Am Montag, dem 2. März 2020, sind folgende sechs Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:

Antrag der Fraktion der SPD zum Thema:       
"8. März: Berlin braucht einen Aktionsplan gegen Gewalt gegen Frauen"

Antrag der Fraktion der CDU zum Thema:      
"Freie Bahn für Antisemiten statt für Oldtimer-Parade am Ku`damm - Nichthandeln des Innensenators und Regierenden Bürgermeisters ist beschämend"

Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema:    
"8. März: Berlin braucht einen Aktionsplan gegen Gewalt gegen Frauen"

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema:      
"8. März: Berlin braucht einen Aktionsplan gegen Gewalt gegen Frauen"

Antrag der AfD-Fraktion zum Thema: 
"Enteignungsgerede stoppen! - Klassenkampf in Berlin beenden!"

Antrag der Fraktion der FDP zum Thema:      
"Verkehrsinfrastruktur mutig voranbringen!"

Debattiert wird ein Entschließungsantrag der Regierungsfraktionen von SPD, Linke und Grünen zur Volksinitiative "Bucht für alle". Darin danken die Regierungsfraktionen der Initiative, die eine Änderung der Entwicklungsziele für die Rummelsburger Bucht gefordert hatte. Vor allem sollte das letzte Grundstück für die Allgemeinheit gesichert werden. Viele Vorschläge seien aufgegriffen worden, so SPD, Linke und Grüne. Dennoch sei der Beschluss des Bebauungsplans rechtlich bindend. Der Verkauf so vieler öffentlicher Grundstücke sei ein Fehler gewesen, es ließe sich aber für die Zukunft daraus lernen. Die CDU enthält sich und sieht in der Sache ein gutes Beispiel, dass der Umgang mit öffentlichen Liegenschaften und Stadtraumentwicklung neu diskutiert werden müsse. Die FDP hat kein Problem mit dem Bebauungsplan. Die AfD begrüßt zwar mehr direkte Demokratie, verübelt der Bürgerinitiative aber Kontakte zum linksalternativen Spektrum. Der Entschließungsantrag wird angenommen.

SPD, Linke und Grüne fordern eine Beteiligung Berlins am europaweiten autofreien Tag am 22. September 2020. Dazu sollen einzelne Straße wie die Friedrichstraße und der Kurfürstendamm für Autos gesperrt werden. Gleichzeitig soll an diesem Tag der ÖPNV für alle Berliner kostenlos sein. Ziel ist es, in Zeiten der Klimakrise neue Wege aufzuzeigen.  Die CDU signalisiert Zustimmung zu dem Vorhaben, sieht jedoch noch Redebedarf bei der Finanzierung. FDP und AfD kritisieren den Koalitionsantrag: Der Koalition gehe es nur darum, Autofahren unattraktiv zu machen. Der Antrag wird in die Ausschüsse überwiesen.

Die Abgeordneten debattieren den Antrag der Regierungsfraktionen von SPD, Linke und Grünen“ "Medienstandort Berlin Brandenburg – Ein vielfältiger Rundfunkrat für Berlin/Brandenburg". Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei politisch unabhängig, so die Antragstellenden, trage zur freien Meinungsbildung bei und solle die Vielfalt der Meinungen darstellen. Entsprechend sollten die Mitglieder des Rundfunkrats die veränderte gesellschaftliche Vielfalt abbilden und beispielsweise auch behinderte und queere Menschen einbeziehen. Die FDP hält den Antrag für sinnvoll, die CDU findet dagegen, dass nicht alle gesellschaftlichen Gruppen im Rundfunkrat vertreten sein müssen, da jedes einzelne Mitglied die Vielfalt der Gesellschaft im Auge haben sollte. Scharfe Kritik kommt von der AfD, die den rbb als "Regierungssprachrohr" ansieht. Sie wünscht sich "eine große Reform", damit der rbb "richtig unabhängig" wird.

Die AfD fordert, das Tragen einer Niqab für Berliner Schülerinnen und Studentinnen zu untersagen. Die Vollverschleierung sei ein Symbol der Frauenunterdrückung und des politischen Islam. Bisher gebe es keine eindeutige Rechtslage dazu. CDU und FDP halten eine Regelung ebenso für erforderlich. Diese müsse durch eine sachliche Diskussion vorbereitet werden. SPD, Grüne und Linke betrachten die Forderung als "Schattendiskussion", da in Berlin bisher keine einzige Schülerin vollverschleiert zum Unterricht erschienen sei. Der AfD-Antrag wird in die Ausschüsse überwiesen.

Die FDP-Fraktion möchte mit ihrem Antrag erreichen, dass solange keine Bußgelder in Sachen Mietendeckel erhoben werden, bis klar ist, ob das Gesetz verfassungsgemäß ist. Sie verwahrt sich gegen den gleichzeitig eingebrachten AfD-Änderungsantrag, der die Aussetzung des Mietendeckel-Gesetzes fordert. Während die oppositionelle CDU-Fraktion den Antrag der FDP unterstützt, zeigen sich die Regierungsfraktionen von SPD, Linke und Grünen "geschockt" und sprechen von einem "Unfug von Antrag". Es zeige sich, so die SPD, dass die FDP die Stadt und ihre Menschen überhaupt nicht im Blick habe. Die Linke fragt, ob der Rechtsstaat jetzt darauf verzichten solle, seine Gesetze durchzusetzen. Die Grünen zeigen sich entsetzt, dass ein demokratisch verabschiedetes Gesetz nun offenbar durch Anträge wieder ausgesetzt werden soll. Dies sei der "Job von Gerichten, nicht von Opposition". Die Anträge werden in die Ausschüsse verwiesen.

SPD, Linke und Grüne wollen die soziale Absicherung von VHS-Dozent*innen verbessern. Diese arbeiten in der Regel auf Honorarbasis. Dabei geht es um Fragen wie Krankengeld, Weiterbeschäftigung nach der Elternzeit und Mindestauftragsvolumina. Die Antragsteller fordern den Senat auf, mit den Gewerkschaften einen Rahmenvertrag ähnlich wie für arbeitnehmerähnliche Personen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk auszuhandeln, um die soziale Absicherung zu verbessern. Die CDU sieht ebenfalls Handlungsbedarf, sieht aber die Frage der Finanzierung noch nicht geklärt. Die AfD plädiert für eine reguläre Anstellung von VHS-Dozent*innen. Der Antrag der Koalition wird in den Bildungs- und der Hauptausschuss überwiesen.

Die CDU-Fraktion fordert den Senat in ihrem Antrag auf, dem Club Griessmühle eine landeseigene Fläche als neuen Standort zu suchen und dafür einen Pachtvertrag abzuschließen. Die Griessmühle musste vor kurzem ihren alten Standort in Neukölln verlassen. Die Regierungsfraktionen von SPD, Linke und Grünen halten den Antrag für überholt, da die Griessmühle vorübergehend in einer öffentlichen Liegenschaft untergekommen ist und bereits Rückkehrgespräche mit der Eigentümerin aufgenommen wurden. Die FDP erinnert an die sich ständig wandelnde Clubkultur und betont deren Wirtschaftskraft. Die AfD wirft der CDU "Klientelpolitik" vor. Der Antrag wird abgelehnt.

Die Abgeordneten debattieren in Zweiter Lesung das "Gesetz zur Änderung des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag". Die Regierungsfraktionen von SPD, Linke und Grünen bezeichnen das Gesetz als "Minimalkonsens" von 16 Bundesländern. Berlin alleine wäre gerne sehr viel strenger vorgegangen, beispielsweise bei den Abstandsvorgaben für Wettbüros. Die CDU unterstützt das Gesetz und begrüßt die Aufstockung der Mittel für die Suchtberatung. Die AfD enthält sich, da die Partei "noch keine abschließende Position" zum Thema hat. Die FDP nennt das Gesetz einen "Eingriff in die Berufsfreiheit" und hinterfragt die Sinnhaftigkeit des Abstandsgebots. Der Gesetzentwurf wird angenommen.

Die FDP legt zwei Anträge zur Verbesserung der Pflegesituation in Berlin vor. Im ersten Antrag fordert sie, die Rahmenbedingungen für Pflegekräfte durch einen anderen Personalschlüssel, eine höhere Vergütung, Bürokratieabbau und eine Stärkung des Berufsbildes zu verbessern. Mit dem zweiten Antrag fordern die Freien Demokraten zur Gewinnung von Pflegefachkräften eine Fachschule beispielsweise in Vietnam zu errichten, um dort speziell für Deutschland Pflegekräfte auszubilden. Beide Anträge finden keine Unterstützung durch andere Fraktionen und werden abgelehnt.

Die CDU-Fraktion will Langzeitarbeitslose wieder in Lohn und Brot bringen. In ihrem Antrag fordert sie den Senat auf, das Teilhabechancengesetz dem solidarischen Grundeinkommen als Instrument vorzuziehen. Denn nur so könnten Arbeitslose für den ersten Arbeitsmarkt qualifiziert werden. Während die anderen Oppositionsfraktionen den CDU-Antrag unterstützen, werfen die Regierungsfraktionen von SPD, Linke und Grünen der CDU Ideenlosigkeit vor. Sie betonen, dass jede Zielgruppe ihre eigenen Maßnahmen brauche und gerade der "Instrumentenmix" wichtig sei. Der Antrag wird abgelehnt.

Die AfD-Fraktion fordert, angesichts zunehmender Gewalt gegenüber medizinischem Personal, festzustellen, ob zu dessen Schutz zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen notwendig sind und wie diese Maßnahmen finanziert werden können. Die Grünen verweisen darauf, dass die Berliner Krankenhausgesellschaft auf Anfrage keinen erhöhten Sicherheitsbedarf festgestellt habe. Die übrigen Fraktionen sprechen sich für weitere Beratung sowie eine Anhörung im Ausschuss aus. Der AfD-Antrag wird in den Gesundheits-, den Rechts- und den Hauptausschuss überwiesen.

Die CDU möchte den Ausbau der U6 von Alt-Mariendorf nach Lichtenrade vorantreiben. Berlin wachse und brauche mehr Bahnen, vor allem unter der Erde, heißt es zur Begründung. Oberirdisch soll vor allem Platz für Autos, Radfahrer und Fußgänger bleiben. Alle anderen Fraktionen stehen einem U-Bahnausbau und dem CDU-Antrag offen gegenüber. Die SPD sieht die U6 allerdings nicht als prioritär an. Die Linke plädiert für eine Straßenbahn nach Lichtenrade. Die Grünen wollen mit einer "nüchternen Sachanalyse" beginnen und lassen sich nicht darauf ein, dass der überirdische Platz vor allem für Autos frei bleiben soll. Der Antrag wird in die Ausschüsse verwiesen.

Die FDP-Fraktion fordert den Senat auf, Berliner Unternehmen über die Möglichkeiten finanzieller Mitarbeiterbeteiligung zu informieren sowie die nötigen Rahmenbedingungen für solche Beteiligungen auch durch eine steuerliche Begünstigung zu schaffen. Damit soll die Start-up-Szene bei der Gewinnung von Fachkräften gestärkt werden. Da Start-ups häufig noch keine hohen Gehälter zahlen können, sind Unternehmensbeteiligungen ein Mittel, um Anreize für potentielle Mitarbeiter zu schaffen. Die übrigen Fraktionen stehen der Idee grundsätzlich positiv gegenüber, wollen darüber aber im Ausschuss weiter diskutieren. Der FDP-Antrag wird in den Wirtschafts- sowie in den Hauptausschuss überwiesen.

Die AfD will, dass der Senat öffentliche Äußerungen über die Aufnahmebereitschaft Berlins für Flüchtlinge unterlässt. Migranten in der Türkei, so die Befürchtung der AfD, könnten sich dann verstärkt an die türkisch-griechische Grenze begeben, um Aufnahme in Deutschland zu finden. Die Regierungsfraktionen von SPD, Grünen und Linken sowie die beiden anderen Oppositionsfraktionen von CDU und FDP lehnen den AfD-Antrag ab. Zur Begründung heißt es, der Antrag stelle Zusammenhänge her, die "schlicht falsch" seien. Das Abgeordnetenhaus habe rechtlich nicht die Möglichkeit, dem Senat öffentliche Äußerungen zu verbieten. Das Heft des Handelns in Sachen Aufnahme von Flüchtlingen liege bei der Bundesregierung und nicht beim Berliner Senat.