Auf Antrag aller Fraktionen findet die Aktuelle Stunde zum Thema "Frauenpolitik in Berlin" statt. In Verbindung damit wird über den AfD-Antrag "Mehr Sicherheit für Frauen und Mädchen in Berlin – Einführung eines Frauennachttaxi-Modellprojekts in den Bezirken Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg" und den Antrag von Grünen und Linken "Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen: Jetzt handeln, nicht warten!" debattiert. CDU und SPD legen den Antrag "Führen in Teilzeit: Etablierung von Jobsharing - Modellen im Öffentlichen Dienst des Landes Berlin" vor. Alle drei Anträge werden nach der Debatte in die jeweiligen Ausschüsse zur weiteren Beratung überwiesen.

Erstmals legt der neue Berliner Beauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Frank Ebert, die Tätigkeitsberichte der Behörde vor. Die Beschäftigung mit der Verfolgung von politisch Andersdenkenden in der DDR bleibe eine wichtige Aufgabe. Es sei wichtig, zu verstehen, wie das totalitäre System in den Alltag hinein herrschte. Ein Ende dieser Arbeit zu fordern, sei der falsche Ansatz. Dem pflichten die Redner aller Fraktionen bei. Sie begrüßen das Konzept der Arbeit: Aufklärung und historische Bildung einerseits und Beratung Betroffener andererseits. Allein 2022 seien über 8000 Menschen beraten worden, so Ebert. Einigkeit gab es auch darin, dass Aufarbeitung der DDR-Geschichte gesamtdeutsche Aufgabe sei und der Bund stärker beteiligt werden müsse, u.a. beim "Campus für Demokratie". Die Linke spricht von "Ignoranz der Ost-Geschichte". - Jahresbericht 2020 / Jahresbericht 2021 / Jahresbericht 2022

Die AfD fordert eine "Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe". Die 2001 abgeschaffte Abgabe war von Mietern in Sozialwohnungen eingefordert worden, deren Einkommen mittlerweile die Bemessungsgrenze für einen Wohnberechtigungsschein überschritten hatte. CDU, SPD, Grüne und die Linke halten die Maßnahme für keine Lösung, um am Berliner Wohnungsmarkt für Entlastung oder Gerechtigkeit zu sorgen. Zudem sei der damit verbundene Verwaltungsaufwand zu hoch und die soziale Mischung von Wohnquartieren könne darunter leiden. Der Antrag wird in den Bauausschuss und den Hauptausschuss überwiesen.

CDU und SPD fordern eine "Potentialanalyse für die Einführung von Güterstraßenbahnen". Die Antragsteller erwarten sich davon eine Minderung von Lärm und Emissionen sowie einen effizienteren Güterverkehr. Die Linke zeigt sich offen für die Idee, wenngleich der Vorgänger-Senat dazu bereits weitergehende Ideen gehabt habe. Bündnis 90/Die Grünen und die AfD halten das Vorhaben für aussichtslos, weil es an geeigneten Fahrzeugen und Haltestellen fehle und ein Betrieb allenfalls nachts stattfinden könne, wenn man keine neuen Strecken bauen wolle. Der Antrag wird in die Ausschüsse überwiesen.

CDU und SPD wollen ein Modellprojekt für einen mobilen kinderärztlichen Bereitschaftsdienst auflegen. In Notfällen außerhalb der gängigen Praxisöffnungszeiten soll es alternativ zu Besuchen in einer Rettungsstelle greifen und auch Videoberatung einschließen. Die Oppositionsfraktionen von Grünen, Linken und AfD sehen darin keine Lösung, um die Rettungsstellen zu entlasten. Die mobilen Ärzte würden dann in den Kliniken fehlen, wo sie in derselben Zeit mehr Kinder behandeln könnten. Außerdem sei es teurer. Das Modellprojekt ändere nichts am grundlegenden Problem, dass es zu wenige Kinderärzte in der ambulanten Grundversorgung, in den Kinderstationen und Rettungsstellen gebe. Der Senat müsse sich auf den Koalitionsvertrag besinnen, in dem u.a. ein Sonderinvestitionsprogramm für Kinderkliniken und 24-Stunden-Notdienstpraxen in allen Bezirken versprochen worden sei. Der Antrag wird an den zuständigen Ausschuss überwiesen.

Bündnis 90/Die Grünen werfen dem Senat beim Thema Hauptstadtzulage Wortbruch vor. Noch im Dezember habe er versprochen, die Tarifabschlüsse einschließlich der Zulage für die Freien Träger zu refinanzieren. Die Finanzverwaltung habe den Beschäftigten den monatlichen Bonus in Höhe von 150 Euro in Aussicht gestellt. Von Vertrauensbruch sprechen auch Linke und AfD. CDU und SPD verweisen darauf, dass Entscheidungen erst fallen könnten, wenn die Tarifgemeinschaft der Länder und Gewerkschaften die Hauptstadtzulage in geltendes Tarifrecht umgesetzt hätten. Diese Gespräche müssten abgewartet werden. In der Fragestunde hatte sich Finanzsenator Stefan Evers (CDU) für die "Verwirrung" entschuldigt. Bislang erhalten nur Landesbedienstete die Hauptstadtzulage. Der Grünen-Antrag wird in die zuständigen Ausschüsse überwiesen.

Die Linke fordert eine "Änderung des Landesmindestlohngesetzes". Kern ist eine Erhöhung auf 14 Euro. Zulagen und Zuschläge sollen nicht auf diesen Wert angerechnet werden, sondern zusätzlich zu zahlen sein. Bündnis 90/Die Grünen unterstützen die Forderung. Die AfD lehnt den Entwurf ab. Sie hält den Euro sowie die Energiewende für die Ursache der hohen Inflationsrate, von der viele Menschen mit niedrigen Einkommen besonders bertroffen seien. Deshalb müsse man zur D-Mark zurückkehren und die Energiewende rückgängig machen. CDU und SPD wollen einen eigenen rechtssicheren Mechanismus für eine automatische Anpassung des Landesmindestlohns einbringen. Der Gesetzentwurf wird in 2. Lesung abgelehnt.

CDU und SPD unterbreiten Vorschläge für eine Novelle des Rettungsdienstgesetzes. Hintergrund ist der akute Personalbedarf und die extreme Zunahme an Bagatelleinsätzen. Notfallsanitäter sollen sich danach auf die Notfallrettung konzentrieren. Für weniger schwere Fälle soll es möglich sein, zwei erfahrene Rettungssanitäter zu entsenden. Die Bündnisgrünen kritisieren, die Novelle senke die Qualitäts-Standards im Rettungswesen nun bis 2029. Was als Ausnahme für zwei Jahre angelegt war, werde verstetigt. Der Senat bleibe eine Strukturreform schuldig. Die Novelle werde an der Krise des Rettungswesens nicht viel ändern, meint auch Die Linke und warnt vor den Risiken für die Patienten. Die AfD begrüßt die geplante Gesetzesänderung. Sie helfe Rettungskräften und Parienten, notwendig sei jedoch eine umfassende Reform. Der Antrag wird nach der ersten Lesung in die zuständigen Ausschüsse überwiesen.

Die Linke fordert eine Bundesratsinitiative zur Änderung des (Bundes-)Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen – und zwar in Anlehnung an die EU-Verordnung 1370/2007. Damit sollen in besonderen Fällen auch Direktvergaben ohne öffentliche Ausschreibung bei Personenverkehrsdiensten möglich werden. Die Antragsteller wollen damit für die Berliner S-Bahn aufwendige Ausschreibungsverfahren vermeiden. Keine der anderen Fraktionen schließt sich den Forderungen an. Die rechtlichen Hürden für eine solche Direktvergabe seien sehr hoch. Für eine rechtssichere Lösung sei ein ordentliches Ausschreibungsverfahren unvermeidlich. Der Antrag wird abgelehnt.

Die AfD-Fraktion legt einen Antrag für eine "Grüne Welle der Vernunft" vor. So sollen u.a. intelligente Ampelsysteme den Verkehrsfluss auf den Straßen Berlins erhöhen. Die AfD greife mit ihrem Antrag ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag auf, das bereits umgesetzt werde, meint die CDU. Die Senatsverwaltung sei auch schon weiter als der AfD-Antrag. Nach Ansicht von SPD und Linken ist dieser nicht mit dem Mobilitätsgesetz vereinbar, da er den Individual-Autoverkehr gegenüber dem ÖPNV bevorzuge. Vorrangig sei aber, die Fahrzeuge des Verkehrsverbundes zu beschleunigen. Die Grünen zeigen sich verwundert, dass der Senat in einer seiner ersten Amtshandlungen KI und Telematik aus dem Mobilitätsgesetz gestrichen habe. Der Antrag wird an den zuständigen Ausschuss überwiesen.

Grüne und Linke fordern den Senat in ihren Anträgen auf, den Emmauswald in Neukölln zu schützen und die geplanten Bauvorhaben zu stoppen. Sie zitieren die Berliner Forsten, wonach sich der Verlust der Waldfläche besonders negativ auf das Stadtklima auswirken würde. CDU und SPD glauben an einen Kompromiss, wonach höher gebaut werden könne, um mehr Bäume zu erhalten. Es müsse mehr Wohnraum geschaffen werden, fordert die AfD. Der Antrag der Grünen und der Antrag der Linken werden in die Ausschüsse überwiesen.

Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke fordern die Koalition auf, sie solle das "Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2022-2026 jetzt umsetzen". Seit Monaten verschleppten CDU und SPD die Verabschiedung des Programms und würden damit den Berliner Klimaschutz "gegen die Wand" fahren. Die CDU betont, es brauche Zeit, gute Maßnahmen zu verabreden. Die SPD verweist darauf, dass aktuell Projekte des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms (BEK) finanziert und umgesetzt würden, die SPD sich aber einer Verabschiedung des neuen BEK auch nicht verschließe. Die AfD fordert, angesichts knapper Haushaltsmittel lieber in Infrastruktur wie Straßen und Brücken statt in Klimaschutz zu investieren. Der Antrag wird in die Ausschüsse überwiesen.

Die Linke fordert "Kostenlose öffentliche Toiletten für Berlin – Nutzungsgebühren aufheben und Standorte ausbauen!". Es sei nicht hinnehmbar, dass Männer kostenlos ein Pissoir benutzen könnten und Frauen auf kostenpflichtige öffentliche Toiletten angewiesen seien. Es gehe bei dem Thema aber auch um Barrierefreiheit und um Menschen mit Harninkontinenz. Die Grünen schließen sich der Forderung nach kostenlosen Toiletten an. CDU und SPD verweisen darauf, dass von den 472 öffentlichen Toiletten 100 kostenlos benutzbar seien. Vielen Berlinerinnen und Berlinern seien Sauberkeit und Benutzbarkeit jedoch wichtiger als Kostenfreiheit. Die AfD betont, kostenfreie Toiletten seien häufiger von Vandalismus und hohen Reparaturkosten betroffen. Sie bezeichnet die Diskussion als "ideologischen Firlefanz". Der Antrag wird in die Ausschüsse überwiesen.

Die AfD möchte wegen antisemitischer Äußerungen auf der Berlinale die "Finanzierung der Berlinale stoppen". Die Festivalleitung habe auf offene Sympathiebekundungen für Palästinenser und Hamas nicht reagiert oder eingegriffen. Das Land Berlin müsse daher seine finanzielle Unterstützung für die Berlinale beenden. Die Filmbranche müsse entpolitisiert werden. CDU, Grüne, SPD und Linke sowie der fraktionslose Abgeordnete Alexander King äußern Kritik an der jüngsten Berlinale und dem Umgang der Festivalleitung mit den Äußerungen einiger Teilnehmer, wollen aber die Berlinale grundsätzlich weiter unterstützen. Die SPD vermutet hinter dem Antrag eine Retourkutsche der AfD gegen die Ausladung ihrer Mandatsträger von der Berlinale infolge des Bekanntwerdens eines Geheimtreffens rechtsextremer Gruppierungen in Potsdam. Der Antrag wird in den zuständigen Fachausschuss überwiesen.