Statements und Proteste - Flucht, Israel und Demokratie bestimmen die politischen Diskussionen der Berlinale

So 16.02.25 | 14:52 Uhr | Von Ula Brunner
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Schauspieler und Prominente nehmen am 15.02.2025 an einer Protestaktion von SOS Humanity während der Berlinale bei der Medienboard Berlin-Brandenburg Party teil. (Quelle: dpa-Bildfunk/Christophe Gateau)
Audio: rbb 88.8 | 16.02.2025 | Michael Ernst | Bild: dpa-Bildfunk/Christophe Gateau

Jessica Chastain spricht über die USA, Tilda Swinton über Menschenrechte, Heike Makatsch plädiert für ein Umdenken: Die Berlinale gilt seit jeher als politisches Festival – und auch in diesem Jahr bleibt sie ein Ort für starke Statements. Von Ula Brunner

Die Berlinale gilt traditionell als politisches Festival. Und auch wenn die neue Chefin Tricia Tuttle betont, dass das Festival keine expliziten Positionen ergreift, nutzen zahlreiche Künstler:innen die große Bühne, um deutliche Statements zu setzen. "Ich glaube nicht, dass es Aufgabe der Berlinale ist, den Leuten zu sagen, wen sie wählen sollen. Kino ist im Allgemeinen politisch, weil es immer die Perspektive von jemandem ist", erklärte Tricia Tuttle zum Auftakt. Die Berlinale wolle eine Plattform für "Meinungsfreiheit" bleiben. Genau diese Plattform dient vielen Filmschaffenden und Schauspieler:innen dazu, politische Botschaften zu verbreiten.

"Ich drücke uns nur allen die Daumen, dass sich der Wind noch dreht."

Mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl sagte Schauspielerin Heike Makatsch auf der abendlichen Medienboard Berlin-Brandenburg Party: "Man kann nur hoffen, dass die Menschen aufwachen, dass sie nicht rechts wählen, dass sie sich die Wahlprogramme noch mal wirklich ganz genau anschauen. Ich drücke uns nur allen die Daumen, dass sich der Wind noch dreht."

Mit Schildern und Schals protestierten außerdem viele Prominente für mehr Menschlichkeit auf dem Mittelmeer. Darunter waren auch Merlin Sandmeyer und Marc Hosemann, Anna Thalbach und Rosalie Thomass. Musikalisch unterstrichen wurde die Aktion der Hilfsorganisation "SOS Humanity" von Sänger Marlo Grosshardt. In seinem Song "Oma" sang er über seine Angst vor rechter Politik.

"Wir appellieren daran, dass Menschen in Not, auf der Flucht, die Asyl suchen, von uns erst einmal aufgenommen werden müssen", erklärte Makatsch den Protest. Bereits bei der Eröffnung der Berlinale am Donnerstag hatten die Schauspielerinnen Meret Becker und Anna Thalbach einen Schal mit der Aufschrift " Humanity for all" hochgehalten.

Jessica Chastain: "Ich werde mein Land nicht aufgeben"

Auch internationale Stars machten politische Statements. Oscar-Preisträgerin Jessica Chastain sprach bei der Pressekonferenz zu ihrem Wettbewerbsfilm "Dreams" über die Lage in den USA. "Ich werde mein Land nicht aufgeben", sagte sie mit Blick auf die aktuellen politischen Entwicklungen in ihrer Heimat. Auch wenn sie keinen Namen nannte, war deutlich, dass sie sich kritisch zu den harten Migrationspolitiken der neuen US-Regierung äußerte.

Ihr Wettbewerbs-Beitrag "Dreams" thematisiert unter anderem die illegale Migration in die USA. "Es gibt viele Orte, an denen es unglaublich schwierig ist zu leben, und es eine Menge Unruhen gibt", sagte Chastain weiter. "Aber wenn man nicht in der Lage ist, einen Funken Hoffnung oder das Gefühl zu haben, dass es anders sein könnte, was bringt es dann, weiterzumachen?"

Politik auf dem roten Teppich

Auf dem roten Teppich sind politische Botschaften ebenfalls allgegenwärtig. Klimaaktivistin Luise Neubauer hatte bei der Eröffnung mit ihrer Garderobe für Aufsehen gesorgt. Sie trug ein weißes Kleid mit der Aufschrift "Democracy Dies in Daylight" und "Donald & Alice & Elon" - in grauer Schrift darunter "& Friedrich?".

In Erinnerung bleiben wird vielen die flammende Rede von Oscar-Preisträgerin Tilda Swinton, die mit einem Goldenen Ehrenbären ausgezeichnet wurde. In ihrer Dankesrede wandte sie sich gegen "eine Politik von Ausgrenzung, Verfolgung und Abschiebung" und sprach sich für "humane Solidarität mit allen Menschen" aus.

Am Folgetag betonte Swinton ihre "Bewunderung" für die umstrittene BDS-Bewegung, die den Boykott Israels befürwortet: "Wir fühlen uns alle machtlos. Und jede Aktion, die wir dagegen unternehmen, scheint eine gute zu sein." Ihre Aussage sorgte für gespaltene Reaktionen.

Israel-Gaza-Konflikt bleibt allgegenwärtig

Bereits der Start der 75. Berlinale unter der neuen Festival-Direktorin Tricia Tuttle war überschattet von den Ereignissen des Vorjahres: Die Preisgala 2024 war wegen einseitiger und unwidersprochener israelkritischer Äußerungen Filmschaffender mit einem Eklat zu Ende gegangen.

Auch deswegen wohl erinnerte Tuttle gemeinsam mit Filmschaffenden wie Andrea Sawatzki oder Ulrich Matthes bei der Eröffnungsgala auf dem roten Teppich an die israelische Geisel David Cunio. Sie hielten ein Foto des Filmemachers mit der Aufschrift "Bring David Cunio Home" in den Händen - die Berlinale zeigt einen Film, der von ihm handelt: "Michtav Le'David. A Letter to David". Gleichzeitig protestierten Menschen am Berlinale-Palast gegen die israelischen Kampfhandlungen, riefen "Free Palestine" und hielten ein Banner mit der Aufschrift "Staatsräson ist Genozid" hoch.

Auch jenseits der Filme, die auf der Berlinale laufen: Das Festival bleibt eine prominente Bühne, um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf internationale und nationale Konfliktherde zu richten. Entziehen kann man sich der politischen Dimension der Berlinale auch in diesem Jahr nicht.

Berlinale-Stars positionieren sich politisch

Sendung: rbb 88.8, 16.02.2025, 13:00 Uhr

Beitrag von Ula Brunner

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2 Kommentare

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  1. 2.

    Vielen Dank für Ihren treffenden Kommentar Herr Krüger. Die von Ihnen angesprochene eigentliche Aufklärung macht aber viel Arbeit, kostet Zeit und lässt sich zudem schwer vermarkten. Schauspierinnen u. Schauspieler sehen aber mit ihren öffentlichen Bekenntnissen für eine bessere Welt oder Menschheit ihre eigene Selbstdarstellung als "Kämpfende" für das Gute vollkommen gesättigt. Und damit endet i. d. R. auch ihr Engagement (sic!).

  2. 1.

    Erst einmal nichts dagegen, dennoch aber für etwas anderes:

    Mal als das Plakative, mehr als das leicht zu Verdauende, wäre ggf. etwas angebracht, was wirklich andere Denk- und Handlungsprozesse auslöst. Dazu allerdings wären Menschen vor allem im Innern anzusprechen. Das ist dann zugegebenermaßen nicht so spektakulär, aber nachhaltiger, um mal einen der neueren Begriffe aufzunehmen.

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