Finanzpaket über 500 Milliarden Euro geplant - Bundestag stimmt für Lockerung der Schuldenbremse
Die Entscheidung hat historische Dimensionen: Der Bundestag hat am Dienstag ein milliardenschweres Finanzpaket abgesegnet. Die Schuldenbremse soll gelockert werden. Die dafür notwendige Zweidrittelmehrheit kam zustande.
- Bundestag billigt Milliarden-Finanzpaket von Union und SPD
- Schuldenbremse soll gelockert werden
- Zweidrittelmehrheit klar erreicht
- Bundesrat muss noch zustimmen
- Woidke lässt Abstimmungsverhalten offen, Wegner fordert Tempo bei Investitionen
Der Bundestag hat grünes Licht für ein historisches Finanzpaket von Hunderten Milliarden Euro für Infrastruktur, Verteidigung und Klimaschutz gegeben.
Die Abgeordneten stimmten am Dienstag den dafür nötigen Grundgesetzänderungen mit der benötigten Zweidrittelmehrheit zu. 513 Abgeordnete stimmten dafür, 207 dagegen.
Bevor die Schuldenpläne Realität werden können, muss am Freitag allerdings noch der Bundesrat zustimmen.
500-Milliarden-Paket und Lockerung der Schuldenbremse
Bei Verteidigung und Infrastruktur gibt es in Deutschland einen riesigen Investitionsstau. Nun soll die Schuldenbremse - die der Neuverschuldung des Bundes enge Grenzen setzt - für Ausgaben in Verteidigung, Zivilschutz, Nachrichtendienste und Cybersicherheit gelockert werden. Für alle Ausgaben in diesen Bereichen, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, dürfen Kredite aufgenommen werden - das wäre nach Rechnung der Politiker in diesem Jahr alles über etwa 44 Milliarden Euro.
Außerdem wird ein Sondervermögen geschaffen, für das die Schuldenbremse nicht gilt und das mit Krediten bis zu 500 Milliarden Euro gefüttert wird. Daraus soll die Instandsetzung der maroden Infrastruktur - also Brücken, Energienetze, Straßen oder Schulen - bezahlt werden. 100 Milliarden Euro sollen fest in Klimaschutz und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fließen. Das Geld darf aber nur fließen, wenn im normalen Kernhaushalt eine angemessene Investitionsquote gilt - damit wollen die Grünen verhindern, dass das Geld genutzt wird, um auf Umwegen Wahlgeschenke zu finanzieren.
Deutliche Kritik von AfD, FDP, Linke und BSW
Für den Beschluss war noch einmal der alte Bundestag einberufen worden, weil die Mehrheitsverhältnisse im nächsten Bundestag ein Ja schwierig gemacht hätten. Außerdem hatten Union und SPD lange um die Zustimmung der Grünen geworben und ihnen einige Zugeständnisse gemacht.
Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann rechnete dennoch mit dem mutmaßlichen nächsten Kanzler Friedrich Merz ab. Auch er habe bereits im vergangenen Jahr gewusst, dass Deutschland dringend Investitionen und zugleich mehr Geld für die Verteidigung brauche. Die Union aber habe das öffentlich nie zugegeben und die Grünen sogar noch für entsprechende Forderungen diffamiert. "Aber ich bin dennoch in der Sache froh, dass wir das jetzt heute so entscheiden, denn es ist notwendig für unser Land", sagte Haßelmann.
Merz verteidigte seine Pläne mit Verweis auf die Sicherheit Deutschlands, Europas und der Nato. SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil warb mit Vorteilen der geplanten Investitionen für Bürgerinnen und Bürger. "Dieses Paket wird die Mehrheit der Menschen in ihrem Alltag entlasten", sagte er. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) warnte: "Unsere Sicherheit darf nicht durch haushaltspolitische Zwänge gefährdet werden."
Harte Vorwürfe kamen aus den Reihen der AfD, der FDP, des BSW und der Linken. FDP-Fraktionschef Christian Dürr warf der Union vor, sich gegen wirtschaftlichen Erfolg des Landes zu entscheiden. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Tino Chrupalla sagte, Merz habe nicht nur kein Rückgrat, er sei inzwischen "komplett wirbellos". Der Linken-Politiker Sören Pellmann redete mit Blick auf die geplante Aufrüstung von "Nebelkerzen aus Angst und Furcht" und unrealistischen Untergangsszenarien. Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht sagte: "Kriegskredite mit Klimasiegel, darauf muss man erstmal kommen."
Wegner fordert Tempo bei Investitionen
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat die Beschlüsse des Bundestags zur Grundgesetzänderung begrüßt. "Sie zeigen: Deutschland geht den richtigen Weg. Nun sind endlich Zukunftsinvestitionen möglich", sagte er nach der Abstimmung.
"Wir werden unsere Bundeswehr und den Zivil- und Bevölkerungsschutz stärken und Deutschland wieder sicher aufstellen", so Wegner. "Es ist völlig richtig, den Ländern bei der Aufnahme von Krediten die gleichen Möglichkeiten wie dem Bund zu geben." Jahrzehntelang sei die Infrastruktur in Deutschland sträflich vernachlässigt und auf Verschleiß gefahren worden. "Jetzt zählt Tempo: bei den Investitionen in Straßen und Brücken, in Digitalisierung, Klimaschutz und Energiewende, auch in Bildung und Wissenschaft", mahnte der Regierende Bürgermeister.
Abstimmung im Bundesrat - Woidke lässt Brandenburgs Votum offen
Bevor das Paket wirklich kommt, muss auch noch der Bundesrat zustimmen. Dieser kommt am Freitag zusammen. Dort ist ebenso eine Zweidrittelmehrheit nötig. Die dürfte aber stehen, nachdem sich in Bayern am Montag CSU und Freie Wähler auf eine Zustimmung geeinigt hatten.
Die Länder profitieren von dem Paket auch deutlich: Nicht nur bekommen sie 100 der 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaschutz. Sie dürfen dann künftig zusammen auch Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen - bisher gilt für die Länder eine Schuldengrenze von Null.
Der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ließ derweil im Koalitionsstreit mit dem BSW über das Finanzpaket des Bundes das Abstimmverhalten im Bundesrat offen. "Wir werden am Freitag ein abgestimmtes Verhalten im Bundesrat haben", sagte Woidke. Das BSW lehnt eine Aufweichung der Schuldenbremse für mehr Verteidigungsausgaben in dem Paket ab. Vize-Regierungschef Robert Crumbach (BSW) sagte: "Wir arbeiten gut, und wir machen das vertrauensvoll." Für Konflikte seien Lösungsverfahren vereinbart.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 18.03.2025, 19:30 Uhr