Grundgesetzänderung - Bundestag stimmt über Schuldenpaket für Infrastruktur und Verteidigung ab

Di 18.03.25 | 14:13 Uhr
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Archivbild:Friedrich Merz hält eine Rede am 13.03.2025 im Plenarsaal des Deutschen Bundestags.(Quelle:picture alliance/AP/E.Noroozi)
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Audio: rbb24 Inforadio | 18.03.2025 | Anna-Lou Beckmann | Bild: picture alliance/AP/E.Noroozi

500 Milliarden Euro für Infrastruktur und eine Lockerung der Schuldenbremse: Der scheidende Bundestag tritt am Dienstag noch einmal zusammen, um über neue Schulden zu entscheiden. Die Abstimmung könnte knapp ausfallen.

 

  • Scheidender Bundestag stimmt am Dienstag über milliardenschweres Finanzpaket ab
  • Sondervermögen in Hohe von 500 Milliarden für Infrastruktur geplant
  • Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und Länder soll gelockert werden
  • Zweidrittelmehrheit für Grundgesetzänderung notwendig – Abweichler erwartet

Der Bundestag stimmt am Dienstag in Berlin über das Hunderte Milliarden Euro schwere Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur von Union und SPD ab. Außerdem wird die Schuldenbremse für den Verteidigungshaushalt gelockert.

Für die erforderlichen Grundgesetzänderungen ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Die Grünen haben nach Zugeständnissen – vor allem beim Klimaschutz – ihre Zustimmung angekündigt. AfD, FDP, Linke und BSW wollen dagegen stimmen.

100 Milliarden und zusätzliche Schulden für die Länder

Das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur soll über zwölf Jahre laufen – dies entspricht rechnerisch knapp 42 Milliarden Euro pro Jahr. 100 Milliarden Euro des Gesamtbetrags sollen den Ländern zur Verfügung gestellt werden.

Zudem sollen künftig alle Verteidigungsausgaben über einem Prozent der Wirtschaftsleistung nicht mehr unter die Verschuldungsregeln des Grundgesetzes fallen. Auf Grundlage des Bruttoinlandsprodukts für 2024 liegt die Ein-Prozent-Schwelle aktuell bei rund 43 Milliarden Euro.

Auch für die Länder soll die Schuldenbremse gelockert werden: Sie sollen künftig wie der Bund pro Jahr Kredite von bis zu 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufnehmen können.

Wegner: Berlin braucht "Konjunkturbooster"

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) befürwortet seit Langem eine angepasste Schuldenbremse. Er sprach nach der Einigung von Union, SPD und Grünen von einem kraftvollen Signal für Stabilität. Berlin brauche einen "Konjunkturbooster", um wieder wettbewerbsfähig zu werden.

Der schwarz-rote Berliner Senat fährt einen harten Sparkurs. Im Haushalt für das laufende Jahr wurden Kürzungen von drei Milliarden Euro beschlossen. Berlin könnte – falls das Finanzpaket Realität wird – jährlich hunderte Millionen aus dem Sondervermögen bekommen und ähnlich hohe Kredite aufnehmen.

Brandenburger Parteien wollen Investitionen in Infrastruktur

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach von der Notwendigkeit massiver Investitionen in die Wirtschaft, Gesundheit, Bildung, Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit. In Brandenburg drängt Woidke auf mehr Geld für den Ausbau der Bahnverbindungen. Zudem sprechen sich fast alle Brandenburger Parteien für Investitionen in Straßen, Schulen und Krankenhäuser aus. In Brandenburg machen aktuell etwa 80 Prozent der Kliniken Verluste.

Das BSW, Woidkes Koalitionspartner, lehnt das Finanzpaket in seiner jetzigen Form ab, weil Geld für das Militär ausgegeben werden soll. "Wir brauchen nicht mehr Geld für die Bundeswehr. Wir brauchen Investitionen in einen funktionierenden Staat", sagte Finanzminister Robert Crumbach (BSW).

Bei einer möglichen Abstimmung am kommenden Freitag im Bundesrat könnte sich Brandenburg wegen der gegensätzlichen Positionen innerhalb der Koalition enthalten. Eine Zustimmung des Bundesrates gilt nach der angekündigten Ja-Stimme aus Bayern trotzdem als wahrscheinlich.

Abweichler erwartet

Zuerst müsste der Bundestag jedoch am Dienstag den Grundgesetzänderungen zustimmen. SPD, Union und Grüne kommen im scheidenden Bundestag auf 520 Stimmen zusammen – 31 mehr als nötig. Doch es könnte Abweichler geben, da viele der ausscheidenden Abgeordneten nicht mehr im neuen Bundestag sitzen werden.

Der ehemalige CDU-Generalsekretär Mario Czaja aus Berlin hat bereits erklärt, er werde nicht für die Grundgesetzänderungen stimmen. Er begründete sein Nein mit Sorgen vor einer Neuverschuldung, welche "den Handlungsspielraum des Staates massiv einschränken" werde. Czaja verlor bei der Bundestagswahl sein Direktmandat in Marzahn-Hellersdorf.

Jens Koeppen, Czajas Parteikollege aus Ostbrandenburg, will an der bevorstehenden Abstimmung nicht teilnehmen. Die Mitglieder des scheidenden Bundestages seien aus seiner Sicht nicht legitimiert, Entscheidungen von solcher Tragweite zu treffen, teilte der scheidende Bundestagsabgeordnete auf seiner Webseite mit. Er stehe der "massiven Aufrüstung“ in Europa äußerst skeptisch gegenüber. "Jetzt will man mit dem Panzer durch die Wand." Außerdem habe die Union im Wahlkampf auf die Einhaltung der Schuldenbremse gedrängt, so Koeppen.

Auch die SPD schließt Abweichler nicht aus, erwartet laut Generalsekretär Matthias Miersch aber "eine hohe Zustimmungsquote". Bei den Grünen gilt eine geschlossene Zustimmung trotz weitreichender Zugeständnisse von Union und SPD ebenfalls nicht als wahrscheinlich.

Sendung: rbb24 Inforadio, 18.03.2025, 9 Uhr

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93 Kommentare

  1. 93.

    Nö, stimmt aber nicht! Die Mehrheit des deutschen Vokles, will, daß die neuen Schulden inverstiert werden und alles, wirklich alles in den nächsten Jahren repareirt, bzw. angeschafft wird! Auch wir, die Jugend wollen das für uns selbst!

  2. 92.

    Tja, ist ja schön das sie Nachrichten hören, aber worum es tatsächlich geht, verstehen wohl nicht.

    1. Ja, 70% gehen wegen der Verwaltung rauf. Aber gekürzt wird am Ende bei denen die es brauchen und empfangen.
    2. Ihr Abstandsgebot hat einen großen Denkfehler. Ja, es sollte genügend Abstand sein, aber dazu ist nicht eine Senkung des Bürgergeldes sinnvoll, sondern eine Erhöhung der Löhne. Und schon ist der Abstand und Reiz wieder da.
    3. Bei den Kürzungen die dann kommen, betrifft es nicht nur Arbeitslose, sondern auch Rentner und Arbeitende die aufstocken müssen. Denen wird dann auch das Geld gekürzt.

  3. 91.

    Bürgergeld-Empfänger sind auch Wähler und müssen entsprechend umgarnt werden. Sonst hätte die SPD und die Grünen noch weniger Stimmen bekommen. Deshalb wären auch 95 % noch akzeptabel. Natürlich nicht aus Sicht der Steuerzahler. Die sind aber grundsätzlich außen vor, wenn es um die Frage die Macht und deren Erhalt geht. Merz ist aktuell das beste Beispiel dafür. Erst der Posten und dann eventuell das Land.

  4. 90.

    Endlich habe ich etwas Verbindliches was ich den künftigen Kindern meiner Kinder vererben kann ...

    ... mal sehen was hierzu in 30 Jahren in den Geschichtsbüchern stehen wird ....

  5. 89.

    *23.Hm.
    "Wo sind denn jetzt die großen Demonstrationen?"

    Wo sind SIE denn, wenn demonstriert sind. Sitzen Sie dann in Ihrem Auto und hupen die Demonstranten an?

  6. 88.

    Frankreich hat 2023 61,3 Milliarden US-Dollar in Rüstungszusammenhang ausgegeben. Die Streitkräfte funktionieren. Deutschland hat 2023 66,8 Milliarden US-Dollar für die Rüstung ausgegeben, will noch mehr Geld raushauen und übt noch.
    Warum? Am Geld kanns jedenfalls nicht liegen.

  7. 87.

    Die Plakataktion vom BSW ist eine Schande für den Bundestag, eine Ohrfeige für jeden Demokraten. Wer die Gegenwart mit 1914 vergleicht, ist entweder dumm oder, was viel schlimmer ist, ein Feind der Bundesrepublik, ein Feind unserer Demokratie, ein Geschichtsverdreher und Populist. Kurz um, ein Freund und Gehilfe Putin's und ein Feind unsere Demokratie. Nicht Deutschland und der Westen ist der Aggressor. Der Kriegstreiber ist Putin und Russland.

  8. 86.

    Und wer hat den Krieg angezettelt? Die Ukraine? Nein es war der faschistische Imperialist Putin! Und meinen Sie er hört auf? Nein, er wird weiter machen, wenn er nicht gestoppt wird. Seine Denke gleicht der Gröfaz!

  9. 85.

    Wenn 70% der Kosten des Bürgergeldes in die Verwaltung des Bürgergeldes fließen sehen Sie das als effizient an? Wenn das steuerliche Existenzminimum nicht entsprechend der Rechtsprechung des BVerfG so ausgestaltet ist, dass es auf Grund des Abstandsgebotes einen Anreiz bietet sich aus der sozialen Hängematte zu begeben, das sehen Sie als gerecht an? Sind wir im Umsonststaat gelandet?

  10. 84.

    Was hier abgeht ist völlig gegen den Wählerwillen.
    Diese Gelder hätte man auf eine andere Art und Weise ein sparen können indem man den aufgeblähten Wasserkopf bei Bund und Ländern endlich mal angefangen hätte ab zubauen, wenn man endlich mal angefangen hätte gegen die Steuergelderverschwendung vor zu gehen und die Verschwendung von Geldern in vielen anderen Bereichen. Jetzt fällt uns die Sparpolitik der letzten Jahr Zehnte im Bund bei Bundeswehr, Infrastruktur, Bildung und vielen anderen Bereichen richtig Teuer auf die Füße wo für unsere Urenkel noch zahlen müssen.

  11. 83.

    Die meisten Kommentare hier sind einfach nur gruselig. Die einen haben sich überhaupt nicht mit dem Klimawandel auseinander gesetzt und verdrängen aus Bequemlichkeit alles. Wobei Umweltschäden auch von der nächsten Generation bezahlt werden müssten. Und die anderen wollen sich vielleicht mit einem Taschenmesser verteidigen.
    Danke Herr Chrupalla tolle Rede? Da kann einem nur schlecht werden.
    Ich finde einige sollten zum Aggressor Putin auswandern schön Käffchen trinken wo alles billig ist und die anderen können ja in die USA auswandern und es sich mit den Klimatreibern schön machen dann können sich alle im Wohlstand suhlen auf Kosten der nächsten Generation. Vielleicht könnten die Demokraten dann hier endlich mal in Ruhe leben ohne überzogenen Wohlstand .

  12. 82.

    Sie übersehen Eines, die Steuereinnahmen werden zwischen Bund, Ländern und Kommunen aufgeteilt. Dem Bund stehen also nicht die 10 Billionen € zur Verfügung, sondern nur ein Teil! Und aus den Steuern erhalten auch Sie Leistungen, z.B. von der Kommune in der Sie leben!
    Und das bezeichnen Sie als Possenspiel Demokratie? Da frage ich mich, was Sie unter Demokratie verstehen!

  13. 81.

    Leider sehr richtig. Die Menge der Schulden und die Höhe der Schulden werden zum Problem für den Bundeshaushalt. Die Zinszahlungen und die Tilgungen werden einen immer größer werdenden prozentualen Anteil am Bundeshaushalt einnehmen. Immer mehr Schulden führen — auch bei Staaten — zu schlechterer Bonität und höheren Zinsen. Es muss dann an anderen Stellen gespart werden. Nicht bei Superreichen und bei Pensionen; es wird bei Rente und Sozialem sein. Wie immer.

  14. 80.

    Ja, die Rede hatte schon was ! Was daran nun rechtsextrem war, habe ich noch noch nicht ergründen können. Da braucht es wohl die Expertise aus der demokratischen Mitte ? Von 1,5 Billionen in 10 Jahren ist nun schon offen im Fernsehen die Rede, denn Zinsen kommen noch dazu und die hohe Tilgung der alten Schulden bzw. Staatsanleihen machen den Kohl noch richtig fett. Zahlen tut aber nicht der Staat, sondern der kleine Häuslebauer und Bürger. Da wird noch richtig gekotzt werden. Es wird auch kein Kassensturz gemacht. Warum wohl ? Kann das jemand erklären oder ist es schon zu brisant ?

  15. 79.

    Wird das Word "Sondervermögen" oder "demokratische Mitte" Unwort des Jahres ? Gleich am Anfang zeigt der Neu - Kanzler, wie man die Wähler (nicht) demokratisch austricksen kann.

  16. 78.

    Und Sie meinen, wenn wir nicht in Infrastruktur investieren würden, wenn wir nicht in unsere Verteidigungsfähigkeit investieren würden, und wenn wir nicht in den Klimaschutz investieren würden, käme das den folgenden Generationen zugute...?!? Ein klassischer Toska...

  17. 77.

    Krieg ist die allergrösste nur denkbare Umweltverschmutzung, schon aus diesem Grund sollte jeder Mensch, der es mit dem Klima- und Umweltschutz auch nur ansatzweise ernst meint, jeden diplomatischen Versuch einen Krieg zu beenden unterstützen.
    Waffenproduktion an sich v.a. aber die Kriegswaffenproduktion ist die absolute Fehlallokation von Rohstoffen und Energie, denn sie verschwenden die begrenzt verfügbaren Rohstoffe an Produkte, die alle außer die Shareholder der Waffenfabriken nur ärmer machen. Dafür ein Vermögen bereitzustellen, während dem Normalbevölkerung mit Ansage der Gürtel noch enger geschnallt wird, ist sehr freundlich und sehr harmlos formuliert mehr als unredlich.
    Ich frage mich besorgt, welche Katastrophe es diesmal braucht, damit wieder Vernunft in Politik und Gesellschaft einziehen kann.

  18. 76.

    "Für Wählertäuschung gibt es sogar einen Paragraphen im StGB. " Warum wird dann nicht gegen den mutmaßlichen Wählertäuscher ermittelt?