- Stress abbauen: Methoden & Tipps zur Stressbewältigung
Stress ist oft ernstes Gesundheitsrisiko. Mit Methoden wie Meditation, Achtsamkeit, Yoga, Sport & Stressmanagement kann man ihn aktiv abbauen. So geht's:
Was ist Stress?
Stress und Panik sind mächtige Gefühle – und auch sehr alte in der biologischen Geschichte des Menschen (wie übrigens auch vieler anderer Tiere). Während das Reagieren auf Stressoren (Stressfaktoren) aber früher (und heute noch in Extremsituationen) das Überleben sicherte, kollidiert Stress heute häufig mit dem Alltag in einer modernen Leistungsgesellschaft. Die Anspannung kann selber zum Risikofaktor für unsere Gesundheit werden, gerade dann, wenn Stress zur Dauerbelastung, also zum Dauerstress wird.
Ziel von Stress, also der Ausschüttung von Stresshormonen ist es:
• den Körper schnell handlungsfähig zu machen – dafür werden notwendige normale Funktionen, wie z. B. sorgfältige Verdauung, zurückgestellt (Fight or Flight Prinzip).
• uns schnell reaktionsfähig und entscheidungsfähig zu machen – aufwändige kognitive Denkprozesse und Konzentration sind benachteiligt.
• Energiereserven durch Stoffwechselprozesse möglichst schnell zu mobilisieren.
Stress ist nicht per se negativer Stress (Dysstress), denn Auslöser kann auch ein freudiges Ereignis sein, wie Liebe, eine gute Nachricht, die Geburt eines Kindes, Anspannung beim Mitfiebern usw. und dann wird die Stresssituation auch als positiv oder erfüllend und befriedigend wahrgenommen (Eustress). Schließlich ist auch großes Glück neurobiologisch eine Form von Stress.
Allerdings macht laut Studien und Umfragen inzwischen negativer Stress mindestens der Hälfte der Bevölkerung hierzulande immer wieder zu schaffen.
Welche Symptome treten bei Stress auf?
Eine hohe Konzentration bzw. Ausschüttung von Stresshormonen (am bekanntesten sind: Noradrenalin, Adrenalin und Cortisol) bewirkt beispielsweise, dass der Herzschlag sich beschleunigt und lässt den Blutdruck steigen – das erhöht die Gefahr für Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch der Blutzucker steigt mit Stress – so kann auch das Diabetesrisiko durch Stress erhöht werden.
Grundsätzlich kann Stress häufig diese Symptome auslösen:
• Bluthochdruck
• Erhöhter Puls
• Erhöhter Blutzuckerspiegel
• Schweißausbrüche
• Zittern
• Verspannungen (besonders an Nacken, Schultern & Rücken)
• Kopfschmerzen
• Verdauungsprobleme & Magen-Darm-Probleme (z. B. durch stärker konzentrierte Magensäure, Durchfall oder Verstopfung)
• Appetitlosigkeit
• Schlafstörungen
• geschwächtes Immunsystem
• Leistungsabfall & Konzentrationsstörungen
• Reizbarkeit & Stimmungsschwankungen
• Erschöpfung (bis zum Burnout)
Je höher die Frequenz von Stresssituationen ist und je weniger Zeit zur Erholung davon (Regeneration) bleibt, desto größer ist die Gefahr von Dauerstress und anhaltenden Gesundheitsrisiken. Zu den Gesundheitsrisiken gehören beispielsweise Schlafstörungen, die wiederum Gedächtnis und kognitive Leistungsfähigkeit stören, und Verdauungsprobleme, die zu Übergewicht (z. B. werden die Wirkprozesse von Insulin und Glucagon auf den Blutzucker negativ beeinflusst) bis hin zur Veränderung der Darmflora führen können.
Was verstärkt Stress im Alltag?
Ein wichtiger Stressverstärker ist: vorangegangener Stress, von dem man sich gar nicht oder schlecht erholen konnte. Sind wir schon z. B. durch kognitive Leistungsbeeinträchtigungen, Gedächtnisstörungen oder Schlafmangel vorbelastet, sinkt die Resilienz, also die Widerstandsfähigkeit, mit der wir neuen oder wiederkehrenden Stressoren (Stressfaktoren) im Alltag begegnen können.
Zu Risikogruppen in Sachen Stress gehören Menschen mit:
• Vorerkrankungen (z. B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
• hohem Blutdruck
• schlechtem Schlaf (Schlafstörungen)
• hohem Alter
• schlechter Ernährung
• geringer körperlicher Fitness
• psychischer Stressanfälligkeit (z. B. durch besonderen Ehrgeiz, schwaches Selbstbewusstsein, Existenzängste, Helfersyndrom, Hang zum Perfektionismus)
• hoher Arbeitslast
• Berufen in Schichtarbeit
• multiplen sozialen "Anspruchsgruppen" und Herausforderungen (aus Job, Familie, Freundeskreis, Peergroup, etc.)
Stressgegner: Wie "Fokussieren" hilft
Ob Meditation, Yoga, Bewegung oder Achtsamkeit – diese und mehr Methoden gegen Stress und Stressreaktionen verbindet, dass ganz bewusst die Aufmerksamkeit unseres Gehirns aus der Stressspirale herausgeführt und auf etwas anderes gelegt wird. Indem man sich zum Beispiel auf die Atmung, den konkreten Moment oder eine Bewegung konzentriert, aktiviert man über verschiedene Botenstoffe das zentrale Nervensystem (konkret: vegetatives Nervensystem) und signalisiert dem Gehirn Entspannung und Vertiefung. Kurz: "Hier gibt es keinen Grund zur Panik, ich habe Zeit und Ruhe tief durchzuatmen und mich zu konzentrieren – die Situation muss sicher sein."
Ob durch Entspannungstechniken, wie Yoga oder Meditation oder Achtsamkeitstechniken – der Parasympathikus wird angesprochen und die Ausschüttung von Stresshormonen wie Noradrenalin, Adrenalin und Cortisol heruntergefahren. Studien am Max-Planck-Institut für Neurowissenschaften in Leipzig konnten beispielsweise zeigen, dass durch einige Meditationsübungen der Cortisolspiegel um bis zu 50 Prozent sinken kann.
Wer regelmäßig mit Hilfe von Meditation, Yoga, Achtsamkeitsübungen, usw. trainiert, trainiert damit auch den Präfrontalen Cortex – also den Teil des Gehirns hinter der Stirn im Frontallappen der Großhirnrinde, der für Konzentration und bewusste Entscheidungen zuständig ist.
Wie wirken Atemtechniken gegen Stress?
Atmen ist nicht nur lebensnotwendig – unsere Atemfrequenz, also die Atemzüge pro Minute, senden auch ein wichtiges Signal an Körper und Gehirn über potentielle Bedrohungssituationen oder Phasen der Entspannung. Damit ist der Atem ein wichtiger Hebel im Körper, den man auch bewusst nutzen kann, um Signale zu senden – beispielsweise zum Beenden einer Stresssituation und Stressbewältigung. Spezielle Atemtechniken, die auch in der Meditation angewandt werden, machen sich dieses Prinzip zu nutze.
Wenn der Stress steigt, wird die Atmung schneller, die Herzfrequenz steigt und Muskeln verspannen sich.
Die gute Nachricht: Es geht auch andersherum. Wer langsamer atmet, deaktiviert das sympathische Nervensystem und das parasympathische Nervensystem wird aktiver.
Tipp: Dazu reichen schon Auszeiten von etwa zwei Minuten. Kurz die Augen schließen, die Hand auf den Bauch legen und tief in den Bauch einatmen und ausatmen, dabei auf die Atmung konzentrieren. Das Ganze etwa 5-7 Mal wiederholen.
Wer mehr Fokus braucht, um aus einem Gedankenkarussel (kreisende Gedanken, die immer mehr Druck aufbauen) zu entkommen kann die Zunge an die Rückseite der Zähne legen und Atemzüge zählen, z. B.: 5-7 Mal einatmen, 5-7 Sekunden den Atem halten und dann wieder 5-7 Sekunden lang ausatmen.
Achtsamkeit gegen Stress
Um die Jahrtausendwende rückte Achtsamkeit (Mindfulness) in den Fokus der neueren Wissenschaft – und damit auch raus aus einer rein esotherischen Ecke. Mittlerweile gibt es gute Belege für die Wirksamkeit, gerade des Stressreduktionsprogramms MBSR - Mindfulness Based Stress Reduction. In solchen Programmen lernen die Übenden verschiedene Meditationstechniken und Entspannungstechniken in etwa acht Sitzungen kennen. Angeleitet werden sie von speziell ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern.
Der Body-Scan ist die Einsteigerübung, um den eigenen Körper systematisch in Ruhe wahrzunehmen. Die Übungen der MBSR bestehen aus einer Kombination aus Meditation, Yoga und achtsamer Körperwahrnehmung. Die meisten Krankenkassen bezuschussen MBSR-Kurse.
"[Achtsamkeit wirkt] weil es das Gehirn trainiert, nicht dem evolutionär bedingten Flucht- und Kampfimpuls nachzugehen, der sich reflexartig zeigt, sobald wir in eine schwierige Situation geraten", sagt Jochen Strauch, MBSR-Lehrer aus Hamburg und Mitglied des Verbandes der Achtsamkeitslehrenden MBSR-MBCT. "Meditieren heißt, zu beobachten, was den Geist bewegt – und die Wahl zu haben, es vorüberziehen zu lassen. Wie Wolken am Himmel."
Achtsamkeit unterscheidet sich von reinen Entspannungsübungen durch die Konzentration auf den Augenblick, Ruhe und Offenheit für die Zielsetzung – während reine Entspannungsübungen eine konkrete Stressituation aufzulösen versuchen, also einen Zustand verändern wollen, wenden sich Achtsame dem Moment voller Offenheit und Akzeptanz zu.
Stress aktiv abbauen mit Sport & Bewegung
Stresshormone sollen uns auch in Bereitschaft für die Flucht versetzen – die Muskeln werden unter Anspannung gesetzt und verkrampfen daher leichter, gerade an Nacken, im Schulterbereich und am Rücken.
Die gute Nachricht: Bewegung und Sport können helfen, denn Sport beschleunigt den Stressabbau und führt nebenbei auch zur Muskelentspannung.
Hintergrund: Durch körperliche Bewegung werden vermehrt Endorphine und Serotonin ausgeschüttet. Dadurch werden Stresshormone schneller abgebaut. Tipp: Es lohnt sich Sport oder Bewegung nah an die Stresssituation "heranzulegen", also nicht als neuen Terminposten auf später zu verschieben.
Schon kleine Bewegungspausen können große Wirkung haben und Entspannung bringen: Beispielsweise sich 1-2 Songs lang Zeit zu nehmen, um im Homeoffice mal richtig Stress weg zu tanzen. Auch ein Spaziergang in der Mittagspause kann helfen – dann wirkt nicht nur die Bewegung selbst, sondern psychisch auch die Distanz zum Arbeitsplatz. Und: Große Bewegungen, zum Beispiel durch Kreisen mit den Armen und Einbinden des Oberkörpers helfen auf die Bewegung zu Fokussieren und im Endeffekt bei der Stressbewältigung und Muskelentspannung.
Wichtig: Diese Zeit, die Bewegungspause, dient nicht zum Erledigen anderer Aufgaben wie Besorgungen oder Telefonaten, sondern nur der Bewegung und Fokussierung selbst – diese Zeit gehört nur Ihnen und ihrem Körper.
Auch wichtig: Gerade durch kurzfristige Entlastung und Entspannung in solchen Pausen kann die Kreativität und Leistungsfähigkeit des Gehirns wieder aufflammen – das ist schön, kann aber direkt wieder in die Leistungsspirale führen. Kleiner Tipp: Die plötzliche Idee schnell per Sprachnachricht an sich selber schicken, dann geht's aber weiter mit der Pause vom Job! Das vermeidet auch neuen Stress durch Zielkonflikte im Kopf, denn die "Idee" ist erstmal gespeichert und abgelegt.
Tipps aus dem Stressmanagement
Stressmanagement ist ein Begriff, der Methoden und Übungen zur Stressbewältigung, Stressreduktion und Stressprävention (vorbeugen) umfasst. Und: Ja, es ist auch ein Modebegriff. In diesem Fall macht es die Sache aber nicht weniger nützlich, denn mit ein paar konkreten Techniken kann man sein Stresslevel im Alltag besser im Zaum halten, also Stress abbauen und Entspannung schaffen. Ein paar Beispiele:
Planung kann Stress senken
Wer viel leisten will und/oder muss, hat in der Regel reichlich Stress durch Aufgaben und Termine. Für eine gute und Stress reduzierende Planung ist es aber wichtig:
• Pausen einzuplanen, an denen nicht "gekürzt" wird im Stressfall
• den "Aktivitäten für mich" (Sport, Kultur, Freunde treffen) genauso einen festen Platz bei der Planung zu geben, wie den Terminen der anderen
• Versuchen Aufgaben konkrete Zeitfenster zuzuweisen, statt sie nur aufzulisten – so merkt man schneller, wenn der Tag "überbucht" ist, und sich somit überfordert
• die aktuellen Ziele und "Baustellen" offen kommunizieren. So wissen Kolleginnen, Freunde und Familie, wann es mal eng werden kann. Wird eine Aufgabe nicht heute erledigt, hat man selbst weniger das Gefühl jemanden im Stich zu lassen, wenn er oder sie sich darauf einstellen kann.
• sich selbst Freizeit einplanen (nicht nur Pausen). Das verhindert z. B. Revenge Bedtime Procrastination (Wachbleiben aus Trotz), mit der man sich selber wiederum um guten Schlaf bringt, weil man "doch jetzt auch mal dran" ist am späten Abend.
Bewegung senkt Stress
Durch Bewegung und sportliche Übungen wird aktiv Stress, genauer: Stresshormone, abgebaut (Fight Or Flight System). Nutzen Sie das! Auch 2-3 Minuten Treppen steigen, tanzen, hüpfen oder was immer sonst Spaß macht und gerade passt, hilft Stress abbauen – vor allem auch gegen angespannte Muskeln in Nacken, Rücken und Schultern.
Soziale Kontakte senken Stress
Ob ein Gespräch mit Freunden, Kolleginnen oder ein netter Tag mit der Familie – Soziale Kontakte, die als positiv empfunden werden, helfen nicht nur dem Gedächtnis sondern auch gegen Stress, also beim Stressabbau. Unter anderem wird das Hormon Oxytocin ausgeschüttet (auch bekannt als Kuschelhormon), wenn wir uns in Gesellschaft wohl fühlen.
Schon sich selber in den mentalen Zustand eines entspannten Plausches mit den Liebsten zu begeben – sozusagen Gedanken an soziale Kontakte – können Menschen beim Stress abbauen helfen. Zum Beispiel, indem man sich im Alltagsstress Zeit nimmt, eine nette oder witzige Nachricht an jemanden zu schreiben oder sich eine kleine Überraschung für einen lieben Menschen auszudenken. So zieht man Kopf und Gedanken positiv kurz aus einer anstrengenden Situation heraus.
Beitrag von Lucia Hennerici