Vorsicht bei: Dünger, Bitterstoffen, Schimmel & Parasiten - Gemüse aus eigener Ernte: ohne Gift & Schadstoffe
Eigenes Gemüse ernten biologisch & gesund. Tipps wie Sie ohne Gifte, Pflanzenschutzmittel und Schadstoffe anbauen, gibt es hier.
Jetzt ist die richtige Zeit, um in Garten oder Hochbeet und auf dem Balkon erste Gemüsesorten zu pflanzen, die man dann im Sommer ernten und genießen kann: Blumenkohl und Brokkoli z. B. können jetzt raus. Direkt aussäen kann man z. B. Spinat, Salate, Bohnen, Möhren oder Radiesschen.
Gesund soll es sein und Spaß machen. Doch wie gelingt das ohne chemischen Dünger und Pflanzenschutzmittel? Auf welche Schadstoffe im Boden sollte man achten? Und wie vermeidet man Rückkreuzungen, die auf den Magen schlagen und gefährlich werden können?
Wichtig für Schadstoffe: Lage, Lage, Lage!
Gemüse in der Stadt anzupflanzen, wird immer beliebter. Urban Farming nennt sich der Trend. Doch Pflanzen, die in der Nähe großer Straßen wachsen, können mit Feinstaub belastet sein, der Schwermetalle wie Cadmium, Chrom oder Blei enthält.
Diese Schadstoffe werden von den Pflanzen aufgenommen und können beim Verzehr in den menschlichen Körper gelangen.
Hecken oder andere hohe Grüngewächse können als eine Art Schutzmauer dienen, die Feinstaub abhalten.
Dennoch: je weiter weg von Abgasquellen ein Gemüsebeet angelegt wird desto besser. "Je besser die Bedingungen für das Gemüse sind, umso kräftiger und umso gesünder ist es auch. Wenn es rumschwächelt und dann auch noch an der Straße steht, dann sind die Chancen auf gesundes Gemüse eher schlecht", sagt Horst Mager. Der Biologe und Landschaftsgärtner moderiert unter anderem die rbb Sendung Horst sein Schrebergarten.
Natürlich düngen
Klar, jeder möchte prächtige, rote Tomaten, saftig grünen Salat und dicke, gelbe Kartoffeln aus dem Gemüsegarten holen. Da ist der Griff zum chemischen Dünger verführerisch. "Die Bodenorganismen anzuregen und zu füttern, damit sie sich vermehren und den Boden wertvoll machen, ist mir lieber als die Chemie direkt in die Pflanze zu schleusen", sagt Gärtner Horst Mager zu diesem Thema. Doch wie kann das gelingen?
Eine gute Möglichkeit sind Hornspäne oder Hornmehl, das aus den Klauen und Hörnern von Tieren gewonnen wird. Hornspäne kann man schon im Herbst, spätestens im Frühjahr auf die Beete aufbringen, denn sie brauchen ein Weile, bis sie so zersetzt sind, dass die Pflanzen sie überhaupt aufnehmen können.
Während der Wachstumsphase des Gemüses, ist Kompost ein guter organischer Dünger. Ein Komposthaufen braucht ungefähr ein Jahr, bis seine Bestandteile so stark zersetzt sind, dass man den Kompost direkt aufs Beet aufbringen kann. Daher lohnt es sich, mehrere Komposthaufen anzulegen. Eine andere Möglichkeit: Staudenabfälle, Rasenschnitt und Blätterabfall klein schneiden oder häckseln und auf die Beete aufbringen; allerdings nicht höher als ein bis zwei Zentimeter.
Ebenfalls gut geeignet ist Pferdemist; doch sollte auch der mindestens ein Jahr lagern. Denn: "Alles frisch aus dem Pferd ist sehr scharf und entzieht zum Beispiel jungen Pflanzen das Wasser und verätzt so die kleinen Würzelchen", sagt Horst Mager.
Auch Guano ist ein natürlicher Dünger mit dem Hauptbestandteil Tierkot, genauer: Exkrementen von Seevögeln, wie Pinguinen und Kormoranen. Zusammen mit z. B. Robbenmist, Eierschalen, Federn, Vogelknochen usw. verwittert der Mix auf kalkreichen Böden. Er wird "geerntet" und landet - oft nach langem Transport - als nährstoffreiches Pulver im Gartencenter oder Baumarkt.
Eine andere und regionale Möglichkeit für eigenen Dünger ist die Herstellung eines Brennnesselsuds - DIY für den Garten:
ein Kilo Brennnesseln auf zehn Liter Regenwasser geben und zwei bis drei Wochen stehen lassen. Der Sud vergärt und ist dann ein guter Dünger, der direkt an die Wurzeln der Pflanzen gegossen wird. Aber Achtung: Bei der Gährung kann der Sud starken Geruch entwickeln - das müssen nicht nur Sie, sondern auch die Nachbarn abkönnen.
Schützen ohne Nebenwirkungen: Sud gegen Fressfeinde & Pilze
Blattläuse, Trauermücken oder Schnecken gehören zu den Schädlingen im Garten, die einem die Gemüseernte gründlich verderben können. Abenso Pilze, wie der Mehltau. Doch auch hier gibt es durchaus natürliche Mittel, um die Störenfriede und Fressfeinde abzuhalten:
Ein Sud aus Zwiebeln (150 Gramm in zwei Litern Wasser für 30 Minuten ziehen lassen) alle zwei Wochen aufgebracht hilft gegen Pilzbefall.
Bei Tomatenfäule kann man einen Sud aus Moos ansetzen: Das Moos 24 Stunden in kaltem Wasser einweichen und das dann auf die Tomaten sprühen.
Gegen Mehltau hilft ein Gemisch aus Wasser und Molke oder Rohmilch im Verhältnis 1:5 (ein Teil Molke, fünf Teile Wasser).
Ganz wichtig: Wenn Pflanzenteile von Pilzen oder anderen Schädlingen befallen sind, sollte man die Pflanzenteile im Hausmüll entsorgen und nicht auf den Kompost tun.
Wer nicht die Zeit oder Lust hat, organische Sud-Kompositionen anzusetzen, der kann auch schon mal auf ein Pflanzenschutzmittel zurückgreifen. Wer das tut, sollte aber unbedingt "auf der Packungsbeilage nachlesen, ob diese für Gemüse und Nahrungsmittel überhaupt empfohlen sind und ob sie für Bienen gefährlich sind, sonst hat man auch keine Bestäuber im Beet und dann hat man auch kein Gemüse", weiß Horst Mager.
Nach dem Aufbringen des Pflanzenschutzmittels ist es wichtig, die Wartezeiten bis zum Verzehr einzuhalten, die ebenfalls auf der Packungsbeilage zu finden sind.
Naschen & Ernten: Schadstoffe, Bitterstoffe & Co.
Durch den Garten streifen und hier ein Tomate naschen und da eine Beere kosten - so stellt man sich den Lohn des Gemüse- und Obstgärtnerns gern vor. Doch besser ist es, Obst und Gemüse vor dem Verzehr gründlich zu waschen. Das beseitigt Rückstände von Dünger oder Schädlingsbekämpfungsmitteln und auch Verunreinigungen durch Tiere wie Katzen, die gern sandige Böden als Katzentoilette nutzen.
Bei Nachtschattengewächsen wie Kartoffeln, Tomaten und Auberginen sollte man keine Pflanzenteile essen, die grün sind. Einzige Ausnahme: alte Tomatensorten, die grün sind und bleiben.
Ungekochte Bohnen enthalten Phasin, ein Stoff der zu Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen und Durchfall führen kann. Daher sollte man Bohnen nicht roh essen, sondern immer kochen, denn dadurch wird das Phasin zerstört.
Knöterichgewächse wie Rhabarber, Spinat und Blutampfer enthalten Oxalsäure. Das ist der Stoff, der das pelzige Gefühl auf der Zunge hinterlässt. Zu viel davon kann für Menschen mit einer Nierenschwäche gefährlich werden; Vorsicht gilt auch, wenn man einen Eisenmangel hat oder Antibiotika einnimmt.
Je früher die Blätter beziehungsweise Stängel geerntet werden, desto weniger Oxalsäure enthalten sie.
Zucchini eignen sich gut als Gemüse für "Einsteiger". Die zur Familie der Kürbisse gehörenden Zucchini sind recht anspruchslos und wachsen schnell und üppig. Unter bestimmten Umständen können Zucchini aber Giftstoffe entwickeln, die so genannten Cucurbitacine. Das sind Bitterstoffe, die zu Übelkeit und Kreislaufproblemen führen können.
Die Ursachen für zu viel Cucurbitacin in Zucchinis sind vielfältig: Zu hohe Temperaturen und Wassermangel im Sommer, eine zu späte Ernte und falsche Beetnachbarn.
Zierkürbisse enthalten von Natur aus sehr viel Cucurbitancin; kreuzen die sich mit Zucchinis, enthalten letztere noch mehr von dem Bitterstoff.
Empfohlen wird, das Saatgut für Zucchini im Fachhandel zu kaufen, denn daraus entstehen Sorten, die wenig Bitterstoffe enthalten.
Übrigens: Kochen, Backen oder Braten zerstören die Bitterstoffe nicht! Kommt Ihnen eine Speise mit Kürbisgewächsen überdurchschnittlich bitter vor - lieber drauf verzichten.
Gesunde Ernte satt: So geht's!
Unser rbb Gartenexperte Horst Mager hat ganz praktische Tipps für Erfolg im Gemüsegarten:
Wer neu einsteigt in den Gemüseanbau, sollte als erstes einen Tag im Garten verbringen und gut beobachten. Denn: "Gemüse braucht fünf Stunden Sonne am Tag. Wenn man ein Gemüsebeet baut, dann geht man in den Garten und schaut: Wo ist eigentlich der sonnigste Standort in dem Garten?" Das ist Horst Magers erster Tipp.
Der nächste: Mischkulturen anlegen. Also Gemüse mit Blumen wie Cosmea oder Bartnelke mischen, das zieht Bestäuber wie Bienen an. Pflanzt man Gemüse aus verschiedenen Familien nebeneinander, sorgt das dafür, dass die Pflanzen sich gegenseitig die Schädlinge fernhalten. Also die Zwiebel neben die Möhre oder die Erdbeeren neben den Knoblauch setzen.
Bevor man einen Gemüsegarten anlegt, kann es sich lohnen, eine Nährstoffanalyse des Bodens zu machen (Schnelltest) oder machen zu lassen. In Berlin gibt es zahlreiche Anbieter, die so etwas durchführen.
Man schickt die Bodenprobe per Post, füllt einen Fragebogen aus und bekommt innerhalb von 1-2 Wochen das Ergebnis. Solche Bodenanalysen sind ab etwa 30 Euro zu haben. Mit dem Ergebnis kann man dann gezielt die Nährstoffe ergänzen, die dem Boden fehlen. Oder auch erkennen, wenn ein Boden überdüngt ist, was gar nicht so selten vorkommt.
Will man sein Gemüsebeet an Stellen anlegen, wo Giersch oder Quecke wachsen, muss man viel Geduld mitbringen. Diese Kriechgewächse sind sehr hartnäckig, kommen immer wieder und verdrängen die Gemüsepflanzen.
Was hilft? Entweder man tauscht die Erde komplett aus oder man legt für mindestens ein Jahr eine schwarze Folie oder Pappe in die Erde, damit der Giersch oder die Quecke von unten nicht mehr durchkommen können.
Beitrag von Ursula Stamm