempo bei Investitionen

Der Bundestag hat grünes Licht für ein historisches Finanzpaket von Hunderten Milliarden Euro für Infrastruktur, Verteidigung und Klimaschutz gegeben.

Die Abgeordneten stimmten am Dienstag den dafür nötigen Grundgesetzänderungen mit der benötigten Zweidrittelmehrheit zu. 513 Abgeordnete stimmten dafür, 207 dagegen.

Bevor die Schuldenpläne Realität werden können, muss am Freitag allerdings noch der Bundesrat zustimmen.

500-Milliarden-Paket und Lockerung der Schuldenbremse

Bei Verteidigung und Infrastruktur gibt es in Deutschland einen riesigen Investitionsstau. Nun soll die Schuldenbremse - die der Neuverschuldung des Bundes enge Grenzen setzt - für Ausgaben in Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit gelockert werden. Für alle Ausgaben in diesen Bereichen, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, dürfen Kredite aufgenommen werden - das wäre nach Rechnung der Politiker in diesem Jahr alles über etwa 44 Milliarden Euro.

Außerdem wird ein Sondervermögen geschaffen, für das die Schuldenbremse nicht gilt und das mit Krediten bis zu 500 Milliarden Euro gefüttert wird. Daraus soll die Instandsetzung der maroden Infrastruktur - also Brücken, Energienetze, Straßen oder Schulen - bezahlt werden. 100 Milliarden Euro sollen fest in Klimaschutz und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fließen. Das Geld darf aber nur fließen, wenn im normalen Kernhaushalt eine angemessene Investitionsquote gilt - damit wollen die Grünen verhindern, dass das Geld genutzt wird, um auf Umwegen Wahlgeschenke zu finanzieren.

Deutliche Kritik von AfD, FDP, Linke und BSW

Für den Beschluss war noch einmal der alte Bundestag einberufen worden, weil die Mehrheitsverhältnisse im nächsten Bundestag ein Ja schwierig gemacht hätten. Außerdem hatten Union und SPD lange um die Zustimmung der Grünen geworben und ihnen einige Zugeständnisse gemacht.

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann rechnete dennoch mit dem mutmaßlichen nächsten Kanzler Friedrich Merz ab. Auch er habe bereits im vergangenen Jahr gewusst, dass Deutschland dringend Investitionen und zugleich mehr Geld für die Verteidigung brauche. Die Union aber habe das öffentlich nie zugegeben und die Grünen sogar noch für entsprechende Forderungen diffamiert. "Aber ich bin dennoch in der Sache froh, dass wir das jetzt heute so entscheiden, denn es ist notwendig für unser Land", sagte Haßelmann.

Merz verteidigte seine Pläne mit Verweis auf die Sicherheit Deutschlands, Europas und der Nato. SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil warb mit Vorteilen der geplanten Investitionen für Bürgerinnen und Bürger. "Dieses Paket wird die Mehrheit der Menschen in ihrem Alltag entlasten", sagte er. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) warnte: "Unsere Sicherheit darf nicht durch haushaltspolitische Zwänge gefährdet werden."

Harte Vorwürfe kamen aus den Reihen der AfD, der FDP, des BSW und der Linken. FDP-Fraktionschef Christian Dürr warf der Union vor, sich gegen wirtschaftlichen Erfolg des Landes zu entscheiden. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Tino Chrupalla sagte, Merz habe nicht nur kein Rückgrat, er sei inzwischen "komplett wirbellos". Der Linken-Politiker Sören Pellmann redete mit Blick auf die geplante Aufrüstung von "Nebelkerzen aus Angst und Furcht" und unrealistischen Untergangsszenarien. Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht sagte: "Kriegskredite mit Klimasiegel, darauf muss man erstmal kommen."

Wegner fordert Tempo bei Investitionen

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat die Beschlüsse des Bundestags zur Grundgesetzänderung begrüßt. "Sie zeigen: Deutschland geht den richtigen Weg. Nun sind endlich Zukunftsinvestitionen möglich", sagte er nach der Abstimmung.

"Wir werden unsere Bundeswehr und den Zivil- und Bevölkerungsschutz stärken und Deutschland wieder sicher aufstellen", so Wegner. "Es ist völlig richtig, den Ländern bei der Aufnahme von Krediten die gleichen Möglichkeiten wie dem Bund zu geben." Jahrzehntelang sei die Infrastruktur in Deutschland sträflich vernachlässigt und auf Verschleiß gefahren worden. "Jetzt zählt Tempo: bei den Investitionen in Straßen und Brücken, in Digitalisierung, Klimaschutz und Energiewende, auch in Bildung und Wissenschaft", mahnte der Regierende Bürgermeister.

Abstimmung im Bundesrat - Woidke lässt Brandenburgs Votum offen

Bevor das Paket wirklich kommt, muss auch noch der Bundesrat zustimmen. Dieser kommt am Freitag zusammen. Dort ist ebenso eine Zweidrittelmehrheit nötig. Die dürfte aber stehen, nachdem sich in Bayern am Montag CSU und Freie Wähler auf eine Zustimmung geeinigt hatten.

Die Länder profitieren von dem Paket auch deutlich: Nicht nur bekommen sie 100 der 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaschutz. Sie dürfen dann künftig zusammen auch Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen - bisher gilt für die Länder eine Schuldengrenze von Null.

Der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ließ derweil im Koalitionsstreit mit dem BSW über das Finanzpaket des Bundes das Abstimmverhalten im Bundesrat offen. "Wir werden am Freitag ein abgestimmtes Verhalten im Bundesrat haben", sagte Woidke. Das BSW lehnt eine Aufweichung der Schuldenbremse für mehr Verteidigungsausgaben in dem Paket ab. Vize-Regierungschef Robert Crumbach (BSW) sagte: "Wir arbeiten gut, und wir machen das vertrauensvoll." Für Konflikte seien Lösungsverfahren vereinbart.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 18.03.2025, 19:30 Uhr

Kommentar

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70 Kommentare

  1. 70.

    "Der Bund der Steuerzahler sollte mehr Rechte bekommen. Die Vertreterung der arbeitenden Steuerzahler sollte mehr Rechte bekommen. "

    "In einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung wird dargelegt, dass der BdSt kein repräsentatives Abbild der steuerzahlenden Bevölkerung darstellt."

    Der Bund der Steuerzahler ist eine intransparente Lobbyorganisation.

  2. 68.

    Fühle mich nicht "verraten" und halte das Vorgehen in Anbetracht der Herausforderungen, vor denen Deutschland bei maroder Infrastruktur und Verteidigung steht, für richtig - auch wenn ich niemals Friedrich Merz wählen würde. Also sprechen Sie bitte nicht für mich

  3. 67.

    Liebe Frau Wagenknecht, ihr Einwand gegen die 3 Milliarden Hilfe für die Ukraine, das Geld sei eine Veruntreuung von Steuergeldern ist falsch. Sie dienen zum Schutz unserer Demokratie, von der Sie ja nicht viel halten. Vielmehr ist es so, daß Sie mit ihrem ewigen blockieren von Ukraine Hilfen, unserem Land und unserer Demokratie, UNTREU werden. Das ist aber auch nicht unerwartet, denn Sie wollten NIE in einem Land leben, das Bundesrepublik Deutschland heißt. Wer ihre Publikationen ließt, weiß, da sie der Sowjetunion (Russland) schon immer näher gestanden sind, als der Bundesrepublik. Aber wir werden wachsam bleiben. Vielleicht begreifen das auch endlich, die Mehrzahl ihrer Wähler. Dann verschwindet das BSW auch wieder im Nirwana der Unkenntlichkeit. Mit Grüßen an die FDP.

  4. 65.

    Noch so ein vergesslicher. Vielleicht sollten sie sich mal mit dem befassen, was Putin und seine Leute, seit mindestens. 4 Jahre in den russischen Medien, von sich geben. Da wird nämlich auch darüber gesprochen die Zeit zurück zu drehen. Auf ein " vor 1989". Allerdings müßte man dazu lesen und zuhören können. Und wenn mich nicht alles täuscht, gehörte die DDR, das Baltikum, Südosteuropa usw. Zum Dunstkreis bzw. der Warschauer Pakt, zur Sowjetunion. Und das ist und bleibt eine Gefahr. Und jetzt noch eine ganz einfache Frage an den Schlaumeier: warum hat Putin die Ukraine überfallen? Angst vor einem Land, das keine Atomwaffen mehr besitzt, nicht in der Nato ist, und demnächst auch nicht sein wird, weil die Ukraine ein " hochgerüstertes Angriffsland" ist, vor dem Russland Angst haben muss? Also warum? Den Grund habe ich beschrieben.

  5. 64.

    Spieglein, Spieglein an der Wand wer ist der größte Lügner in diesem Land, wie tief muss man eigentlich sinken oder besser gesagt " wer hat uns diesmal verraten es war die CDU /CSU und nicht die Sozialdemokraten."
    Wenn das der neue Umgang mit der Wählerschaft ist dann wissen wir jetzt das Wort von Politikern ist soviel wert wie der Dreck unterm Fingernagel.

  6. 63.

    Sicher muss das bezahlt werden. Die Renditen für Bundesanleihen liegen jetzt schon über Festgeldniveau. Damit wird zwar nichts bezahlt, aber das Problem in die Zukunft verschoben.
    "Frau Uschi" tönte letzlich kurz was von "Rüstungsanleihen bzw. -abgaben" auf EU-Ebene. Die Haushalte, auch im Bund, werden zu einem Verschiebebahnhof und so lange dort niemand eine Weiche falsch stellt, geht das auch noch lange gut. Dahingehend gleichen sich Finanz- und Außenpolitik im Grunde doch sehr.
    Die Menschlichkeit wird auf der Strecke bleiben, das ist meine Befürchtung. Aber niemand wird das Risiko eingehen seine eigene Spielwiese der Verwüstung preiszugeben. Das ist wie in der Wirtschaft. Starke Partner verhandeln und versuchen nicht, sich gegenseitig zu schlucken. Mind. einer verschluckt sich dabei - immer.

  7. 61.

    Nee, eigentlich nicht. Wenn ich mir das Gequatsche der Rechtsaußentruppe anhöre, ist das keinen Deut cleverer, konstruktiver oder überzeugender als das der anderen Parteien, über die die sich immer gerne ereifern. Alleine die Reden - nix als heiße Luft und Gepolter. Aber wenn Sie das spannend oder klug durchdacht finden - bitte.

  8. 60.
    Antwort auf [Heiko ] vom 19.03.2025 um 09:14

    Abfälliger und, mit Verlaub, auch dummer Kommentar!

  9. 59.

    ich wundere mich über Sie. Ständig reden Sie alles schlechter als es in Wahrheit ist. Was tun Sie eigentlich zur gesellschaftlichen Zusammenarbeit? Was wir brauchen ist mehr Liebe!

  10. 58.

    Können Sie auch mal auf andere Meinungen eingehen, ohne diese direkt wieder als "AfD" zu framen? Soll das Ihr Argument sein? Ich teile auch nicht die Meinung des Kommentators, dass existierende Waffen zwingend eingesetzt werden. Mir wäre aber auch nicht bekannt, dass das die Auffassung der AfD wäre.

  11. 57.

    Nein, das Problem ist nicht der Staat, der einen schlanken Fuß machen würde. Das Problem der Kommunen ist, dass sie immer mehr Kosten und Bürokratie aufgebürdet bekommen, die der Bund und zum Teil auch die Länder verursachen. Die Kommunen als Ende der Nahrungskette bleiben dann auf diesen Kosten sitzen und sparen, bis es quietscht. Die richtige Lösung ist aber nicht noch mehr Schulden, deren negative Auswirkungen wir alle bald schmerzlich spüren werden, sondern eine Entschlankung der Bürokratie und Maßnahmen zur Kostensenkung im Bund. Das war das, was Merz vor der Wahl vollmundig und lauthals versprochen und Sekunden nach der Wahl wieder vergessen hat.

  12. 56.

    Solange Gewaltenteilung, Sekularisierung, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nicht direkt oder indirekt durch den Mehrheitswillen der Bürger abgewählt wird, wie 1933, besteht NULL Risiko.
    Das ist der entscheidende Unterschied zum Kaiser und Hitler! Und natürlich umfässt Verteidigung auch militärisches Engagement im Rahmen der UNO, NATO oder EU.

  13. 55.

    100 Mrd. vom Bund sind ein Hohn angesichts dessen was die Länder und insbesonderen die Kommunen(die zusammen zur Zeit auf einen gut 800. Mrd Schuldenberg sitzen) alles leisten müssen um die Folgen des schlanken Staates mit seiner Schuldenbremse auszugleichen.

    Wer dem Finanzpaket zustimmt, dem sind die Kommunen und die Gesellschaft wohl auch nur ein Judaslohn wert.

  14. 54.

    Langweilig? Bei 20% Wählerstimmen mit steigender Tendenz bleibt es eher spannend als langweilig, meinen sie nicht?