- Kalkschulter: Ursache, Symptome & Behandlung
Wenn sich in den Schultersehnen Kalkdepots bilden, ist die Schleimbeutelentzündung nicht weit. Im schlimmsten Fall versteift das Schultergelenk.
Schmerzen in der Schulter haben oft eine bekannte Ursache: die Kalkschulter. Diese Erkrankung der Schulter ist weit verbreitet und heißt "auf Medizinisch": Tendinosis calcarea, übersetzt: verkalkte Sehnendegeneration. Am häufigsten betrifft die Kalkschulter (Tendinosis calcarea ) Menschen zwischen 30 und 60 Jahren.
Das Klischee über die Kalkschulter stimmt übrigens nicht: Anders als oft vermutet leiden nicht nur Leute unter den Kalkeinlagerungen, die viele "Über-Kopf-Übungen" verrichten – beispielsweise Handwerker. Die Erkrankung Kalkschulter kann bei jedem entstehen.
Aber: Längst nicht alle Betroffenen wissen von den Kalkdepots in ihrem Schultergelenk, denn nicht immer verursachen die Kalkablagerungen Schmerzen, andere Symptome oder neue Bewegungseinschränkungen.
Symptome: Wie sehen Beschwerden bei Kalkschulter aus?
Kalkablagerungen in der Schulter können zu heftigen Beschwerden führen, wenn sie zum Beispiel gegen das Schulterdach drücken oder eine Entzündung des umliegenden Gewebes im Gelenk auslösen.
Häufigstes Symptom der Kalkschulter sind: Schmerzen. Durch Verkalkungen haben einige Betroffene ein Dauerschmerz oder Dehnungsschmerz. Andere spüren die Schmerzen nur beim Heben des Arms, bei Drehbewegungen oder in völliger Ruhe – und meist vor allem nachts.
Hintergrund: Im Liegen sind die beteiligten Muskeln und Sehnenansätze entspannt. Dann entfällt die Zugwirkung der Sehnen und in der Folge wird der Druck der Kalkdepots auf das Dach der Schulter größer.
Damit sie überhaupt schlafen können, schlafen einige von Kalkschulter Betroffene akut auch schon mal im Sitzen.
Was sind die Ursachen von einem Kalkherd?
Wie die Kalkablagerungen genau entstehen, ist noch nicht geklärt. Experten und Expertinnen vermuten neben mechanischen Ursachen auch degenerative Prozesse im Schultergelenk, lokale Durchblutungsstörungen, Stoffwechselstörungen oder Probleme mit der Spannung der an Bewegung beteiligten Muskulatur.
Wenn zum Beispiel der Oberarmkopf im Schultergelenk permanent gegen das Schulterdach drückt, führt das zu Umbauprozessen an der Sehnenplatte. Die Durchblutung des Gewebes ist gestört, aus den Sehnen bildet sich Faserknorpel und es entsteht Kalk.
Tatort: Rotatorenmanschette
Meist finden sich die Kalkablagerungen an den Sehnen der sogenannten muskulären Rotatorenmanschette. Die Rotatorenmanschette ist wie eine bindegewebige Platte zwischen dem Oberarmkopf und dem Schulterdach gespannt. Am häufigsten ist hier die Supraspinatursehne betroffen.
Die Ablagerungen aus Kalk können nur wenige Millimeter, aber auch bis zu einem Zentimeter groß sein. Sie sind jedoch keine steinähnliche Verhärtung. Vielmehr sind die Kalkdepots von breiiger Konsistenz, ähnlich wie Zahnpasta. Häufig ziehen sie nicht nur das Sehnengewebe in Mitleidenschaft, sondern auch den benachbarten Schleimbeutel und die gesamte Gelenkkapsel. Das wirkt sich auf Freiheit in der Bewegung aus – denn die ist dann plötzlich mit Schmerzen verbunden. Oft haben die Betroffenen darum längst eine Schonhaltung entwickelt.
Kalkschulter: Häufige Folge ist Schleimbeutelentzündung
Im Verlauf kann es daher bei Tendinosis calcarea auch schnell zu einer Schleimbeutelentzündung im Gelenk kommen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn vor allem große Kalkdepots spontan aufbrechen und sich in das umliegende Gewebe ergießen.
Im nächsten Stadium haben Patienten dann zwar oft plötzlich weniger Schmerzen im Körper. Wird der verstreute Kalk aber nicht innerhalb der nächsten Tage vom Gewebe resorbiert, ist die Freude über weniger Schmerzen nur von kurzer Dauer: Dann nämlich wird der Kalk zusätzlich den Schleimbeutel reizen und entzünden. In der Folge kommt es zu einer Schleimbeutelentzündung – was die Schmerzen wieder verschlimmert.
Ist der Schleimbeutel in der nächsten Phase durch die Kalkschulter chronisch entzündet und verklebt, verursacht das wellenförmig auftretende Leidensattacken: Betroffene erleben Tage und Wochen ohne Beschwerden – und dann wieder eine Phase mit heftigsten Schmerzen.
Erschwerend kann bei dem Krankheitsbild hinzukommen, wenn es durch verschiedene Gründe ein Engpasssyndrom gibt. Orthopäden nennen das "Impingement".
Orthopäde diagnostiziert Stadium der Kalkschulter
Häufig werden Schulterverkalkungen zufällig entdeckt. Bei Verdacht auf eine Kalkschulter stellt der Orthopäde oder die Orthopädin die Ablagerungen in der Schulter – und das Stadium des Krankheitsbildes – mit einer gründlichen klinischen Untersuchung, einem Ultraschall und einer Röntgenaufnahme fest.
Auf einem Röntgenbild ist Kalk gut zu erkennen: Er erscheint ähnlich wie Knochen weiß. Eine Untersuchung mit dem Magnetresonanztomograph (MRT) ist nur bei Verdacht auf zusätzliche Verletzungen der Sehnen angezeigt.
Der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin muss zudem andere mögliche Ursachen für Schmerzen und Bewegungseinschränkungen im Schulterbereich ausschließen. Das kann zum Beispiel sein:
• ein Bandscheibenvorfall der Halswirbelsäule,
• ein Sehnenriss,
• ein in Mitleidenschaft gezogener Faserknorpel,
• eine Gelenkkapselschrumpfung oder
• eine neurologische Erkrankung.
Von der genauen Diagnose und dem Ausschluss anderer beeinträchtigender Faktoren hängt dann auch die Wahl der Therapie ab.
Behandlung mit Schmerzmittel und Physiotherapie
Ist das Krankheitsbild Kalkschulter gesichert, beginnt die Behandlung: entzündungshemmende Medikamente, Schmerzmittel, Krankengymnastik, Eispackungen und manchmal Kortison.
Das Kortison wirkt in der akuten Schmerzattacke entzündungshemmend und wird direkt ins Gelenk gespritzt. Die Spritzen sollten jedoch nicht öfter als zwei bis dreimal in Folge verabreicht werden. Bei einigen Patienten hilft die akute Behandlung – oder sie haben das Glück, dass sich die Kalkdepots spontan von selbst auflösen.
Stoßwelle führt zu vermehrter Durchblutung
Bei vielen wird die Schulterschmerzen durch Verkalkung jedoch zum Dauerproblem.
Haben entzündungshemmende Schmerzmittel, Spritzen und Physiotherapie nach einem halben Jahr keine Besserung gebracht, kann die "Extrakorporale Stoßwellentherapie" (ESWT) möglicherweise weiterhelfen.
Bei der Methode wird das betroffene Gewebe von außen mit Stoßwellen "beschossen". Stoßwellen sind sehr kurze Schallimpulse von sehr hoher Energie. Durch die Stoßwelle entsteht ein Druckimpuls – und damit eine vermehrte Durchblutung in dem Areal. Es bilden sich neue Gefäße und die Verkalkung wird gelöst, bzw. Kalkdepots werden zerstört.
Studien haben gezeigt, dass die Stoßwellentherapie nach vergeblicher konventioneller Therapie die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten deutlich verbessern kann. Die ESWT lindert Schmerzen und verbessert die Beweglichkeit des Arms.
Das Verfahren gehört für gesetzlich Versicherte zu den individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL). Die Patienten müssen die Kosten selbst tragen. Die meisten privaten Kassen und Beihilfestellen übernehmen die Behandlung.
Letzte Option zur Behandlung ist eine Operation. Ziel bei einem operativen Eingriff ist die Entleerung und Entfernung der Kalkdepots. Selten wird eine offene Operation durchgeführt. Gängiger sind minimal-invasive arthroskopische Eingriffe.
Beitrag von Beate Wagner