Am Montag, dem 17. August 2020, sind folgende sechs Anträge auf Durchführung einer Aktuellen Stunde eingegangen:

Antrag der Fraktion der SPD zum Thema:
"Lehren aus dem NSU: Rechte Gewalt und ihre Strukturen effektiv bekämpfen"

Antrag der Fraktion der CDU zum Thema:
"Der Regierende kann nicht mehr, die Gesundheitssenatorin will nicht mehr, die Bildungssenatorin soll nicht mehr, die Bausenatorin ist nicht mehr. Rot-rot-grüne Auflösungserscheinungen"

Antrag der Fraktion Die Linke zum Thema:
"Lehren aus dem NSU: Rechte Gewalt und ihre Strukturen effektiv bekämpfen"

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Thema:
"Lehren aus dem NSU: Rechte Gewalt und ihre Strukturen effektiv bekämpfen"

Antrag der AfD-Fraktion zum Thema:
"Immer mehr Gewalt und Randale verunsichern die Stadt – null Toleranz gegenüber Clans, Antifa, Vergewaltigern und sogenannter Party-Szene"

Antrag der Fraktion der FDP zum Thema:
"Schulstart – Scheeres setzen, sechs!"

Die Regierungsfraktionen unter Federführung der Linken wollen mit ihrem Entwurf eines Versammlungsfreiheitsgesetzes das "anachronistische" Versammlungsgesetz des Bundes im Land verbessern. Ort, Zeit und Streckenverlauf einer Demonstration sollten in Zukunft vorab im Internet stehen. Gegendemonstrationen dürften in Sicht- und Hörweite stattfinden. Kundgebungen würden auch auf privaten Verkehrsflächen erlaubt und die Bannmeile reduziert. Auch das Vermummungsverbot würde reduziert. Dies könne die Gerichte von Verfahren über Schals und Sonnenbrillen entlasten. Für die Opposition verschlimmert der Entwurf das bestehende Gesetz. Eingriffsmöglichkeiten des Rechtsstaates würden beschränkt und grobe Störungen wären nur noch eine Ordnungswidrigkeit. Der Gesetzentwurf wird an den Innenausschuss überwiesen.

Die Koalitionsfraktionen SPD, Linke und Grüne legen einen Gesetzentwurf zur Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes vor. Die Änderungen umfassen u.a. mehr Opferschutz und Verkehrssicherheit sowie eine Ausweitung polizeilicher Befugnisse bei der Telekommunikationsüberwachung und den Einsatz von Bodycams bei Polizeieinsätzen. Die Antragsteller sehen in ihrem Entwurf einen Beitrag für mehr Sicherheit bei Wahrung der Bürgerrechte. Das laufe entgegen des bundesweiten Trends zu schärferen Polizeigesetzen. CDU, FDP und AfD kritisieren, dass der finale Rettungsschuss weiter ungeregelt bleibe und der Einsatz von Tasern und elektronischen Fußfesseln weiter unterbleibe. Der Entwurf wird zusammen mit einem Änderungsantrag des fraktionslosen Abgeordneten Marce Luthe in den Innenausschuss überwiesen.

Die Fraktion der AfD will mit ihrem Antrag zum U-Bahnhof Mohrenstraße das "Schmierentheater" um eine mögliche Umbenennung beenden. Anwohner müssten gehört werden, aber entscheiden sollten nicht die BVG oder Senatorin Popp, sondern die Parlamentarier. Zugleich spricht sich die Fraktion für die Beibehaltung des Namens aus. Die Mohrenstraße gehöre zur Identität dieser Stadt. Die CDU ist auch gegen "Umbenenneritis". Für die FDP ist die 300 Jahre alte Bezeichnung älter als der Rassismus des 19. und 20. Jahrhunderts. Für die Vertreter der Regierungsfraktionen dagegen steht fest, dass rassistische Begriffe aus dem Stadtbild verschwinden müssen. Der Antrag wird an den Kultur- und den Wirtschaftsausschuss überwiesen.

Das Parlament diskutiert über den FDP-Antrag "Ladenöffnungszeiten umgehend flexibilisieren". Die Antragsteller fordern eine auf zwei Jahre befristete Ausdehnung der Ladenöffnung auch auf Sonntage, um die von der Corona-Pandemie und dem Lock-Down betroffenen Betriebe zu stärken. Die CDU unterstützt das Vorhaben. Die übrigen Fraktionen lehnen das Ansinnen unter Verweis auf das Grundgesetz ab, nach dem der Sonntag der Erholung und seelischen Erhebung diene. Der Antrag wird in den Wirtschafts- und den Arbeitsausschuss überwiesen.

Die Regierungsfraktionen unter Federführung der SPD wollen mit ihrem Antrag "Flugabfertigung zurück in die Hand der FBB" erneut ein landeseigenes Unternehmen mit den Bodendienstleistungen beauftragen. Der Verkauf von Globeground im Jahr 2008 sei ein Fehler gewesen. Jetzt herrsche ein Wettbewerb um Dumpingpreise, der auf den Knochen der Belegschaft ausgetragen werde. In der Kritik an Arbeitsbedingungen und Missmanagement geht die Opposition mit. Die CDU verweist aber darauf, dass auch der neue Dienstleister nur den gleichen Tarifvertrag erfüllen könne. Die FDP fragt, was daran besser sei, wenn der landeseigene Abfertiger dann so arbeite wie etwa die Berliner Verwaltung. Die Fraktion empfiehlt stattdessen eine Teilprivatisierung. Der Antrag wird an die Ausschüsse überwiesen.

Die CDU fordert den Senat auf, einen Bildungsgipfel einzuberufen. Eltern, Schulen, Lehrkräfte und Schüler dürften nicht länger allein gelassen werden. Die drängendsten Probleme an den Schulen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie müssten hier erörtert werden. Bisher versage der Senat. Die FDP schließt sich den Forderungen weitgehend an, die AfD möchte ohne Rücksicht auf die Pandemie einfach zum Regelbetrieb zurückkehren. Auch SPD, Linke und Grüne sehen Verbesserungspotential, verweisen jedoch auch auf den Mangel an Lehrkräften und Räumen, der geteilte Klassen kaum möglich mache. Der CDU-Antrag wird in den Bildungsausschuss überwiesen.

Das Abgeordnetenhaus beschließt einstimmig die von SPD, Linken und Grünen vorgelegte Änderung des Gesetzes über den Rechnungshof von Berlin. Die vom Hauptausschuss empfohlene Fassung des Gesetzes beinhaltet ein Rederecht für den Präsidenten bzw. die Präsidentin des Rechnungshofes im Parlament. Außerdem werden weniger starre Altersgrenzen bei der Personaleinstellung und striktere Befangenheitsregelungen eingeführt. Das Gesetz ist durchgehend in gender-gerechter Sprache formuliert.

Mit dem geänderten Hochschulgesetz soll die Wissenschaftslandschaft gefördert werden, in dem sie von zusätzlichen Kosten befreit wird. Die bereits gängige Kooperation der Einrichtungen im öffentlichen Interesse muss laut EU-Mehrwertsteuerrecht gesetzlich verankert werden, damit keine Umsatzsteuern anfallen. Die FDP stimmt dem Antrag der Koalition zu. Die CDU enthält sich der Stimme. Sie kritisiert die "vertane Chance" für eine grundsätzliche Reform des Gesetzes. Auch die AfD unterstützt das Anliegen, kritisiert jedoch, dass parlamentarische Gepflogenheiten missachtet worden seien. Es habe keine Anhörung im Fachausschuss, sondern nur innerhalb der Regierungsparteien gegeben. Die Fraktion enthält sich der Stimme.

Das Parlament beschließt mit den Stimmen der Regierungsparteien sowie der AfD das Gesetz zur Einführung des Tierschutz-Verbandsklagerechts. Es folgt der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses. Tierschutzorganisationen können danach Behördenentscheidungen im Namen des Tierwohls anzweifeln und gerichtlich überprüfen lassen. Erstmals können sie nach den Worten von Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) auch an tierschutzrelevanten Verwaltungsverfahren mitwirken, z.B. bei Genehmigungen zum Züchten und Halten von Versuchstieren. Beim Thema Tierversuche sehen Grüne und Linke noch Defizite im Gesetz. In der Abstimmung enthält sich die FDP unter Hinweis auf ihre grundsätzliche Ablehnung gegenüber Verbandsklagerechten, die CDU stimmt dagegen; sie sieht u.a. den Wissenschaftsstandort Berlin gefährdet.

Die AfD fordert eine interdisziplinäre Netzwerkstelle für "Open Science" und "Research Quality". Die Wissenschaft befinde sich in einer "Replizierbarkeitskrise". Nur durch offenen Zugang zu Ergebnissen und Prämissen von Forschungsarbeiten könne das Vertrauen in die Wissenschaft wieder hergestellt werden. Für die CDU geht der AfD-Antrag grundsätzlich in die richtige Richtung. SPD, Linke und Grüne sehen einen Versuch, Zweifel über wissenschaftliche Ergebnisse zu säen. Dazu werde eine Krise herbeigeredet, die es nicht gebe. Zudem gehe es bei Open Science vor allem darum, öffentlich finanzierte Forschungsergebnisse kostenlos und jenseits teurer Fachzeitschriften zugänglich zu machen. Der Antrag wird in die Ausschüsse verwiesen.

Die CDU fordert Maßnahmen für einen antiextremistischen Konsens in der Gesellschaft. Dabei müsse insbesondere das Phänomen Antisemitismus stärker in den Blick genommen werden. Wegen der Corona-Pandemie stehe man vor schwierigen Zeiten. Die Demokraten müssten näher zusammenrücken. SPD, Linke und Grüne halten dem entgegen, dass es einen antiextremistischen Konsens bereits gebe und keine Koalition bisher mehr für Prävention, Deradikalisierung und Stärkung der Zivilgesellschaft getan habe als Rot-Rot-Grün. Der CDU-Antrag wird in den Verfassungschutz- und den Rechtsausschuss überwiesen.

Die Berliner Clubs sind nicht erst seit der Corona-Pandemie in ihrer Existenz bedroht. SPD, Linke und Grüne bringen deshalb einen Antrag ins Plenum ein, durch den sie als Kulturbetriebe anerkannt und künftig entsprechend gefördert werden sollen. CDU, AfD und FDP lehnen den Antrag ab. Er beantworte die drängenden Fragen der Clubbetreiber nicht, so Vertreter der Fraktionen. Die AfD spricht auch von Etikettenschwindel, da die Leute Clubs vor allem wegen des Vergnügens und nicht wegen ihrer Kulturangebote aufsuchten. Der Antrag wird in die zuständigen Ausschüsse überwiesen.

Die Abgeordneten diskutieren über den Antrag der FDP-Fraktion zu Umwandlung des Grabfeld I in der Scharnhorststraße in eine Grünfläche. Entgegen dieser ursprünglich angedachten Lösung für das Grundstück seien Pläne von Bundesregierung und Senat aufgetaucht, die Fläche doch zu bebauen. Das müsse verhindert werden. Die SPD sieht das Grundstück als notwendige Erweiterungsfläche für das Bundeswirtschaftsministerium und unterstützt die Pläne zur Bebauung, um den vollständigen Umzug des Ministeriums nach Berlin möglich zu machen. Die AfD sieht dies ebenfalls als notwendig an. Die CDU verzichtet auf eine Festlegung, Linke und Grüne schließen sich der Haltung der FDP an. Der Antrag wird in Umwelt- und den Hauptausschuss überwiesen.