Grundgesetzänderung - Bundestag stimmt über Schuldenpaket für Infrastruktur und Verteidigung ab
500 Milliarden Euro für Infrastruktur und eine Lockerung der Schuldenbremse: Der scheidende Bundestag tritt am Dienstag noch einmal zusammen, um über neue Schulden zu entscheiden. Die Abstimmung könnte knapp ausfallen.
- Scheidender Bundestag stimmt am Dienstag über milliardenschweres Finanzpaket ab
- Sondervermögen in Hohe von 500 Milliarden für Infrastruktur geplant
- Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und Länder soll gelockert werden
- Zweidrittelmehrheit für Grundgesetzänderung notwendig – Abweichler erwartet
Der Bundestag stimmt am Dienstag in Berlin über das Hunderte Milliarden Euro schwere Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur von Union und SPD ab. Außerdem wird die Schuldenbremse für den Verteidigungshaushalt gelockert.
Für die erforderlichen Grundgesetzänderungen ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Die Grünen haben nach Zugeständnissen – vor allem beim Klimaschutz – ihre Zustimmung angekündigt. AfD, FDP, Linke und BSW wollen dagegen stimmen.
100 Milliarden und zusätzliche Schulden für die Länder
Das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für Investitionen in Infrastruktur soll über zwölf Jahre laufen – dies entspricht rechnerisch knapp 42 Milliarden Euro pro Jahr. 100 Milliarden Euro des Gesamtbetrags sollen den Ländern zur Verfügung gestellt werden.
Zudem sollen künftig alle Verteidigungsausgaben über einem Prozent der Wirtschaftsleistung nicht mehr unter die Verschuldungsregeln des Grundgesetzes fallen. Auf Grundlage des Bruttoinlandsprodukts für 2024 liegt die Ein-Prozent-Schwelle aktuell bei rund 43 Milliarden Euro.
Auch für die Länder soll die Schuldenbremse gelockert werden: Sie sollen künftig wie der Bund pro Jahr Kredite von bis zu 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aufnehmen können.
Wegner: Berlin braucht "Konjunkturbooster"
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) befürwortet seit Langem eine angepasste Schuldenbremse. Er sprach nach der Einigung von Union, SPD und Grünen von einem kraftvollen Signal für Stabilität. Berlin brauche einen "Konjunkturbooster", um wieder wettbewerbsfähig zu werden.
Der schwarz-rote Berliner Senat fährt einen harten Sparkurs. Im Haushalt für das laufende Jahr wurden Kürzungen von drei Milliarden Euro beschlossen. Berlin könnte – falls das Finanzpaket Realität wird – jährlich hunderte Millionen aus dem Sondervermögen bekommen und ähnlich hohe Kredite aufnehmen.
Brandenburger Parteien wollen Investitionen in Infrastruktur
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach von der Notwendigkeit massiver Investitionen in die Wirtschaft, Gesundheit, Bildung, Sicherheit und Verteidigungsfähigkeit. In Brandenburg drängt Woidke auf mehr Geld für den Ausbau der Bahnverbindungen. Zudem sprechen sich fast alle Brandenburger Parteien für Investitionen in Straßen, Schulen und Krankenhäuser aus. In Brandenburg machen aktuell etwa 80 Prozent der Kliniken Verluste.
Das BSW, Woidkes Koalitionspartner, lehnt das Finanzpaket in seiner jetzigen Form ab, weil Geld für das Militär ausgegeben werden soll. "Wir brauchen nicht mehr Geld für die Bundeswehr. Wir brauchen Investitionen in einen funktionierenden Staat", sagte Finanzminister Robert Crumbach (BSW).
Bei einer möglichen Abstimmung am kommenden Freitag im Bundesrat könnte sich Brandenburg wegen der gegensätzlichen Positionen innerhalb der Koalition enthalten. Eine Zustimmung des Bundesrates gilt nach der angekündigten Ja-Stimme aus Bayern trotzdem als wahrscheinlich.
Abweichler erwartet
Zuerst müsste der Bundestag jedoch am Dienstag den Grundgesetzänderungen zustimmen. SPD, Union und Grüne kommen im scheidenden Bundestag auf 520 Stimmen zusammen – 31 mehr als nötig. Doch es könnte Abweichler geben, da viele der ausscheidenden Abgeordneten nicht mehr im neuen Bundestag sitzen werden.
Der ehemalige CDU-Generalsekretär Mario Czaja aus Berlin hat bereits erklärt, er werde nicht für die Grundgesetzänderungen stimmen. Er begründete sein Nein mit Sorgen vor einer Neuverschuldung, welche "den Handlungsspielraum des Staates massiv einschränken" werde. Czaja verlor bei der Bundestagswahl sein Direktmandat in Marzahn-Hellersdorf.
Jens Koeppen, Czajas Parteikollege aus Ostbrandenburg, will an der bevorstehenden Abstimmung nicht teilnehmen. Die Mitglieder des scheidenden Bundestages seien aus seiner Sicht nicht legitimiert, Entscheidungen von solcher Tragweite zu treffen, teilte der scheidende Bundestagsabgeordnete auf seiner Webseite mit. Er stehe der "massiven Aufrüstung“ in Europa äußerst skeptisch gegenüber. "Jetzt will man mit dem Panzer durch die Wand." Außerdem habe die Union im Wahlkampf auf die Einhaltung der Schuldenbremse gedrängt, so Koeppen.
Auch die SPD schließt Abweichler nicht aus, erwartet laut Generalsekretär Matthias Miersch aber "eine hohe Zustimmungsquote". Bei den Grünen gilt eine geschlossene Zustimmung trotz weitreichender Zugeständnisse von Union und SPD ebenfalls nicht als wahrscheinlich.
Sendung: rbb24 Inforadio, 18.03.2025, 9 Uhr
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